Archive - Mär 2009
Der Beinahe-GAU von Harrisburg
Niels Boeing erinnert in der heutigen WOZ an den Beinahe-GAU eines Atomkraftwerks nahe des US-amerikanischen Harrisburg vor 30 Jahren. Nur viel Glück, nicht technische Zuverlässigkeit habe einen ähnlich schlimmen Unfall wie den von 1986 in Tschernobyl verhindert. Wer heute die Renaissance der Atomkraft predigt, dem sollte vor allem Folgendes zu denken geben: "Die Reaktoren der dritten Generation, die derzeit in Finnland und Frankreich gebaut werden, sind zwar so konstruiert, dass mehr Ersatzsysteme einspringen können, wenn wie in Harrisburg Teile der Anlage ausfallen. Aber selbst der Erbauer dieser neuen AKW, der Energiekonzern EDF, musste in einem Schreiben an die französische Reaktorsicherheitskommission einräumen, dass die Sicherheitskonzepte «nicht alle Eventualitäten einschliessen können»."
Über die Lehrsitutation an deutschen Unis
Im Online-Magazin TELEPOLIS geht heute Thomas Stegemann der Frage nach, wie es mit der Lehrsituation an den deutschen Universitäten nach dem Bologna-Prozess bestellt ist. Er stellt dabei fest, dass die Lehrdeputate zwar endlich erhöht würden, dies aber neue Risiken berge. Die Einheit von Forschung und Lehre könnte dabei schließlich ganz auf der Strecke bleiben.
Bologna in der Diskussion
Am 26.01. des Jahres diskutierte der profilierte Bologna-Kritiker Prof. Wolfgang Eßbach aus Freiburg mit Prof. Klaus Landfried, ehemaliger Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, und der Studentin Imke Buß unter Anleitung von Anja Braun im SWR2-Forum über die Bologna-Reform.
Das differenzierte Gespräch resümiert den Stand der Dinge und erfreut den Skeptiker mit Neologismen wie "Bulimie-learning". Nachhören kann man es hier.
Eckert-Preis für Bildungsmedienforschung
Das Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung verleiht 2010 erstmals und künftig alle zwei Jahre den von der Verlagsgruppe Westermann in Braunschweig gestifteten Preis für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der internationalen Bildungsmedienforschung. Er ist mit 2500 Euro dotiert und umfasst außerdem die Übernahme der Druckkosten durch den Stifter.
Ausgezeichnet werden herausragende Monografien, Dissertationen oder Habilitationen. Gemeinschaftswerke werden berücksichtigt, wenn sich alle Autoren bewerben. Es werden sowohl Eigenbewerbungen als auch Nominierungen akzeptiert.
Eingereicht werden können bisher unveröffentlichte Arbeiten in deutscher oder englischer Sprache, die zum Zeitpunkt der Einreichung nicht älter als zwei Jahre sind.
Eine Jury aus namhaften Wissenschaftlern und einem Vertreter der Verlagsgruppe Westermann befindet unter Ausschluss des Rechtsweges über die Zuerkennung des Preises. Die Verleihung findet im Frühjahr 2010 statt.
Die ausgezeichnete Arbeit wird in der Reihe "Eckert. Die Schriftenreihe. Studien des Georg-Eckert-Instituts zur internationalen Bildungsmedienfor-schung" (Verlag V&R unipress, Göttingen) veröffentlicht.
Weitere Informationen:
http://www.gei.de
Die Herren Wirtschaftsführer
Stets hat die Menschheit ihre Helden gehabt: Priester oder Ritter, Gelehrte oder Staatsmänner. Bis zum 14. Juli 1931 waren es für Deutschland die Wirtschaftsführer, also Kaufleute.
Die Kaufleute sind Exponenten des Erwerbsinnes; sie haben immer ihre Rolle gespielt, doch wohl noch nie so eine große wie heute. Weil das, was sie in Händen halten, das wichtigste geworden ist, werden sie in einer Weise überschätzt, die lächerlich wäre, wenn sie nicht so tragische Folgen hätte. Die deutsche Welt erschauert, sie braucht Götzen, und was für welche hat sie sich da ausgesucht –!
