Archive - Okt 2008
Neues Soziologie-Magazin
Soziologie von Studierenden für Studierende, das bietet ein neues Printmagazin mit dem prosaischen Titel Soziologie Magazin, dessen erste Ausgabe ab sofort bestellbar ist. Außerdem sind die Herausgeber immer auf der Suche nach neuen Autorinnen und Autoren.
Soziologie zum Hören gibt's hier und - humorvoll und sehr gut gemacht - hier.
Krise mit vielen Gesichtern
Der us-amerikanische Historiker John R. McNeill hat im Jahr 2000 ein hoch gelobtes Buch über die Geschichte der Umwelt publiziert (Engl.: Something New under the Sun), dessen deutsche Übersetzung gerade bei Amazon verramscht wird.
Eine der Kernthesen lautet: Die Geschichte der Umwelt ist von der Geschichte des Menschen nicht zu trennen, erst recht im 20. und 21. Jahrhundert. Politische Entscheidungen wie der Bau des Assuan-Staudamms in Ägypten haben die Umwelt nachhaltig verändert, was ökologische und soziale Verwerfungen nach sich zog – und neue politische Entscheidungen. Kurzum: Während früher die Natur für Katastrophen sorgte, machen sich die Menschen heute ihre (Natur-)Katastrophen selbst. Als Lektüre unbedingt zu empfehlen!
Auf Seite 354 findet sich übrigens folgende Passage, lange vor der aktuellen Weltfinanzkrise geschrieben, aber aktueller denn je:
„Amerikanische Volkswirte nahmen gern Kredite in Anspruch, um die Weltwirtschaftskrise zu beenden und die Kriegswirtschaft zu lenken. Zwischen 1935 und 1970 erwarben sie sich ein enormes Ansehen und eine außerordentliche Macht, weil sie – zumindest schien es so – die Nachfrage durch geringfügige Korrekturen der Steuer- und Finanzpolitik manipulieren konnten und auf diese Weise die Arbeitslosigkeit niedrig hielten, Rezessionen vermieden und ein endloses Wirtschaftswachstum garantieren konnten. Sie infiltrieren die Korridore der Macht und die ehrwürdigen Säle der Akademien, traten zu Hause und im Ausland als Experten auf, bildeten Scharen von Bekehrten auf der ganzen Welt aus, verfassten Kolumnen für populäre Zeitschriften – keine Gelegenheit wurde ausgelassen, ihre Frohe Botschaft der Wachstumsideologie zu verkünden. Ihre Priesterschaft tolerierte viele Sekten, solange man sich über die grundlegenden Fragen einig war. Ihre Ideen passten dermaßen gut zu den sozialen und politischen Verhältnissen der Zeit, dass sie in vielen Nationen mühelos den Status der Orthodoxie erlangten. All dies war deswegen so problematisch, weil die Volkswirte so dachten, schrieben und vorschrieben, als sei die Natur als eigener Faktor überhaupt nicht existent.“
Kein Wunder, dass eine Mega-Krise wie der Klimawandel derzeit in den Hintergrund rückt, obwohl ihre Folgen den Kapitalismus-Crash bei weitem übertreffen dürften.
Wer will, ersetze das Wort „Natur“ im letzten Satz des Zitats durch „Bildung“ – auch so eine fast vergessene Krise, die der Neoliberalismus verschärft hat und die jetzt hopplahopp durch „Bildungsgipfel“ und viel PR-Klimbim behoben werden soll.
Wie dumm, dass eine Studie unlängst belegte, was Kritiker längst vermuteten: Studiengebühren an deutschen Hochschulen halten insbesondere junge Frauen aus weniger gut betuchten Familien von der Alma Mater ab.
