Juni 2004

Energisch in die Zukunft

Global Energy Prize Der Global Energy Prize gilt als Nobelpreis der Energiewissenschaften. Seine Verleihung soll die Entwicklung ungefährlicher und erschwinglicher Energieformen fördern. Am Jahrestag der Atom-Katastrophe von Tschernobyl wurde der diesjährige Preis drei Pionieren der Nukleartechnik zuerkannt.

Als den Empfängern des Global Energy Prize 2004 in einer live-Telefonschaltung die Entscheidung der Preisjury mitgeteilt wurde, zitterten die Stimmen der Preisträger nicht nur vor Rührung: Der jüngste diesjährige Laureat ist 80 Jahre alt. Den Forschungspartnern Fjodor Mitenkov (Russland) und Leonard J. Koch (USA) wurde der Global Energy Prize 2004 für die Erarbeitung der physisch-technischen Grundlagen sowie für die Erschaffung von Reaktoren verliehen, die auf der Basis von schnellen Neutronen nutzbare Energie erzeugen. Außerdem wurde Aleksandr Schejndlin (Russland) geehrt für die Grundlagenforschung über die thermophysikalischen Eigenschaften gewisser Substanzen, die bei Grenzwerttemperaturen zur Energiegewinnung verwendet werden. Das Preisgeld in Höhe von 900 000 US-Dollar wurde zu gleichen Teilen zwischen den drei Preisträgern aufgeteilt.

Von Koch und Mitenkov wurde eine Technologie erarbeitet, die nach Meinung des Internationalen Komitees für die Zuerkennung des Global Energy Prize eine risikoärmere Nutzung von Atomenergie möglich macht. In Fast-Neutrons-Reaktoren, die oft als „schnelle Brüter“ bezeichnet werden, erfolgt die Erzeugung von Kernenergie und neuem atomaren Brennstoff gleichzeitig, da die anfallenden nuklearen Reste im gleichen Zyklus wieder zu neuem Brennstoff aufgearbeitet werden. Somit wird keine Zwischen- oder Endlagerung von atomaren Brennstoffresten mehr nötig. Folglich birgt diese Technologie auch Möglichkeiten, die bereits zwischen- oder endgelagerten atomaren Reste noch einmal aufzuarbeiten, die anfallen, wenn mittels der bisher angewandten Technologien Kernenergie erzeugt wird. In der Live-Telefonschaltung anlässlich der Bekanntgabe der Preisträger bedauerte Leonard Koch, dass die Vorteile seiner neuen Technologie in den USA noch nicht anerkannt würden, da die Kernenergie als solches von der Gesellschaft nicht differenziert und häufig mit Vorurteilen betrachtet würden. Deshalb sei es ihm auch noch nicht gelungen, die US-amerikanische Administration und Investoren vom Bau eines schnellen Brüters zu überzeugen.

Fjodor Mitenkov
wurde 1924 geboren und beendete 1950 mit Auszeichnung seine Ausbildung an der Fakultät für Physik der Staatlichen Universität Saratov.(...)
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Aleksandr Schejndlin schuf die wissenschaftliche Basis für die moderne Wärmeenergetik, durch die momentan 90 Prozent aller Energie erzeugt wird. In diesem Zusammenhang erforschte Schejndlin die thermodynamischen Eigenschaften von Wasser und Wasserdampf, was erst den Bau von Wärmekraftwerken mit überkritischen Parametern möglich machte. Obwohl auch viele andere renommierte Wissenschaftler ähnliche Forschungen betrieben, gelangte nach Meinung der Preisjury lediglich Schejndlin zu Ergebnissen, die für die Energetik verwertbar sind. Außerdem leistete Schejndlin auch seinen Beitrag in der Nuklearforschung und auf dem Gebiet der direkten Energieumwandlung: Er erforschte die thermophysikalischen Eigenschaften von Metallen und ihren Dämpfen, wie zum Beispiel Natrium, Kalium, Cäsium, Rubidium und flüssiges Uran. Viele dieser Eigenschaften waren bis dahin noch nicht entdeckt.

Leonard J. Koch
wurde 1920 geboren. 1943 beendete er sein Maschinenbau-Studium am Illinois Technological Institute; an der University of Chicago erhielt er 1968 den Mastergrad.(...)
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In diesem Jahr waren 56 Arbeiten zur Bewertung durch die Jury des Global Energy Prize eingereicht, von denen 32 aus Russland stammten; weitere acht Arbeiten stammten aus den USA, sieben aus Japan und drei aus Deutschland. Die meisten Arbeiten beschäftigten sich mit Kernenergie, Wärmeenergie, der Nuklearsynthese und alternativen (erneuerbaren) Energiequellen. Dabei können sich die Verfasser nicht selbst um den Global Energy Prize bewerben, sondern müssen von einem begrenzten Spezialistenkreis aus dem Bereich der Energie und Energetik vorgeschlagen werden (siehe Grafik). Die Nominierten selbst werden nicht darüber informiert, dass sie für den Preis vorgeschlagen wurden, und auch die Öffentlichkeit erfährt nur die Namen der Preisträger. Dies soll laut Komiteevorsitzendem Alfjorov garantieren, dass sich für diejenigen Aspiranten, welche nicht mit einem Preis geehrt werden, die erfolglose Nominierung nicht in „schwarze PR“ und letztendlich einen Ansehensverlust verwandelt. Immerhin gilt der Global Energy Prize – obwohl erst zweimal verliehen – als Nobelpreis der Energie- und Energetikwissenschaft.

Erstmals wurde die Auszeichnung 2003 verliehen, nachdem der russische Präsident Putin im November 2002 auf einem Gipfeltreffen in Brüssel die Schaffung des Global Energy Prize verkündet hatte. Der Preis steht unter der Schirmherrschaft von Vladimir Putin, der auch alljährlich in St. Petersburg die Ehrung der Laureaten vornimmt. Gesponsert wird die Auszeichnung von den drei führenden russischen Energiekonzernen „Gasprom“, „EES Rossija“ und „Jukos“, deren Reichtum sich hauptsächlich auf Förderung und Export von Erdöl und -gas gründet. So bleibt zu hoffen, dass die Sponsoren die Erschließung anderer Energiequellen nicht nur mit dem Global Energy Prize belohnen, sondern auch in den eigenen Konzernen zur Anwendung bringen.

Aleksander Schejndlin
wurde 1916 geboren und graduierte 1937 am Moskauer Energetischen Institut, wo er ab 1946 als Dozent und später als Professor arbeitete.(...)
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Beitrag von Sandra Birzer

Link zum Thema

  • Homepage des Global Energy Prize (englisch und russisch)
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