Archive - Jul 2008

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Mysteriöser Namensvetter

Bei der letzten Überprüfung der Indizierung von sciencegarden in Google haben wir einen starken Konkurrenten im Kampf um die Top-Platzierungen gefunden:

Messdaten der Wetterstation "Science Garden" auf den Philippinen oder genauer:
geog. Länge: 121.02°
geog. Breite: 14.63°
Höhe (NN): 46 m

Diese Koordinaten verweisen auf einen Ort mitten in der Hauptsstadt Manila. GoogleMaps zeigt eine kleine Hütte im Stadtgebiet – leider nicht in der maximalen Auflösung.

Warum nun die Bezeichnung "Science Garden"? Hat da jemand an uns gedacht? Eher unwahrscheinlich... ;-)

Vielleicht hat jemand unter den Lesern ein genaueres Foto von der Station? Oder kennt jemanden, der jemanden kennt, der schon einmal vor Ort war und das Geheimnis lüften kann? Ganz zufällig????

Bewegt sie sich doch?

Dass die EU vielen ihrer Bürger - oder muss man immer noch sagen: der Bürger ihrer Mitgliedsstaaten suspekt ist - wissen Eurokraten und Medien nicht erst seit den Neins von 2005 (Frankreich und Niederlande) sowie 2008 (Irland). Dass Vorbehalte jedoch durchaus angebracht und keine von den Politikern gern verharmlosend vorgebrachten "Kommunikationsprobleme" sind, darauf deuten beispielsweise die so genannten Beitrittsverhandlungen hin. "So genannt" sind diese aus zwei Gründen: Erstens geht es gar nicht darum, Bedingungen zu verhandeln oder Vorgehensweisen gemeinsam festzulegen; die EU gibt einen Maßnahmenkatalog vor, und der Kandidat hat zu gehorchen. Zweitens aber, und das ist der eigentlich interessante Punkt, werden diese Verhandlungen nie ergebnisoffen geführt. Will heißen: mit wem die Verhandlungen einmal begonnen sind, darf früher oder später auch beitreten.

Damit hebelt sich die EU, deren erklärte Strategie es ist, durch direkte (Subventionen) und indirekte (Abbau von Handelsbarrieren) wirtschaftliche Vorteile einen Anreiz zur Demokratiesierung und Rechtsstaatlichkeit zu liefern, selbst aus. "Wie ein Schüler, dem man sagt, er habe die Prüfung bestanden, bevor er sie abgelegt hat", schreibt die österreichische Zeitung "Der Standard".

Kühle Analytiker hatten bereits bei der ersten Osterweiterung ein unbestimmtes Bauchgrimmen, das sich in der zweiten Runde angesichts Rumäniens und Bulgariens verschlimmerte. Und endlich zieht auch die EU-Kommission Konsequenzen - 500 Millionen Subventionen für Bulgarien bleiben nun im EU-Säckel. Bemerkt der Koloss endlich den Selbstbetrug mit den schön-formulierten Forschrittsberichten? Im Moment gilt jedenfalls: Sie bewegt sich doch.

Bildungsfern

Große Entrüstung ist in der heutigen Ausgabe der FAZ zu finden. Da wird der neue "Rahmenplan Deutsch" des Hamburger Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung als nächster Schritt zum "bildungsfernen Abitur" angeprangert. Die Lehrer sollten demnächst die Bücher für den Deutschunterricht selbst auswählen, da das Ziel nun nicht mehr die Vermittlung eines literarischen Kanons der klassischen Literatur sei, sondern diejenige eines „gesicherten und strukturierten literarischen Basiswissens." Was man sich darunter genau vorstellen kann, bleibt offen. Doch in der Tat zeigt schon allein die beamtensprachliche Zielformulierung, dass vom Bildungsgedanken hier rein gar nichts mehr übrig ist. Allerdings garantiert auch eine erstarrte Auswahl der Klassiker (und darin geht die Kritik der FAZ fehl) Bildung bei weitem nicht. Denn Bildung ist eben nicht das Sammeln von (weder kanonisiertem, noch vom Pauker ausgewähltem) Wissen. Unter Bildung wurde einst vielmehr die Selbst-Bildung als Persönlichkeit durch die "Anregung aller menschlichen Kräfte" (Humboldt) verstanden. Dass etwa Goethes Werke sicherlich zu ganz anderer sprachlicher oder philosopischer Anregung dieser Kräfte vermögen als Konsaliks Groschenromane, wird niemand bestreiten wollen. Doch das sture Durchpauken (das schon längst nicht einmal mehr vor der Universität haltmacht) auch klassischer Inhalte ist zweifelsohne genauso "bildungsfern."