Unterschriftenaktion gegen neue Semesterzeiten
Regeln setzen bekanntermaßen dann ein, wenn der Verstand aussetzt: Nachdem das hochschulpolitische Vernichtungswerk des letzten Jahrzehnts an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert ist, halten die selbsternannten Reformer umso verbissener daran fest, in der deutschen Hochschule keinen Stein auf dem anderen zu lassen. Auf Beschluss der Hochschulrektorenkonferenz sollen bis 2011 die Semesterzeiten an deutschen Hochschulen vorverlegt werden. Das neue Herbstsemester soll Anfang September statt Mitte Oktober beginnen, das Sommersemester Anfang März statt Mitte April. Als abgeschmacktes Argument führen die Reformbürokraten wieder einmal die Steigerung der internationalen Mobilität ins Felde; die Semesterzeiten müssten dazu unbedingt an diejenigen der Nachbarländer angepasst werden. Genau das wird allerdings die gewünschte Mobilität erneut vermindern (so wie alle anderen bisherigen Reformvorgaben auch, die sie angeblich fördern sollten). Eine Gastdozentur in Frankreich im September? Nicht mehr vorgesehen. Der Besuch des amerikanischen Professors im Juli? Aus und vorbei. Wem dieses Narrenwerk genauso stinkt wie dem Konstanzer Literaturprofessor Albrecht Koschorke, kann auf dessen Aktionsseite dagegen unterzeichnen.
http://www.aktion-semesterzeiten.de/
Nachtrag (30.10): Nebenbei bemerkt sollen durch die Verlegung die Vorlesungszeiten wohl insgesamt verlängert werden. Aus Sicht der derzeitigen Wissenschaftspolitik macht dies durchaus Sinn. Denn für sie, die aus Universitäten Fachschulen, aus Studenten unmündige Schüler und aus Forschern Verwalter macht, hat dies seine berechtigte, da innere Logik. Warum noch eine vorlesungsfreie Zeit, wenn nicht Bildung sondern wirtschaftsoptimierte Ausbildung ihre Marschvorgabe ist? Der letzte Freiraum für eigenen Forschungsdrang und Lektüre abseits der starren und für alle gleichen Seminarliteratur kann so nur als störendes Überbleibsel eines veralteten Bildungsbegriffs betrachtet werden, den es gilt endlich restlos zu beseitigen.
Wie man langweilige wissenschaftliche Texte schreibt
Der Däne Kaj Sand-Jensen ist Biologe an der Universität Kopenhagen und ein humorvoller Mensch. Letzteres kann man von vielen seiner Kolleginnen und Kollegen in den Naturwissenschaften nicht behaupten.
Sie schreiben unpersönliche, unsystematische und sprachlich dürre Texte, in denen jede noch so evidente Einsicht durch fünf Referenzautoren zu Tode gesichert wird oder hilfreiche Illustrationen fehlen, weil sie die gebotene Unverständlichkeit torpedieren könnten.
Wer diese und andere Techniken des Schreibens durch und durch langweiliger wissenschaftlicher Texte nicht beherrscht, aber dringenden Nachholbedarf verspürt, sei auf Kaj Sand-Jensens Manual verwiesen - es führt den Unkundigen in 10 Schritten zur todlangweiligen Publikation. Und damit vermutlich zum Erfolg.
Gesammelte Spitzenforschung
Der Deutsche Studienpreis der Körber-Stiftung prämiert in diesem Herbst unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zum ersten Mal ausschließlich Doktorarbeiten. Die drei Spitzenpreisträger erhalten jeweils 30.000 Euro, der nächste Zyklus läuft bereits an.
Bis 2007 ehrte die Stiftung auch studentische Arbeiten. Neben den zehn Erst- und Zweitplatzierten, deren Beiträge unlängst in einem Sammelband des VS-Verlags erschienen sind, erhielten über 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen 3. Preis. Gemeinsam mit der Studienpreis-Kuratorin und Ex-Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer haben drei von Ihnen nun 12 ausgezeichnete Arbeiten von Drittpreisträgern in einem Buch versammelt: "drahtseilakt leben - junge forscher zwischen wissenschaft und wirklichkeit" heißt er, ist im ibidem-Verlag erschienen und kostet 24,95 Euro.
Mit diesem Buch, das mitnichten - wie der vielleicht etwas unglückliche Titel suggeriert - nur die prekäre Balance von Forscherinnen und Forschern zwischen Arbeit, Freizeit, Beziehung und Karriere thematisiert, liegt die vermutlich letzte Veröffentlichung ihrer Art vor. Sie zeigt in Zeiten, in denen alles nach Elite schielt, dass auch diesseits einer Dissertation beherzte, kluge und visionäre Wissenschaft möglich ist und Förderung verdient.