Man sollte meinen, dass der gesunde Menschenverstand wenigstens eines sehen könnte: den Mißerfolg. Aber damit ist es nichts. Niemand von denen, die diese Wirtschaftsführer bewundern, behielte auch nur einen Tag lang einen Chauffeur, der ihm die Karre mit Frau und Kind umgeworfen hätte, auch dann nicht, wenn dem Chauffeur die Schuld nicht nachzuweisen wäre. Er kündigt, denn solchen Chauffeur will er nicht. Aber solche Wirtschaftsführer, die will er.
Der unbeirrbare Stumpfsinn, mit dem diese Kapitalisten ihre törichte Geldpolitik fortsetzen, immer weiter, immer weiter, bis zur Ausblutung ihrer Werke und ihrer Kunden, ist bewundernswert. Alles, was sie seit etwa zwanzig Jahren treiben, ist von zwei fixen und absurden Ideen beherrscht: Druck auf die Arbeiter und Export.
Für diese Sorte sind Arbeiter und Angestellte, die sie heute mit einem euphemistischen und kostenlosen Schmeichelwort gern ›Mitarbeiter‹ zu titulieren pflegen, die natürlichen Feinde. Auf sie mit Gebrüll! Drücken, drücken: die Löhne, die Sozialversicherung, das Selbstbewußtsein – drücken, drücken! Und dabei merken diese Dummköpfe nicht, was sie da zerstören. Sie zerstören sich den gesamten innern Absatzmarkt.
Sie scheinen ihn nicht zu wollen – dafür haben sie dann den Export. Was dieses Wort in den Köpfen der Kaufleute angerichtet hat, ist gar nicht zu sagen. Ihre fixe Idee hindert sie nicht, ihre Waren auch im Inland weiterhin anzupreisen; ihre Inserate wirken wie Hohn. Wer soll sich denn das noch kaufen, was sie da herstellen? Ihre Angestellten, denen sie zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel geben, wenn sie sie nicht überhaupt auf die Straße setzen? Die kommen als Abnehmer kaum noch in Frage. Aber jene protzen noch: dass sie deutsche Werke seien, und dass sie deutsche Kaufleute und deutsche Ingenieure beschäftigten – und wozu das? »Um den Weltmarkt zu erobern!«
So schlau wie die deutschen Kaufleute sind ihre Kollegen jenseits der Grenzen noch alle Tage. Es setzt also überall jener blödsinnige Kampf ein, der darin besteht, einen Gegner niederzuknüppeln, der bei vernünftigem Wirtschaftssystem ein Bundesgenosse sein könnte. Die Engländer preisen rein englische Waren an, die Amerikaner rein amerikanische, und das Wirtschaftsinteresse tritt als Patriotismus verkleidet auf. Eine schäbige Verkleidung, ein jämmerlicher Maskenball.
Schuld –? Vielleicht gehört eine große geistige Überlegenheit dazu, aus diesem traurigen Trott des Geschäftes herauszukommen und auch einmal ein bißchen weiterzublicken als grade bis zum nächsten Ultimo. Aber das können sie nicht. Sie machen weiter, wie sie es bisher getrieben haben. Also so:
Niederknüpplung des Inlandskunden; Spekulation auf einen Export, der heute nicht mehr so durchzuführen ist wie sich die Herren das träumen; Überlastung der gesamten Industrie durch ein gradezu formidables Schreibwerk, das hinter dem Leerlauf der Staatsbürokratie um nichts zurücksteht. Was da an Pressechefs, Syndicis, Abteilungsleitern, Bürofritzen herumsitzt und Papierbogen vollschreibt, ohne auch nur das leiseste zu produzieren, das belastet uns alle. Aufgeblasen der Verwaltungsapparat – man sehe sich etwa das Verwaltungsgebäude der IG-Farben in Frankfurt am Main an: das Ding sieht aus wie eine Zwingburg des Kapitalismus, weit ins Land dräuend. Früher haben die Ritter die Pfeffersäcke ausgeplündert; heute hat sich das gewandelt.
