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"Man muss kein Überflieger sein!"
sg: Wie kam es dazu, dass Du Dich so sehr für Chemie interessierst? Tobias Zimmermann: Schon mit etwa 5 Jahren begann ich mich für chemische Vorgänge zu interessieren. Damals war ich bestrebt, Düngemittel für den heimischen Garten oder Insektizide herzustellen. Diese Mischungen beruhten insgesamt fast alle auf Brennesselsud-ähnlichen Gemischen, die nur deshalb so "erfolgreich" waren, weil ich große Mengen an Löwenzahnsamen hinzumischte! sg: Zum ersten Chemiebaukasten war es dann nur ein kleiner Schritt. Tobias: Richtig. Zu Beginn der ersten Klasse, d.h. mit sieben Jahren, kaufte ich mir von meinem Taschengeld den ersten Chemiekasten und richtete in meinem Zimmer ein kleines "Labor" ein. Ich bearbeitete dann in Eigenregie fast 10 verschiedene Chemiekästen (z.B. von Kosmos), führte alle Versuche vom ersten bis zum letzten Versuch durch und protokollierte die Ergebnisse. sg: Wie bist Du dann auf die Idee gekommen, bei "Jugend forscht" mitzumachen? Tobias: Im Alter von 14 Jahren hörte ich zum ersten Mal davon und nahm dann mit Unterstützung eines Chemielehrers teil. Ich selbst hatte damals ja noch keinen Chemieunterricht. Aber ich hatte Lust, mich mit einer wissenschaftlichen Fragestellung zu beschäftigen, die über das bloße Nachspielen von bereits bekannten Versuchen wie bei den Chemiekästen hinausging. Außerdem war ich fasziniert von den Dingen, die ich über Jugend forscht bereits gehört hatte. sg: Das war dann das erste, aber nicht das letzte Mal. Mit was für Versuchen hast Du Dich beworben? Tobias: Ich habe immer wieder versucht, mein letztes Projekt noch zu verbessern, bzw. neu aufgetretene Probleme zu lösen. Nachdem ich im ersten Jahr Papier aus Stroh herstellte, beschäftigte ich mich im zweiten Jahr mit dem Recycling des dabei anfallenden Abfallstoffes, des Lignins. Nachdem ich bei meiner dritten Teilnahme 1999 aus alten Colaflaschen und Rapsöl einen neuen Recyclingkunststoff hergestellt hatte, wollte ich im darauffolgenden Jahr diesen Kunststoff biologisch abbaubar machen. sg: Wovor hattest Du bei Deiner ersten Teilnahme am meisten Angst? Tobias: Ich muss zugeben, dass ich bei meiner ersten Teilnahme relativ unbedarft war und ohne große Vorstellungen vom genauen Ablauf zum Wettbewerb fuhr. Richtige Angst hatte ich eigentlich keine, ich befürchtete lediglich, dass man mich nicht richtig ernst nehmen würde. Schließlich war ich ja der "kleine Vierzehnjährige", der sich mit Chemie beschäftigte, ohne jemals Chemieunterricht gehabt zu haben. Diese Befürchtungen waren ziemlich grundlos, zwar wurde ich schon als eine Art "Exot" angesehen, doch das störte nicht weiter. sg: Und was machst Du nebenbei so - mal abgesehen vom "forschen"? Tobias: Ein sehr zeitintensives Hobby ist das Basketballspielen. Ich spiele in einer Herrenmannschaft, trainiere zweimal die Woche und mache zudem Konditions- und Krafttraining. Im Winter fahre ich Ski Alpin. Seit etwa 8 Jahren spiele ich auch Saxophon. Dazu nehme ich Unterricht an einer Jugendmusikschule und spiele in unserer Schul-BigBand. Im letzten Jahr war ich Schülersprecher des Kreisgymnasiums Riedlingen und hatte deshalb einiges zu tun. Auch in der katholischen Kirchengemeinde bin ich im Ministranten-Leitungsteam tätig. sg: Und was sagen Deine Freunde so zu Deinen Jugend forscht- Siegen? Bekommt man mit der Zeit dann nicht so den Ruf des "verrückten Forschers"? Tobias: Meine Freunde und Bekannten freuen sich mit mir über Erfolge. Sie sind sehr interessiert, was ich denn zur Zeit wieder mache... Dadurch, dass mich die meisten meiner Freunde gar nicht anders kennen, als als den "Chemieverrückten", ist es für fast alle einfach ganz normal. Klar haben meine Erfolge, über die ja auch viel in der Presse zu lesen war, viel Aufmerksamkeit erregt. Doch Neid oder Ähnliches bekam ich nie zuspüren. Möglicherweise liegt es einfach daran, dass ich eben nicht nur "Chemie" im Kopf habe, sondern darüber hinaus viele andere Sachen mache. sg: Wie gut hat Dir Deine Schule bei Deinen Arbeiten geholfen?