Als Leser wird man mit so abwechslungsreichen Themen konfrontiert wie einem "Unterrichtskonzept zur Entwicklung moralökonomischer Sensibilität an berufsbildenden Schulen", man erfährt, wie Japaner und Deutsche den Berufseinstieg empfinden und warum Akademikerinnen in unserem Land keine Kinder bekommen und wenn doch, warum die Kleinen dann schon mit fünf Jahren an Burn-Out leiden. Dass es sich bei den Texten nicht um intellektuelle Leichtgewichte handelt, macht beispielsweise Regina Dürig ("Das Leitbild Liebe zwischen Karriere und Sehnsucht") deutlich - ihre erfrischend unzeitgeistige These: Es ist unmöglich, Arbeit und Leben zu vereinen; aber genau so unmöglich, beides voneinder zu trennen. Auch die Kunst, die im neuen Studienpreis keinen Platz mehr hat, ist im Buch gleich zwei Mal vertreten: Vorgestellt wird ein Theaterprojekt, das Arbeitslose spielerisch aus der Resignation befreien will, und eine Schnipseljagd durch die Welt der Ich-AGs.
Neueste Perversitäten der Sicherheitsfanatiker
Der anarchistische Ökonom und Soziologe Pierre-Joseph Proudhon schrieb vor mehr als 150 Jahren:
"Regiert sein, das heißt unter polizeilicher Überwachung stehen, inspiziert, spioniert, dirigiert, mit Gesetzen überschüttet, reglementiert, eingepfercht, belehrt, bepredigt, kontrolliert, eingeschätzt, abgeschätzt, zensiert, kommandiert zu werden."
Proudhon schrieb zur Zeit des repressiven Polizei- und Spitzelstaats, der hierzulande seit den Karlsbader Beschlüssen von Mainz und Frankfurt aus sein Unwesen trieb.
Die neuesten Perversitäten überwachungsstaatlicher Paranoiker konnte sich Proudhon damals allerdings nicht einmal in seinen Albträumen ausmalen. Nach Vorratsdatenspeicherung und biometrischem Pass sollen wir nach Wünschen der EU-Kommission sogar noch im wörtlichen Sinne zu gläsernen Bürgern werden. Sie plant die Einführung des "Nacktscanners" an europäischen Flughäfen, mit dem wir demnächst bis auf die Haut ausgeleuchtet werden sollen.
Es wird sich zeigen, ob sich in diesen verstörenden Zeiten, in denen lange sichergeglaubte ethische und moralische Mindeststandards fast täglich erodieren, unser Grundgesetz bereits völlige Makulatur ist. In seinem ersten Artikel heißt es immerhin noch: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
Nach der Krise ist vor der Krise
Kaum kracht der Finanzsektor zusammen, wird der Kapitalismus beerdigt - oder wenigstens neu frisiert. Kapitalismus reloaded, aber bitte 2.0, also ohne Gierbänker und Consulting-Heißdüsen, dafür mit einer extra Packung Regulierung und ganz viel neuer Bescheidenheit.
Zu den Kollateralgeschädigten des globalen Crashs zählen nicht nur die amerikanischen Häuslekäufer oder deutsche Risikoanleger. Schwer angezählt ist auch der Neoliberalismus, der uns - von Ackermann bis Zetzsche, von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bis zu Bundespräsident Horst Köhler - in den letzten Dekaden weltweit am liebsten auf dauerflexible Prekärexistenzen herunterderegulieren wollte. Beinahe tragisch, wie der als Vordenker und Querkopf gepriesene Ex-Finanzexperte Friedrich Merz (CDU) unlängst sein neuestes Buch vorstellte. Titel: Mehr Kapitalismus wagen. Autsch!