Wie immer in ungesunden Zeiten ist der Kredit in einer gradezu sinnlosen Weise überspannt. Das Wort ›Wucher‹ ist ganz unmodern geworden, weil der Begriff niemand mehr schreckt, er erscheint normal.
Nun haben aber Kartelle und kurzfristige Bankkredite die Unternehmungslust und die sogenannte ›freie Wirtschaft‹ völlig getötet – es gibt sie gar nicht mehr. Fast jeder Unternehmer und besonders der kleinere ist nichts als der Verwalter von Bankschulden; gehts gut, dann trägt er den Ungeheuern Zins ab, und gehts schief, dann legen die Banken ihre schwere Hand auf ihn, und es ist wie in Monte Carlo: die Bank verliert nicht. Und wenn sie wirklich einmal verliert, springt der Steuerzahler ein: also in der Hauptsache wieder Arbeiter und Angestellte.
›Das Werk‹, dieser Götze, hat sich selbständig gemacht, und stöhnend verrichten die Sklaven ihr Werk, nicht mehr Sklaven eines Herrn, sondern Sklaven ihrer selbst Auch der Unternehmer ist längst zu einem Angestellten geworden, nur kalkuliert er für sich ein derartiges Gehalt heraus, dass er wenig riskiert. Die fortgeschrittenen Kommunisten tun recht daran, den Unternehmer nicht mehr damit zu bekämpfen, dass sie ihm Sekt und Austern vorwerfen, dergleichen verliert von einer gewissen Vermögensgrenze ab seine Bedeutung. Aber dass diese Kerle die Verteilung von Ware und Verdienst ungesund aufbauen, dass sie ihre Bilanzen vernebeln und den Angehörigen der wirtschaftlich herrschenden Klassen so viel Geld zuschieben, dass den andern nicht mehr viel bleibt: das und nur das ist Landesverrat.
Ohnmächtig sieht der Staat dem zu. Was kann er machen? Nun, er kann zum Beispiel eine Verordnung erlassen, wonach das zu verkaufende Brot sein Gewicht auf der Kruste eingeprägt erhalten muß, und das ist ein großer Fortschritt. Seine Gesetze berühren die Wirtschaft gar nicht, weil sie ihm ebenbürtig an Macht, weil sie ihm überlegen ist. Sie pariert jeden Schlag mit den gleichen Mitteln: mit denen einer ausgekochten Formaljurisprudenz, mit einer dem Staat überlegenen Bürokratie, mit Geduld. Schiebt ihm aber alle Lasten zu, ohne ihm etwa das Erbrecht zu konzedieren. Er hat zu sorgen. Wovon? Das ist seine Sache.
Also unsre Sache. Für wen wird gelitten? Für wen gehungert? Für wen auf Bänken gepennt, während die Banken verdienen?
Für diese da. Es ist nicht so, dass sie sich mästen, das ist ein Wort für Volksversammlungen. Sie mästen den Götzen, sie sind selber nicht sehr glücklich dabei, sie führen ein Leben voller Angst, es ist ein Kapitalismus des schlechten Gewissens. Sie schwindeln sich vom Heute in das Morgen hinein, über viele Kinderleichen, über ausgemergelte Arbeitslose – aber das Werk, das Werk ist gerettet.
Selbst die ›Frankfurter Zeitung‹, die sich in einer gradezu rührenden Weise bemüht, diesen störrischen Eseln des Kapitalismus gut zuzureden, wobei jene wild hinten ausschlagen, gibt zu, dass »nach den Erhebungen, die das Institut für Konjunkturforschung und eine deutsche Großbank unabhängig voneinander durchgeführt haben, noch entbehrliche Läger im Werte von mehreren Milliarden vorhanden sind« – man male sich das angesichts dieser Not aus! Aber die Lager bleiben. Und das Werk ist gerettet.
