August 2004

Ein Jahr verschenkt – oder doch nicht?

* Für viele junge Männer steht nach dem Abitur erst einmal das „lästige“ Jahr des Wehr- oder Zivildienstes auf dem Programm. Dass man in dieser Zeit schon studieren kann, ist den wenigsten bekannt. Der Staat gibt dafür sogar Geld.

Gerade Abitur gemacht und der Jungforscher ist bereit sich ins Studentenleben zu stürzen, da liegt pünktlich der Einberufungsbescheid im Briefkasten. „Damit verschenke ich mindestens ein ganzes Jahr“, heißt es dann. Viele junge Männer fühlen sich unnötig gebremst vom Staatsdienst, zu dem ja heute nicht mehr alle verpflichtet werden. Aber das Jahr muss nicht verschenkt sein, es gibt die bisher wenig genutzte Möglichkeit, schon während des Staatsdienstes ins Studium einzusteigen.

Berufsförderung
Für die berufliche Weiterbildung können Wehr- und Zivildienstleistende Zuschüsse für Fernunterricht beantragen. Die Dienststelle soll durch eine entgegenkommende Gestaltung des Dienstplanes die Teilnahme ermöglichen. Die Zuschüsse betragen bis zu 664,68 €. Der Antrag soll vor Beginn des Fernstudiums gestellt werden. Außerdem werden bis zu 5 Tagen Sonderurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge für die Teilnahme an ganztägigen Veranstaltungen kann gewährt.

Prinzipiell ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass ein (Fern-)Studium „nebenher“ eine Mehrbelastung ist, für die man genug Zeit einplanen sollte. So werden in den Richtlinien für Zivildienstleistende für eine berufsfördernde Nebentätigkeit maximal 8-10 Stunden wöchentlich akzeptiert. Der zeitliche Aufwand zum Beispiel für ein Fernstudium Mathematik oder Physik in Kaiserslautern umfasst aber leicht mehr als 20 Stunden wöchentlich. Da ist Durchhaltewillen angesagt und auch die Unterstützung der Dienststelle. Ist man dort den Bildungsbestrebungen wohlgesonnen, können Dienstpläne so geschrieben werden, dass man Präsensveranstaltungen besuchen kann.

Finanziell erhält man vom Berufsförderungsdienst (Bfd) oder dem Bundesamt für den Zivildienst (BAZ) meist 80 Prozent der Kosten für die Teilnahme an einem (Fern-)Studium erstattet. Dazu muss man nur zeigen, dass man dieses Studium ernsthaft verfolgt und 80 Prozent der Aufgaben bearbeitet hat.

Das Angebot für den Studieneinstieg während des Staatsdienstes ist relativ groß. Meist genügt schon ein Blick auf die websites der Unis oder ein Gang zur Studienberatung. Die vorhandenen Studienmöglichkeiten geben daher wenig Grund zur Klage: wer schon früh studieren will, der soll sich – statt zu Klagen – einschreiben.

Zum Beispiel in Hannover

Websites, Beratung und Bücher vermitteln zwar Infos, aber keinen wirklichen Eindruck vom Studium. An der Universität Hannover wird daher im Juniorstudium actio-PLUS für Zivis und Soldaten die Möglichkeit gebeten, bereits vor Beginn des eigentlichen Studiums, Vorlesungen der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachbereiche zu besuchen. Besonders verlockend ist dabei die Möglichkeit, an den Prüfungen zu den Vorlesungen teilzunehmen und eine erfolgreiche Teilnahme auch nachgewiesen zu bekommen. Dieser Nachweis kann während eines späteren Studiums von den Fachbereichen anerkannt werden. Bereits vor dem eigentlichen Studium kann man so Punkte sammeln und gleichzeitig wichtige Stoffbereiche wiederholen und intensiv vertiefen!