Akademischer Kapitalismus

In einem Radiogespräch mit dem Gründer des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, Hellmut Becker, sagte der Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno vor über 40 Jahren einmal Folgendes:

„Also ich bin völlig der Ansicht, daß der Wettbewerb ein im Grunde einer humanen Erziehung entgegengesetztes Prinzip ist. Ich glaube im übrigen auch, daß ein Unterricht, der sich in humanen Formen abspielt, keineswegs darauf hinausläuft, den Wettbewerbsinstinkt zu kräftigen.“

Und weiter: „Ich kann mich nicht erinnern, daß in meiner eigenen Entwicklung [...] der sogenannte agonale Trieb jene entscheidende Rolle gespielt hat, die ihm zugemutet wird. Das ist im Schulfall eines jener Mythologeme, von denen unser Erziehungssystem nach wie vor voll ist.“

Der Dialog zwischen Becker und Adorno trägt den deftigen Titel "Erziehung zur Entbarbarisierung". Übertragen auf den gegenwärtigen Zustand unserer bolognesierten Elite-Universitäten ist dieses Pathos auch heute noch angebracht. Wir haben die Wahl: zwischen der Barbarei eines ellenbogenbewehrten "akademischen Kapitalismus" (Richard Münch) oder dem Kampf um freie und pluralistische Universitäten, die diesen Namen auch verdienen. "Bologna" ist gescheitert. Machen wir es schleunigst wieder rückgängig!

Zitat des Tages

"...ob es einem solchen Privatdozenten, vollends einem Assistenten, jemals gelingt, in die Stelle eines vollen Ordinarius und gar eines Institutsvorstandes einzurücken, ist eine Angelegenheit, die einfach Hasard ist. Gewiss: nicht nur der Zufall herrscht, aber er herrscht doch in ungewöhnlich hohem Grade. Ich kenne kaum eine Laufbahn auf Erden, wo er eine solche Rolle spielt. Ich darf das um so mehr sagen, als ich persönlich es einigen absoluten Zufälligkeiten zu verdanken habe, dass ich seinerzeit in sehr jungen Jahren in eine ordentliche Professur eines Faches berufen wurde, in welchem damals Altersgenossen unzweifelhaft mehr als ich geleistet hatten. Und ich bilde mir allerdings ein, auf Grund dieser Erfahrung ein geschärftes Auge für das unverdiente Schicksal der vielen zu haben, bei denen der Zufall gerade umgekehrt gespielt hat und noch spielt, und die trotz aller Tüchtigkeit innerhalb dieses Ausleseapparates nicht an die Stelle gelangen, die ihnen gebühren würde." Max Weber, Wissenschaft als Beruf (1922)

Forschungsstipendien für den Umweltschutz

 

In den Auwäldern der Donau, dem „Dschungel Europas“, findet eine einzigartige Tier- und Pflanzenvielfalt ihr letztes Refugium. Doch die naturbelassene Schönheit ist bedroht. Die wenigen zusammenhängende Auwälder werden von der Abholzung bedroht, seltene Tierarten von der Jagd. Pläne zum Ausbau des Flussbettes für die Schifffahrt, die angrenzende Landwirtschaft und die Fischerei machen Europas größter Auwald-Landschaft zusätzlich zu schaffen. Mit einem 440.000 Euro schweren Projekt will die  Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) daher zum Erhalt der Donau-Auwälder in Süd-Ungarn beitragen. Der „Managementplan für den Donau-Drau-Nationalpark“ soll das Bewusstsein der Donau-Anrainer für ihren Lebensraum ändern. Neben diesem und weiteren Projekten fördert die DBU den Umweltschutz in Ungarn auch durch ein Austausch-Stipendienprogramm. Es bietet Hochschulabsolventen die Möglichkeit, sechs bis zwölf Monate an deutschen Universitäten, Forschungsinstituten oder Unternehmen zu einem Umweltschutz-Thema zu arbeiten und zu forschen.

Sommer, Sonne, Stau

Der Sommerurlaub steht vor der Tür und die Karawane macht sich wieder auf den Weg - in diesem Jahr mit erheblichen Mehrkosten für Auto- und Flugbenzin. Endlich!

Da die Mehrheit der Deutschen offensichtlich nur dann zu ökologisch verantwortungsbewusstem Verzicht zu bewegen ist, wenn man ihnen den Geldbeutel fleddert, kann der Ölpreis gar nicht hoch genug sein.

Für alle, die bewusst zu Hause bleiben, sei der rumänischstämmige Aphoristiker und Misanthrop E. M. Cioran als Baggerseelektüre ans Herz gelegt. Zum Beispiel dessen "Aufzeichnungen aus Talamanca", unlängst erschienen im neu gegründeten weissbooks-Verlag des Ex-Suhkamp-Lektors Rainer Weiss.

Neben schwärzesten Selbstbezichtigungen bietet Cioran, der 1995 in Paris verstarb, geschliffene Miniaturen über die spanischen Insulaner, den Zusammenhang von Klima und Psyche und über die Verderbtheit der westlichen Zivilisation. Womit wir wieder beim Thema wären - Kostprobe?:

"Das Auto, das Flugzeug, der Transistor, auf das Erscheinen dieser Trinität können wir das Verschwinden der letzten Spuren des Paradieses datieren. jeder Mensch, der einen Motor auch nur berührt, beweist, daß er ein Verdammter ist."

In diesem Sinn: schönen Urlaub!

Zitat des Tages

"Die Wissenschaft ist eine Kuh
Sie macht: muh
Ich sitze im Hörsaal und höre zu!"

Walter Benjamin (1892-1940)
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