Wo steht geschrieben, dass es gerettet werden muß? Warum ist die Menschheit nicht stärker als dieser Popanz? Weil sie den Respekt in den Knochen hat. Weil sie gläubig ist. Weil man sie es so gelehrt hat. Und nun glaubt sie.
Noch ist die andre Seite stärker als man glaubt. Zu warnen sind alle jene, die die Arbeiter sinnlos in die Maschinengewehre und in die weitgeöffneten Arme der Richter hineintreiben. Drei Jahre Zuchthaus – zwei Jahre Gefängnis – vier Jahre Zuchthaus ... das prasselt nur so. Noch sind jene stärker. Die Arbeiterparteien sollten ihre Kräfte nicht in einem zunächst aussichtslosen Kleinkrieg verpulvern, solche Opfer haben einen ideologischen Wert, ihr praktischer ist noch recht klein. Drüben ist viel Macht.
Also muß gekämpft werden. Aber so wenig ein geschulter Proletarier individuelle Attentate auf Bankdirektoren gutheißen kann, so wenig sind Verzweiflungsausbrüche kleinerer oder größerer Gruppen allein geeignet, ein System zu stürzen, das jede, aber auch jede Berechtigung verloren hat, Rußland zu kritisieren. Wer so versagt, hat zu schweigen.
Doch schweigen sie nicht. Sie haben die Dreistigkeit, unter diesen Verhältnissen noch ›Vertrauen‹ zu fordern, dieselben Männer, die das Unglück verschuldet haben. Und keiner tritt ab, nur die Gruppierung ändert sich ein wenig. Das verdient die schärfste Bekämpfung.
Kampf, ja. Doch unterschätze man den Gegner nicht, sondern man werte ihn als das, was er, immer noch, ist: ein übernotierter Wert, der die Hausse erstrebt und die Baisse in sich fühlt. Sein Niedergang wird kommen. Das kann, wie die gescheiten und weitblickenden unter den Kaufleuten wissen, auch anders vor sich gehen als auf dem Wege einer Revolution. Bleiben die Wirtschaftsführer bei dieser ihrer Wirtschaft, dann ist ihnen die verdiente Revolution sicher.
Ignaz Wrobel, Die Weltbühne, 18.08.1931, Nr. 33, S. 254.
Warmwasserprozession
In der Fastenzeit verzichten viele (anonyme) Christen auf harte Drogen, Getränke mit zu hohem Alkoholgehalt, auf rohes Fleisch oder die Zigarette danach. Der Künstler Nicolas Kerksieck nimmt die Sache hingegen ernster und geschult an Joseph Beuys: er tut wirklich etwas. Zehn Tage lang wird er 800 Liter Bodenseewasser zu Fuß auf den Dorfberg tragen, erhitzen, reinigen und wieder zum See zurück schleppen. Bergwanderer wissen, dass der Abstieg den Schmerz bringt. Schon nach kurzer Zeit wird Kerksieck im Schweiße seines Angesichts zu existieren beginnen. Im buddhistischen Kulturkreis würde man die Aktion eine Gehmeditation nennen. Das Wasser wird bei der Aktion verwandelt, es wird zur religiösen Reliquie. Die Kunstszene wird sich ärgern können, das sakralisierte Nass wird zwar im Wert steigen, aber nicht im Geldwert. Die Kunst von Nicolas Kerksieck passt generell nicht über das Luxussofa. Wie die Aktion den Künstler verwandeln wird, das wird sciencegarden ihn nachher fragen.
Eröffnung der Warmwasserprozession: Sonntag, 22. März 2009, 11:30 Uhr. Nähere Infos unter: www.warmwasserprozession.de oder über die Galerie Vayhinger.