Doch alles kein Grund zur Schadenfreude. Die Maßnahmen und Regelungen, die die Regierungschefs jetzt für den Finanzsektor beschließen, überdecken das Wesentliche: Zum Beispiel dass der Umbau der deutschen Universitäten zu Dienstleistungsanstalten für den gehobenen Bildungsbedarf weiter - irreversibel - vorangetrieben wird. Kaum ein Mensch spricht in der alles beherrschenden Krise des Kapitals mehr vom totalen Scheitern der Bologna-Reform und den Bertelsmännern, die uns das alles mit ihren Effizienz und Exzellenz suggerierenden Rankings und "Qualitätsoffensiven" eingebrockt haben.
Und der Protest, der sich im Zorn gegen die Banken entlädt, er kommt erst gar nicht auf an den Universitäten. Kein Wunder, zum Protestieren bleibt den Studierenden, zwischen Privatkredit und Credit-Points, ja keine Zeit mehr.
Der Kapitalismus ist nicht untergegangen, er lenkt uns nur gerade erfolgreich von seinem eigenen Erfolg ab.
Burkard Hirsch: Irisches Nein ein Glücksfall
Das völlige Versagen der etablierten Medien, den Bürger über Inhalte und Konsequenzen des sogenannten Reformvertrages von Lissabon auch nur annähernd aufzuklären, hat schon jetzt seinen Platz in der Geschichte des konformistischen Einheitsdenken verdient. Auch nach der "Hallo-Wach-Tablette" des irischen Neins (Peter Gauweiler) wird nur wenigen dissidentischen Stimmen in Presse und Rundfunk Raum für eine Meinung jenseits dieser Pensée unique gegeben. Der Altliberale Burkard Hirsch konnte gestern im WDR 5 in einem Interview erklären, warum der Lissabonvertrag tunlichst abzulehnen ist. Die Folgen für die Demokratie in Europa seien verheerend: "Es entsteht ein Staat mit einer Verfassung, wie man sie vielleicht in der Mitte des 19. Jahrhunderts notfalls gerade noch für eine kurze Übergangszeit in Kauf genommen hätte, um zu einer Demokratie zu kommen. Aber dem gegenüber, was wir heute in Deutschland an Demokratie gewöhnt sind, ist es ein eklatanter Rückschritt."
Das Interview ist in gesamter Länge hier nachzuhören.
Antiquiert und krisenfest - der sciencegarden-Finanztipp für Geisteswissenschaftler
Die Börsen krachen, das Wachstum stottert und die Prognosen verdüstern sich: Deutschland gerät in den Strudel der internationalen Finanzkrise. Rette sich, wer kann!
Doch jede Krise hat ihre Gewinner. Die deutschen Sparkassen und Volksbanken - in Hausse-Zeiten als spießig, regional, solide belächelt - können sich vor Neukunden, die um ihre Anlagen bei den risikofreudigen Internetbanken und AGs bangen, kaum retten. Der zuletzt eher niedrige Goldpreis ist wieder auf Wanderschaft - nach ganz oben. Sicher ist sicher.
Zu den Krisengewinnlern gehört auch der Geisteswissenschaftler. Notorisch unterfinanziert, wusste er - Kulturkritik hin oder her - schon immer besser als jeder Börsenmakler, welche Wertanlage auch nach dem ganz großen Crash Bestand hat.
Da wäre zunächst einmal das Buch. Wer beizeiten in eine gut ausgestattete Privatbibliothek investiert hat, kann jetzt an die Saudis verkaufen. Die haben zu viel Geld und einen eklatanten Mangel an alteuropäischen Kulturgütern. Oder ganz entspannt im ergonomischen Designersessel Platz nehmen und lesen, während andere hektisch ihre Zweitporsches verscheuern.
Hohe Preise erzielen heuer und in absehbarer Zeit auch antike Schreibmöbel aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert. Exquisite Restauratoren (wie Martin Hofmann oder Max Biundo aus Berlin) sind rar, die Geldanlage lohnt sich: als motivationssteigerndes Investment in die persönliche Arbeitsumgebung und als langfristige Wertanlage. Zögerlichere Käufer decken sich nächste Woche auf der Frankfurter Buchmesse mit den neuesten Papieren ein oder erhöhen erst mal den Anteil von bibliophilen Erstausgaben im Portfolio, Wertsteigerung garantiert.
