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"Forecasters tend to learn less and less about more and more, until in the end they know nothing about everything."

Edgar R. Fiedler,  , 

Berichte & Reportagen  November 2004

Von Henkersmeistern, Yachtbesitzern und Multimedia-Freaks

Foto: Dennis C. Bemmann

Bierkrüge deuten nicht immer auf Gehirnlosigkeit hin. Deutschlands Nachwuchsforscher von „Jugend forscht“ sind sich wieder einmal ein Stückchen näher gekommen. Ein Bericht von ihrem diesjährigen Ehemaligentreffen in Ulm.

Der Henkersmeister wartet schon. Ein Raunen geht durch die Menge, fahlgelbes Dämmerlicht fällt auf den Schuldigen. „Hierher!“ ruft die Menge, voll Übermut, stampfend, johlend. Dann schwillt ein fordernder Rhythmus an, Steinkrüge schlagen dumpf auf Holz, man kann einen leicht säuerlichen Biergeruch in den dunklen Kellergewölben schmecken. Es gibt kein Entrinnen mehr.

Welch finstere Gesellschaft sich da zusammengefunden haben mag! Entsetzlich. Und es scheint ihnen auch noch Spaß zu machen? Verwerflich! Nein, damit wollen wir alle nichts zu tun haben. Wirklich nicht? Sollten wir aber, denn die Leute, die da zechen, sind Deutschlands Vorzeige-Forscher. Alle zusammen sind sie ehemalige Teilnehmer des Bundeswettbewerbs „Jugend forscht“. Und das festliche Rittermahl war natürlich reine Inszenierung inklusive Henkersmeister. Alles in allem Teil einer Veranstaltung, die vom 6. bis 10. Oktober 2004 in Ulm stattgefunden hat.

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Foto: Katja Schmitz

Jedes Jahr veranstaltet die Stiftung „Jugend forscht“ gemeinsam mit DaimlerChrysler ein sogenanntes „PerspektivForum“, sprich: ein Jahrestreffen Ehemaliger. Eingeladen wird nur, wer es bis zum Bundeswettbewerb geschafft hat, und noch nicht älter als 28 ist. Wer ein elitäres Treffen durchgeknallter Überflieger erwartet, wird enttäuscht sein: Alles ganz normale Leute. Auffallend jedoch ist: Keiner der etwa 100 Teilnehmer raucht und viele haben keinen Fernseher zu Hause. Was nicht heißt, dass es nicht auch Multimedia-Freaks, Computerbastler und Medientechnologen unter ihnen geben würde.

Worum geht es nun auf so einem fünftägigen Treffen? Das diesjährige Motto lautete: „Kooperationen Energy for the Future?“ Hochkarätige Gäste sind geladen zum Beispiel die Stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende. Aber auch der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Senior Vice President von DaimlerChrysler, und der Leiter des Internationalen Roten Kreuzes sind vertreten.

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Foto: Dennis C. Bemmann

Jeden Tag gibt es Vortragsreihen, in denen Führungskräfte aus Industrie, Gesellschaft und Politik darüber berichten, wie sie selbst Kooperationen aufbauen und aufrechterhalten. Insbesondere im humanitären Bereich gestaltet sich dies häufig recht schwierig, wenn sprachliche und kulturelle Barrieren zugunsten einer raschen Hilfeleistung überwunden werden müssen. Aber es gibt nicht nur Theorie, sondern auch Praxis: Ein ganzes Team von Management-Beraterinnen, wohlgemerkt acht Frauen und ein Mann, haben sich für die Jungforscher eine Team-Aufgabe ausgedacht. In den Konferenzräumen des prunkvollen Maritim-Hotels Ulm sollen die Teilnehmer aus einfachsten Materialien gemeinsam eine Brücke bauen.

Ähnliche Workshops werden auch auf anderen Trainingsseminaren (wie zum Beispiel bei McKinsey) eingesetzt. In begrenzter Zeit (eine Stunde) und mit begrenzten Ressourcen (in diesem Fall nur Papier, Kleber und Schere) muss die Gruppe sehen, wo sie bleibt. Die selbst gebastelten Brücken wurden natürlich am Ende von einer Jury bewertet und es gab einen Preis für das Gewinner-Team.

