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Killer Kant

Immanuel Kant gilt lektüretechnisch als harter Knochen. Ein ordentlicher Brocken ist auch der jüngste Wissenschaftskrimi des Berliner Schriftstellers Jens Johler, der den Titel Kritik der mörderischen Vernunft trägt. Ein scheinbar emotionsloser Killer mit dem Decknamen des großen Aufklärers hat es darin auf Hirnforscher abgesehen, die den freien Willen leugnen. Der Thriller, der in Berlin und London spielt, ist sauber recherchiert und liest sich runter wie die Abschrift eines gut gemachten TV-Krimis mit Henry Hübchen und Maria Furtwängler in der Hauptrolle. Keine Spitzenprosa, aber wirklich gute Unterhaltung. Nur das gelegentliche Product Placement nervt, gehört aber offenbar zum fernsehkompatiblen „Sound“ des Buches.

Selbst wer die Debatte um den freien Willen und die Hirnforschung nicht oder nur kaum verfolgt hat, kommt auf seine Kosten bei diesem 500 Seiten-Schmöker, der die einschlägigen philosophischen Probleme auf spannende Weise mit dem Fortgang der Story verwebt. Im Zentrum steht dabei die Frage: Was darf eigentlich die Wissenschaft? Killer „Kant“ meint: Wir müssen ihren „Terror“ stoppen, weil sie im Verbund mit Pentagon und Wirtschaftslobbyisten (Achtung: Verschwörung!) danach trachtet, den Menschen in einen gefügigen, leicht kontrollierbaren und manipulierbaren Roboter zu verwandeln. Der latent melancholische Wissenschaftsjournalist Troller und seine smarte Freundin Jane heften sich unter Lebensgefahr und mit einschneidenden Folgen für ihre Beziehung an „Kants“ Fersen, der erstaunlich gut ins Raster jener Hirnforscher passt, die mit dem freien Willen auch die Schuldfähigkeit des Menschen radikal in Abrede stellen. Der veritable Showdown des Buches legt einen anderen Schluss nahe.

Jens Johler (2009): Kritik der mörderischen Vernunft. Berlin: Ullstein, 544 Seiten, 9,95 Euro.

Wissenschaft, Macht, Politik

Die Frage nach einer verantwortlichen Praxis wissenschaftlicher Politikberatung in Deutschland ist von zentraler Bedeutung für das Verhältnis von Wissenschaft und Politik. Nicht erst seit der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise steht dieses Verhältnis auf dem Prüfstand, aber gerade jetzt in besonderem Maß: Warum hat niemand das Ausmaß der aktuellen Krise vorhergesagt? Warum hat niemand eine Lösung parat? Zu viele Gremien, zu teuer, zu fehlerhaft, zu alltagsfern und ungenau, so lauten die Vorwürfe gegen die wissenschaftliche Politikberatung. Sind sie gerechtfertigt? Was muss konkret getan werden, damit Beratung das politische Handeln unterstützt? Wie groß ist die Gefahr gegenseitiger Einflussnahme? Können wir der Wissenschaft trauen?
Diesen Fragen widmen sich Experten beim 33. ZEIT FORUM WISSENSCHAFT in Berlin.

Eine Zusammenfassung der Diskussion sendet der Deutschlandfunk in der Sendung "Das Kulturgespräch" am 8. Mai 2009 ab 19.15 Uhr (Frequenzen unter www.dradio.de)