So lässt sich seelenruhig in die Zukunft schauen: Vor der Krise ist in der Krise ist nach der Krise - die Aktien krepieren, der Geist triumphiert.
Wissenschaft 2.0
Wo ist noch mal mein Exzerpt zur "Metaphysik der Sitten"? Wie hieß doch gleich der nette Kollege auf der Konferenz in Sydney, mit dem ich meine Notizen verlinken wollte? Dieser Zettel mit der Bibliographie zu..., der war...?
Wer kennt das nicht: Ein haufen guter Ideen, Stichpunkte, Gliederungen und Querverweise - aber keine Ordnung, in die alles reinpasst, was das Wissenschaftlerherz höher schlagen lässt und den Forscherinnenkopf frei macht für das Eigentliche. Einfach, übersichtlich, immer verfügbar.
Das dachten sich auch einige Würzburger Wissenschaftler. Sie erfanden scholarz.net, die weltweit erste integrierte Forscher-Plattform, die man einfach und von überall abrufen kann. Über einen Login stehen den wissenschaftlich Arbeitenden ein virtuelles Arbeitszimmer und die Summe ihrer Daten und Literatur in einem ausgeklügelten Datenmanagement zur Verfügung.
Zudem können die Nutzer ihr Profil mit Lebenslauf, Forschungsschwerpunkten und Publikationsverzeichnis anlegen und mit anderen Wissenschaftlern vernetzt arbeiten. Dias Portal ist für private Nutzer kostenlos.
Medienkurs im Schnelllesen
Wie Diffus und unfassbar die so genannten "Medien- und Kommunikationswissenschaften" noch sind, dies spiegelt ein Bändchen zu "Medien und Kommunikation" in der UTB-Reihe Profile wieder. Frank Hartmann teilt seine 100 Seiten in zwölf Kapitel, und hat somit für die behandelten Großthemen ("Medienmoderne", "Kulturkritik und Medienwandel", "Medien verstehen" usw.) jeweils weniger als zehn Seiten. Dies führt im Extremfall zu Unterkapiteln, die 30 Zeilen lang sind und mit einem 7-zeiligen Merksatz abschließen. Im Serviceteil finden sich zwar wichtige Theoretiker und Themen, aber wenn man auf der jeweiligen Seite nachschaut, stehen dort eben kaum mehr als zwei Sätze. Schon in der Einleitung ist mal von Mediengesellschaft, dann von Medienkultur oder Informationsgesellschaft die Rede -- alles keine ausgewiesenen, sondern völlig diffuse Gesellschaftsdiagnosen (im Gegensatz zu anderen in der Soziologie erarbeiteten.) Nach der Lektüre des Bandes weiß man: So kurz muss es auch trotz BA-Studiengängen nicht sein! Der Band gehorcht unfreiwillig der Logik eines Bonmots von Woody Allen: "Ich habe einen Kurs im Schnelllesen gemacht und bin in der Lage, KRIEG UND FRIEDEN in zwanzig Minuten zu lesen. Es handelt von Russland." Die Einführungen dürfen nicht immer kürzer werden! Wer "etwas über Medien" erfahren will, dem seien nach wie vor die Bücher von Werner Faulstich empfohlen. Seine Mediengeschichte ist kurz und prägnant, aber eben kein Kurs im Schnelllesen.
Nida-Rümelin: Bologna gescheitert!
Zu Beginn waren es vor allem die Studenten, die gegen "Bologna", das größte Umbaupprojekt der europäischen Hochschullandschaft, protestierten. Ihr Protest wurde, wie so oft, nicht gehört.
Jetzt liegt das junge Kind im Brunnen, kaum dass es die Geburtsklinik verlassen hat - und nun kommt die Kritik auch aus anderen Etagen. So erklärt heute Ex-Kulturstaatssekretär und Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Online) den Bologna-Prozess schlicht für gescheitert. Endlich!
Bleibt nur zu hoffen, dass man auf den Trümmern der "Reform" noch einmal neu anfangen kann. Aber bitte nicht mehr à la Bolognese!