Lexikongigant (fast) für lau
Das Historische Wörterbuch der Philosophie ist ein gedruckter Superlativ. Die 12 Textbände im Lexikonformat gelten – mit rund 3.800 Artikeln und 1.500 Autorinnen und Autoren – als eines der größten geisteswissenschaftlichen Editionsprojekte weltweit und bilden zusammen laut Verlagswerbung „das umfangreichste und bedeutendste philosophische Begriffslexikon aller Zeiten“. Und das ist wahrlich kein PR-Gehuber. Fast jeder, der in Deutschland eine Geisteswissenschaft studiert, hat „es“ im ersten Semester kennen gelernt, seitdem ehrfürchtig bestaunt und immer wieder mit Genuss und Gewinn in die Hand genommen und die eng bedruckten, gehaltvollen Texte beackert. Allein die Anschaffungskosten von um die 2000 Euro (Neupreis) verhinderten bisher, dass man sich die alterslose Lexikon-Diva wie andere, aber weitaus günstigere, Nachschlagewerke selbst ins Regal stellte.
Zu ihrem 60jährigen Bestehen offeriert die Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) aus Darmstadt das Standardwerk des Schwabe-Verlags, das sie in Lizenz vertreibt, nun für kurze Zeit zu einem sensationellen Preis. Der dürfte – Liebhabergefühle vorausgesetzt – womöglich auch notorisch klamme Studierende und Doktoranden zum Nachdenken anregen.
Im „HWPh“, so das liebevolle Kürzel des Geistes-Giganten, werden alle wichtigen Begriffe der Philosophie behandelt, Namen von Schulen und Richtungen ebenso wie die philosophischen Termini der Gegenwart und der Philosophiegeschichte, aber auch philosophisch relevante Begriffe angrenzender Fachgebiete wie Theologie, Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Politik, Jurisprudenz und sogar der Naturwissenschaften. Unter den Einträgen kommt die Manie ebenso zu Wort wie Liebe und Logik. Auch Altphilologen, Historiker und Germanisten haben an diesem Werk gewiß Freude. Die begriffsgeschichtliche Darstellung zeigt die Herkunft und Genese der Begriffe auf und beschreibt den Wandel ihrer Bedeutung und Funktion im Laufe der Jahrhunderte. Und weil das Editionsprojekt bereits 1971 begann, aber mit einem Vierteljahrhundert Verspätung erst 2005 abgeschlossen werden konnte, dokumentiert es darüber hinaus auch eine Begriffs-Geschichte in sich selbst. Dennoch sind alle Artikel einheitlich aufgebaut, dafür aber unterschiedlich lang und – wie sollte es bei einem derart massiven Editionsprojekt anders sein – unterschiedlich gut lesbar. Neben zahlreichen Literaturbelegen wird jeder Artikel durch Literaturhinweise abgerundet. Der Registerband bietet über 30.000 Verweise einschlägiger philosophischer Termini auf die Artikel des Gesamtwerks und zu jedem Artikel sind ergänzende Nachbarartikel angegeben. Die beigefügte CD-ROM beinhaltet den Text aller 13 Bände, inklusive Volltextsuche und erweiterte Suchfunktionen.
12 Textbände und ein Registerband (nur geschlossen beziehbar), zusammen über 9182 Seiten mit etwa 3800 Stichwörtern, Fadenheftung, Ganzleinen, CD-ROM kosten vorübergehend nur noch € 798,-. Einzige Voraussetzung: die – allerdings günstige – Mitgliedschaft bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft.
Internationale Tagung zur Doktorandenausbildung
Die dritte Tagung des internationalen "F&F-Netzwerkes", eines internationalen Netzwerks zur Erforschung der Doktorandenausbildung, findet vom 23. bis 27. März in Kassel statt. Die Netzwerkkonferenz wird vom INCHER-Kassel - verantwortlich Prof. Dr. Barbara M. Kehm - in Zusammenarbeit mit dem Center for Innovation and Research in Graduate Education/CIRGE der University of Washington/Seattle organisiert.
58 Expertinnen und Experten aus 21 Ländern befassen sich mit dem Thema "The Policy Potential of Innovation and Internationalisation in PhD Education". Themenschwerpunkte sind:
(a) Internationalisation and Inequality in Doctoral Education: The Policy Response;
(b) Diversity of Students, Perspectives and Modes of Inquiry in Doctoral Education: Current/National Policies as They Relate to Diversity;
(c) Promoting Intellectual Risk-Taking.