Hinweise zur Teilnahme: http://www.zeit.de/veranstaltungen

Gesundheit

In "Corpus Delicti", dem neuen Roman von Juli Zeh, dürfen wir einem eigenartigen Strafprozess folgen: die Protagonistin muss sich nämlich verantworten für die vorsätzliche "Verweigerung obligatorischer Untersuchungen zu Lasten des allgemeinen Wohls". Der Schauprozess findet in einer Diktatur statt, die Gesundheit zur ersten Bürgerpflicht erklärt. Sie ist nicht Privatsache, sondern juristisch und ideologisch verankert. Nicht zu den Pflichtuntersuchungen zu gehen, Giftstoffe im Urin zu haben (die Abwässer werden gescannt) oder einen Rückstand auf dem Heimtrainer rufen die Ordnungshüter auf den Plan. Die Freiheit von Körper und Seele, Krank zu werden, löscht dieser Staat aus. Die Folgen sind für die Unangepassten, nun ja, eher gesundheitsschädlich. Der wohl jedem Leser bekannte internalisierte Zwang zur Fitness mag für das Gewissen quälend sein, aber die Folgen sind eben doch drastischer, wenn das Über-Ich juristische Gesetzeskraft erlangt und sich als Vernunft ausgibt. Das man ahnt, wie die Sache ausgeht, ist der Lesefreude nicht abträglich. Der Plot trägt eher die Ereignisse, über die man erst nachzudenken beginnt und vor denen man am Ende zittert. Wie in bisher allen Romanen grenzt Juli Zeh sich mit dieser Dystopie deutlich ab von der belanglosen Popliteratur. Unbelesenen Käufern müssen ihre Romane seltsam erscheinen. So auch dieser, in dem wir sowohl einen "bad journalist" wie bei Heinrich Böll finden und in dem die Figuren mehr von der Autorin verschoben werden, ein Zugriff von außen, den man von Günter Grass kennt. Wer hier überhaupt erzählt, das erfahren wir nicht, aber die Sprache ist -- passend zur Diktatur -- geradezu desinfiziert. Der "Roman" lässt sich kaum festlegen: ist es eine Hexenjagd oder ein Polit-Thriller, eine Horrorstory oder eine Geschwisterromanze, bei der man an Antigone oder an Nabokovs "Ada" denkt? Egal, wie man sich entscheidet, der Verlauf der Handlung ist unerbittlich. Man ahnt, es geht schlecht aus und lernt: es geht noch schlimmer! Aber am Ende kommt man in die Verlegenheit sich darüber zu freuen, dass man sich noch einen Schnupfen einfangen darf ohne von den Nachbarn denunziert zu werden. Und ungefährliche Krankheiten schenken einem Lesezeit ... 

 

Zitat des Tages

"Es sind nicht die großen Aufgaben und nicht die wirklichen Probleme, die unter Stress setzen. Gestresst ist, wer nicht wahrhaben will, dass er vor einem Problem steht. Und der Stress selbst ist das unbelehrbare Bestreben, eine Aufgabe zu lösen, von der man weiß, wissen könnte, dass man sie so und jetzt nicht lösen wird. Man lässt nicht locker. Und je gestresster man ist, desto weniger ist man imstande, nachzulassen. Ein Teufelskreis, aus dem es nur zwei Ausstiegspunkte zu geben scheint: beim ersten Anzeichen von Stress oder beim Zusammenbruch. Der Stress ernährt sich von dem Versuch, ihn zu leugnen. (...)"

Dirk Baecker: Postheroisches Management. Ein Vademecum. Merve, Berlin 1994, S.22

Der Mond

Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum zeigt, wie der Mensch sich den Mond vorstellt und vorstellte -- und welche künstlerischen und optischen Wege er dabei die letzten 500 Jahre beschritt. Etwa 150 Exponate zeigen Technisches und Kunstgeschichtliches, vom ersten Blick durch ein Teleskop bis zur Erfindung der Fotografie und der Mondlandung. 

Explored, not stirred

Kein Aprilscherz, Ehrenwort: James Bond kommt an die Uni! Und zwar vom 5. bis zum 7. Juni. Dann findet an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken eine internationale Konferenz über Leben, Lieben und Sterben lassen des berühmtesten Geheimagenten der Welt statt, ausgerichtet vom dortigen Institut für Anglistik und Amerikanistik.

Auf der Tagung werden - das Darwin-Jahr lässt grüßen - so pikante Themen verhandelt wie "The evolution of James Bond" oder "James Bond's emotions". Neben seriösen Forschungsfragen, etwa nach Bonds "national identity", scheuen sich die Veranstalter anscheinend nicht, den smarten Top-Agenten auch mit unangenehmen Überlegungen zu konfrontieren: "Is James Bond a serial killer?" Das vollständige Tagungsprogramm mit Links zur Anmeldung gibt es hier.

April fools

Passend zum 1. April: die 100 besten
Aprilscherze der letzten Jahrzehnte. Die Nummer 1 von 1957 ist die Swiss Spagehtti Harvest mit youtube-Video!

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