Tobias: Bei meiner ersten der insgesamt vier Teilnahmen war ich ja gerade 14 Jahre alt und die Unterstützung des Betreuungslehrers war sehr wichtig. Auch die gesamten Versuche konnte ich in der Schule durchführen. In den folgenden Jahren wurde ich immer selbstständiger und das nötige Spezialwissen und die Gerätschaften waren in der Schule nicht mehr vorhanden. Deshalb war ich dann z.B. an der Uni Ulm, um mich mit einem Professor zu beraten oder bei einem dreiwöchigen Praktikum an der Uni Clausthal. Natürlich konnte ich weiterhin in der Schule Versuche machen, doch viele der langwierigen Versuchsreihen führte ich dann zu Hause im Heimlabor durch, da ich dort zeitlich unabhängig auch an Wochenenden, Feiertagen und bis spät in die Nacht arbeiten konnte. An meinem gegenwärtigen Projekt arbeitete ich in den Labors der BASF in Ludwigshafen. sg: Meinst Du, dass jede(r) für "Jugend forscht" prinzipiell geeignet ist? Oder muss man dafür schon so eine Art "Überflieger" sein? Tobias: Ich denke nicht, dass man, um bei "Jugend forscht" mitzumachen, eine Art "Überflieger" sein muss. Eben das ist das Tolle an diesem Wettbewerb. Wer sich für ein bestimmtes Gebiet, eine neue Fragestellung interessiert, arbeitet sich darin ein und wird so gewissermaßen zu einem Experten auf eben seinem Gebiet. Dazu muss man kein "Überflieger" sein, sondern nur Kreativität und vor allem Durchhaltevermögen besitzen. sg: Für die Lösung der Probleme der Zukunft werden die Ideen junger Leute immer wichtiger. Wie könnte man junge Forscher/-innen besser vernetzen? Und wie könnte man sie auch nach "Jugend forscht" - zum Beispiel im Studium - besser unterstützen? Tobias: Ein Beispiel für eine gut funktionierende Vernetzung junger Forscherinnen und Forscher ist das Schülerforschungszentrum (SFZ) in Saulgau. Bei diesem Forschungszentrum handelt es sich um eine überregionale Arbeitsgemeinschaft, die sich mit Physik und Chemie beschäftigt. Es finden dort Vorbereitungen für Wettbewerbe wie die Chemie- oder Physikolympiade statt. Wöchentlich treffen sich etwa 50 SchülerInnen. Das vom Land geförderte Schülerforschungszentrum soll nun zu einem Internat ausgebaut werden. Das halte ich für eine gelungene Methode der Jugend-Förderung! Ich selbst besuche das SFZ seit zwei Jahren. Um im Studium junge ForscherInnen zu fördern wäre es vielleicht hilfreich einen Verein der ehemaligen Jugend-forscht-Teilnehmer zu gründen. Dann könnte man Seminare oder Veranstaltungen organisieren, um auch nach dem Ende der aktiven Teilnahmezeit weiter in Kontakt zu bleiben. > Schülerforschungszentrum Bad Saulgau Das Interview führte | Beitrag empfehlen |
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