Kolumbianische Regierung: Nachhilfe im Völkerrecht?

Nicht nur in Bogotá atmet man in diesen Tage auf. Die vorläufige Entschärfung der internationalen Krise zwischen Kolumbien, Ecuador und Venezuela durch die Rio-Gruppe am vergangenen Freitag wurde in allen drei Andenländern mit Erleichterung aufgenommen. Von einer wirklichen Entspannung kann allerdings weiterhin nicht die Rede sein. Die gegenseitigen Beleidigungen und Anschuldigungen sitzen tief.

Ausgelöst wurde die jüngste Krise durch die Verletzung der staatlichen Integrität Ecuadors durch das kolumbianische Militär, das bei seinem Einsatz mehrere Mitglieder derDrogenguerrilla FARC tötete, unter ihnen Raúl Reyes, den zweiten Mann des "Sekretariats" der Guerrilla.
Dass Ecuador dies zum Anlass nahm, die eigene Grenze zu militarisieren, konnte noch als Reaktion gegen eine Verletzung des Völkerrechts von kolumbianischer Seite interpretiert werden. Die von Chávez angeordnete Mobilmachung Venezuelas war hingegen wohl eher im persönlichen Größenwahn des Caudillos zu suchen und in der Anwendung des altbekannten Rezepts, von innenpolitischen Problemen durch außenpolitische Abenteuer abzulenken.

Die Gefahr eines tatsächlichen Krieges wurde zwar zu keiner Zeit für wahrscheinlich gehalten, jedoch wäre die vom venezolanischen Präsidenten Chavéz angedrohte Enteignung kolumbianischer Firmen in seinem Land schon katastrophal genug gewesen. Venezuela ist Kolumbiens wichtigster Handelspartner und umgekehrt sind für Venezuela - erst recht durch die ruinöse Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre - die Lebensmittelimporte aus dem Nachbarland überlebenswichtig.

Experten des Völkerrechts internationaler NGOs sowie der rechts- und politikwissenschaftlichen Fakultäten in Bogotá schüttelten indessen in dieser turbulenten Woche die Köpfe über den rechtspolitischen Dilettantismus der kolumbianischen Regierung. Diese hatte zwischenzeitlich sogar die Anklage gegen Chávez vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Unterstützung und Finanzierung von Völkermördern erwogen. Den FARC lassen sich nun alle denkbaren und undenkbaren Verbrechen vorwerfen. Den juristischen Tatbestand des Genozids erfüllen ihre Entführungen und Ermordungen von Zivilisten und ihre Zerstörungen ganzer Ortschaften nicht.

Die kolumbianische Regierung hätte sich besser auf eine Begründung ihres Militäreinsatzes gegen die FARC auf ecuadorianischem Gebiet beschränken sollen, die auch ihr Botschafter vor der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ins Feld führte: Die Resolution 1373 des UN-Sicherheitsrates verbietet allen Staaten, terroristischen Gruppen oder deren Finanziers Zuflucht zu gewähren. Die Inter-Amerikanische Konvention gegen den Terrorismus hält die Staaten an, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zur Abwehr terroristischer Gefahren zu verstärken.

Nicht erst die Informationen auf dem sichergestellten Computer Raúl Reyes' bestätigen hingegen die Anschuldigen gegen die Regierungen Ecuadors und vor allem Venezuelas, den FARC immer willfähriger Unterstützung zukommen zu lassen. Für die kolumbianische Politik ist eine rechtswissenschaftliche Nachlese der jüngsten Krise indessen unabdingbar - allein, um für die nächste besser gewappnet zu sein.


Chávez, der vorwiegend über seine wöchentliche, mehrstündige Fernsehsendung "Aló Presidente" regiert, befiehlt seinem Verteidigungsminister am 2. März, zehn Bataillone an die Grenze zu Kolumbien zu schicken.

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