Infos zum Studium in Hannover:
Anmeldungen und Nachfragen bitte an:
Dipl.-Math. Kai Haseloh
Institut für Angewandte Mathematik
Universität Hannover
Welfengarten 1
30167 Hannover
Tel. (0511) 762-3682

Als bundesweit erste Hochschule hat die Universität Hannover das Juniorstudium durch eine Ordnung für Juniorstudierende geregelt. Diese sollen ihre Studienberechtigung sowie ihren Einberufungsbescheid bei uniKIK, der Einrichtung für Kommunikation, Innovation und Kooperation an der Universität Hannover, einreichen, und erhalten damit eine Teilnahmeerlaubnis an den Vorlesungen. Dabei wird keine Teilnahmegebühr erhoben. Kosten für Literatur und Internet (bis 5,11 Euro pro Monat) werden vom Bdf und BAZ gegen entsprechenden Nachweis übernommen.

Die Rückmeldungen zu actio-PLUS sind sehr positiv, wie es ein ehemaliger Wehrdienstleistender anschaulich auf den Punkt bringt: „Die Teilnahme war äußerst wertvoll für mich, um den Vorlesungsbetrieb an der Uni in verschiedenen Studiengängen kennen zu lernen und das Gehirn nach neuen Monaten staatlich verordnetem Tiefschlaf wieder hochzufahren.“ Über actio-PLUS hinaus bietet uniKIK auch die andere Studienvorbereitende Programme wie zum Beispiel eine dreiwöchige Mathematikvertiefung vor dem Studium für alle Fachrichtungen an.

Oder ein Fernstudium in Kaiserslautern

FiPS ist der "Früheinstieg ins Physikstudium" des Fachbereichs Physik und entsprechend FiMS der „Früheinstieg ins Mathematikstudium“ des Fachbereichs Mathematik der Universität Kaiserslautern. Mit FiPS und FIMS können die ersten beiden Semester der Physik im multimediabasierten Fernstudium absolviert werden, so dass ein Einstieg in das Präsenzstudium reibungslos funktioniert. Dazu muss sich der Wehr- oder Zivildienstleistende auf einer der Homepages anmelden und das Studienvorhaben der Dienststelle melden. Danach schreibt er sich als ordentlicher Student in Kaiserslautern ein und erhält nach Zahlung des Semesterbeitrags einen Studentenausweis. Da FiPS und FiMS nur mit einem Drittel des Zeitaufwands gegenüber Vollzeitstudiengängen gesehen wird, kann man sich nach ein oder zwei Semestern Fernstudium in jeder Universität in Deutschland wieder im ersten Semester einschreiben. Entsprechende Bescheinigungen werden von der Betreuung ausgestellt.

Früheinstieg Elektro- und Informationstechnik
Uni Kaiserslautern Universität Kaiserslautern
FB Elektro- und Informationstechnik
Paul-Ehrlich-Straße, Gebäude 12
67663 Kaiserslautern
Tel. (0631) 205 – 2076
Fax. (0631) 205 – 2612

Ablauf des (Fern-)Studiums

Im Rahmen von FiPS / FiMS kann man die ersten zwei Semester eines Physik oder Mathematikstudiums vollständig absolvieren. Dabei erhält man wöchentlich einen Lehrbrief, bearbeitet werden drei bis vier Vorlesungsskripte. Pro Woche müssen zwei Aufgabenblätter eingesandt werden, die man bewertet zurückerhält. Hat man diese mit 50 bzw. 60 Prozent erfolgreich bearbeitet, so kann man an der Abschlussklausur in Kaiserslautern teilnehmen. Besteht man diese erfolgreich kann man pro Semester einen Schein in „Experimentalphysik“, einen in „Analysis“ und einen in „Linearer Algebra“ erhalten, die an anderen Universitäten voll anerkannt werden.

Dabei soll man nicht alleine auf seiner Bude vor sich hin lernen, sondern es werden den Studenten Newsgroups zur Diskussion bereitgestellt, die direkt von den Dozenten betreut werden. Es wird den Studenten sogar abverlangt, sogenannte Bildschirmexperimente zu machen, deren Auswertung Teil der Aufgabenblätter ist. Neben zwei bis drei Präsenzwochenenden pro Semester kann man in Kaiserslautern sogar das erste physikalische Fachpraktikum absolvieren, für das man ebenfalls einen Schein erhält und welches an anderen Universitäten anerkannt wird.