Parallel dazu wurde der Teamprozess nach verschiedenen Aspekten beobachtet zum Beispiel:

  • Organisation und Arbeitsteilung: Wie wurde die Aufgabe strukturiert, die Zeit eingeteilt?
  • Rollenverteilung: Gab es eindeutige Führungspositionen? Haben diese im Laufe der Zeit gewechselt?
  • Arbeitsklima: Wie war die generelle Stimmung in der Gruppe? Wurden auch Schwächere Mitglieder integriert?
  • Verhaltensweisen: Wer verhält sich wie und in welchen Situationen?

Aus einem solchen Mini-Workshop springt natürlich für jeden etwas heraus. Speziell Schüler und Studierende an deutschen Universitäten müssen häufig mehr oder weniger freiwillig in bunt zusammengewürfelten Teams arbeiten. Für die Teilnehmer des PerspektivForums kristallisierten sich einige „Erfolgsfaktoren“ für erfolgreiche Team-Arbeit heraus. Das waren zum Beispiel:

  • Arbeitsteilung, Simultanes Arbeiten, guter Informationsfluss
  • Engagement: Identifikation mit gemeinsamen Zielen (und existenziellen Problemen)
  • Gruppenführung als kollektive Aufgabe, jeder kann ggf. Führungsfunktionen übernehmen
  • Qualifikation und Ebenbürtigkeit der Teilnehmer, Homogenität der Gruppe
  • Aktives Zuhören, Akzeptieren fremder Ideen, Kreativität
  • Knappheit von Ressourcen und Zeit, trotzdem erreichbare Ziele
  • Kollegialität, Respekt, Wertschätzung, offenes Klima

Kooperationen, gleich welcher Art, sollten also immer möglichst viele dieser Punkte erfüllen. In vielen Unternehmen, und speziell in Forschung und Lehre, herrschen ausgeprägte Hierarchien vor. Führungspersonen und deren Rollen sind „zementiert“, es gibt wenig Flexibilität und häufig auch keinen durchgängigen Informationsfluss zwischen „Basis“ und „Führungsriege“. Diesen Informationsfluss zu beleben, und Mitgliedern verschiedener Ebenen Führungspositionen zuzutrauen, dürfte eine der bedeutendsten Herausforderungen moderner Gesellschaften darstellen.

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Foto: Dennis C. Bemmann

Nicht ganz zu Unrecht sprach deswegen auch Reinhard Sprenger, Managementberater und Personaltrainer, zum Ende des PerspektivForums von einem „Passungsproblem“. Eine Situation müsse „zur Passung gebracht werden“ für jede Situation gebe es eine „passende“ Führungskraft. Daher gebe es nicht „die“ gute Führungskraft schlechthin, und selbst individuelle Stärken oder Schwächen seien stets situationsbezogen.

„Gemeinsam Ziele erreichen, die wir allein nicht schaffen würden“ das könnte die Begründung dafür sein, dass es überhaupt Agglomerationen von Individuen zu kooperativen Einheiten gibt: Unternehmen, Vereinigungen, Gruppen sie alle müssen gut und flexibel zusammenarbeiten. Das funktioniert nur, wenn es ein gemeinsames „Problem“ gibt, das „in hohem Maße selbsterklärend“ ist.

Nun, für das PerspektivForum jedenfalls dürfte dies durchaus zutreffen: Alle Teilnehmer haben das gemeinsame Problem, später einmal einen Job zu finden. Den Erfolg des Jungforschertreffens wird man spätestens dann messen können, wenn die ersten von ihnen uns in „Bild der Frau“ entgegenlächeln als Yachtbesitzer in Monaco.

Beitrag von Christoph Scherber

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Zur Person

Christoph Scherber (28), ehemaliger Bundessieger im Fachgebiet „Biologie“ bei „Jugend forscht“ 1997, hat in Regensburg, Rostock und London studiert und promoviert derzeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

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