Weitere Informationen:
http://www.uni-kassel.de/incher
Promotionsqualen
"Zum erstenmal begegnete mir hier etwas, was ich bei jeder späteren Arbeit
wieder erfahren habe: Bücher nützen mir nichts, solange ich mir die
fragliche Sache nicht in eigener Arbeit zur Klarheit gebracht hatte. Dieses
Ringen um Klarheit vollzog sich nun in mir unter großen Qualen und ließ mir
Tag und Nacht keine Ruhe. Damals habe ich das Schlafen verlernt, und es hat
viele Jahre gedauert, bis mir wieder ruhige Nächte geschenkt wurden. Nach
und nach arbeitete ich mich in eine richtige Verzweiflung hinein. Es war zum
erstenmal in meinem Leben, dass ich vor etwas stand, was ich nicht mit
meinem Willen erzwingen konnte. […] Oft hatte ich mich damit gerühmt, dass
mein Schädel härter sei als dickste Mauern, und nun rannte ich mir die Stirn
wund, und die unerbittliche Wand wollte nicht nachgeben. Ich sagte mir oft
selbst, dass es ganz unsinnig sei. […] Aber Vernunftgründe halfen nichts.
Ich konnte nicht mehr über die Straße gehen, ohne zu wünschen, dass ein
Wagen über mich hinwegführe."
Edith Stein (1891- 1942)
Aus dem Leben einer jüdischen Familie, Edith Stein Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 226f. (Danke an Marcus Knaup aus Freiburg für den Hinweis auf das Zitat.)
Corpus Delicti
Juli Zehs neuer Roman "Corpus Delicti" ist soeben erschienen, aber einen Geschmack über den Text hinaus kann man am 13. März in Leipzig im Werk II bekommen. Die Autorin wird nicht als bloße Vorleserin antreten, sondern legt sich ins Zeug. Zusammen mit den Musikern von "Slut" sind Grenzgänge zwischen Hörspiel, Lesung und Theater zu erwarten. Neue Literatur trifft auf Musik, einmal jenseits der Oper.
Veranstaltungsinfos:
http://werk-2.de/program.php?program_id=274&date=2009-03-13
Infos zur Autorin: www.juli-zeh.de/
Früher
"Die Universitäten ermöglichen es jungen Menschen, eine Reihe von Jahren außerhalb aller gesellschaftlichen Gruppen und Verpflichtungen zu stehen, wirklich frei zu sein."
Hannah Arendt (1906-1975)
Die bürgerliche Welt
"Kurz, die bürgerliche Welt stirbt und lebt; indem sie stirbt. Es ist ihre spezifische Form der Selbstbehauptung, aus Untergängen Überlebenskräfte zu gewinnen und sich am eigenen Grabe Gesundheit zu besorgen. Wenn Thomas Mann von sich behauptet, er habe in seinem ganzen Leben immer nur die eine Geschichte des Verfalls erzählt, so wäre er, indem er sie mit jenem "bösen Blick" erzählte, den man ihm attestiert hat, gerade nicht die große Abschlussfigur der bürgerlichen Epoche, sondern einer der Repräsentanten, deren kritischer Begleitung sie ihre Dauer verdankt. (...)"
"Die verbreitete Neigung, eine bürgerliche Lebenspraxis mit einer antibürgerlichen Rhetorik zu verbinden, die private Existenz an Maßstäben zu orientieren, die man gleichzeitig im Öffentlichen diffamiert, zeigt eine tiefe Unsicherheit an: das verlorene Vermögen, zu sich selbst zu stehen, Gegnerschaften zu ertragen und Kritik nicht nur auszuhalten, sondern sich und was man ist daran zu messen."
Joachim Fest: Bürgerlichkeit als Lebensform. Rowohlt, Reinbek: 2007