Die Betreuung bei FiPS / FiMS ist außergewöhnlich gut und man erhält einen guten Eindruck, was es bedeutet zu studieren und sein Studium zu organisieren. Dabei steht man im Austausch mit anderen Wehr- oder Zivildienstleistenden und lernt so auch verstärkt neue Fragestellungen gemeinsam zu entwickeln und zu bearbeiten. Einen „Früheinstieg Elektro- und Informationstechnik“ bietet der Fachbereich Elektro- und Informationstechnik der Universität Kaiserslautern an. Auch dieses innovative Angebot bietet wie FiPS und FiMS die Möglichkeit über ein Fernstudium in das reguläre Präsenzstudium einzusteigen und die Präsenzstudienzeit um bis zu zwei Semester zu verkürzen. Ein Einstieg ist in allen drei Studiengängen im Sommer- wie im Wintersemester möglich.

Vorlesungen an der Uni Hamburg nutzen

Studium in Hamburg
Anmeldungen und Nachfragen an:
Universität Hamburg
Arbeitsstelle für wissenschaftliche Weiterbildung
Vogt-Kölln-Straße 30, Haus E
22527 Hamburg
Tel. (040) 42838 – 0

Die Universität Hamburg bietet unter dem Titel „Studienorientierung und Studienvorbereitung“ Vorlesungen zu „Mathematik in den Wirtschaftswissenschaften“, „Mathematik in den Ingenieur- und Naturwissenschaften“ und „Einführung in die Statistik“ an. Sie sind zwar speziell für Einsteiger konzipiert, aber nicht kostenlos. Doch auch hier lohnt sich der Weg und die Anfrage an BAZ oder Bdf, bei regelmäßiger Teilnahme werden die Kosten vom Staat übernommen. Wie auch bei den anderen Angeboten werden die hier erbrachten Leistungen nachgewiesen und können somit in ein späteres Studium integriert werden.

Beitrag von Fabian Czerwinski

Links zum Thema

  • Berufsförderung für Zivildienstleistende
  • Berufsförderung für Wehrdienstleistende
  • Fernuniversität Hagen
  • Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e. V.
  • Übersicht über Fernstudiumsangebote in Deutschland
  • Juniorstudium actio-PLUS, Universität Hannover
  • Früheinstieg ins Physikstudium, Universität Kaiserslautern
  • Früheinstieg ins Mathematikstudium, Universität Kaiserslautern
  • Früheinstieg Elektro- und Informationstechnik, Universität Kaiserslautern

Zur Person

Fabian Czerwinski studiert an der Universität Heidelberg Physik. Während seiner Zeit als Zivildienstleistender in Frankfurt nahm er am Fernstudienangebot der Universität Kaiserslautern teil. Mit seinem Engagement im „Jugend forscht“-Ehemaligennetzwerk JuForum e.V. sowie im VDE-youngnet möchte er junge Menschen für naturwissenschaftliche Themen sensibilisieren.

Kontakt

Dipl.-Math. Kai Haseloh. Institut für Angewandte Mathematik, Universität Hannover, Welfengarten 1, 30167 Hannover, Tel. (0511) 762-3682
E-Mail:

Universität Hamburg, Arbeitsstelle für wissenschaftliche Weiterbildung, Vogt-Kölln-Straße 30, Haus E, 22527 Hamburg, Tel. (040) 42838 – 0

Universität Kaiserslautern, FB Elektro- und Informationstechnik, Paul-Ehrlich-Straße, Gebäude 12, 67663 Kaiserslautern, Tel. (0631) 205 – 2076, Fax. (0631) 205 – 2612
E-Mail:

Homepage des „Jugend forscht“-Ehemaligennetzwerks JuForum e.V.

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