Die Hörisch-Affäre...

...köchelt weiter. Gestern antwortete der preisgekrönte Buchautor Georg Klein auf den offenen Brief, den Jochen Hörisch als Reaktion auf die Rezension seines neuesten Buches durch den Literaturkritikers Burkhard Müller in der Süddeutschen Zeitung (nachzulesen bei buecher.de) per Mail an alle möglichen Kulturjournalisten verschickt und zur beliebigen Veröffentlichung freigegeben hat. Nun hat sich auch Müller selbst zu Hörischs harschem Brief geäußert.

Was zunächst wie ein berechtigtes Aufbegehren gegen die nicht immer gewissenhafte, manchmal selbstherrliche und egozentrische Kritikerkaste aussah und als Appell zu mehr Sachlichkeit und weniger persönlichen Angriffen auch meine Zustimmung fand, zeigt nun mehr und mehr befremdliche Züge.

Natürlich gibt es unter Kritikern schwarze Schafe, und nicht selten läuft die Herde den publizistischen Leithammeln nach, so dass anders lautende Bewertungen kaum mehr durchdringen. Das ist für den Autor bedauerlich.

Ein paar kritische Fragen an denselben drängen sich im konkreten Fall, der sich zur Affäre ausgewachsen hat, aber doch auf: Mindestens die, ob es klug war, in so scharfer Weise auf eine Buchkritik zu antworten, und das dann sowohl via Mailverteiler als auch durch die Aufzählung vermeintlicher Fehler des Rezensenten, die als Bumerang zurückkommen mussten - handelt es sich bei Müller doch durchaus um einen sachkundigen Sprachwissenschaftler!

Auch hat der für seine Polemik gefürchtete, aber meist geschätzte Hörisch den Ton schon besser getroffen. Ein astreines Eigentor hat er mit der Bezugnahme auf eine vier Jahre zurückliegende SZ-Kritik geschossen, die ebenfalls seinen Unmut hervorrief. Souveränität sieht anders aus.

Fazit: In der webbasierten Wissensgesellschaft ist Gegenwehr möglich, aber auch gefährlich. Das Internet vergisst nichts. Schlechte Kritiken genauso wenig wie missratene Reaktionen. Hörisch weiß, dass gerade die Wissenschaft von öffentlichen Diskussionen lebt. Daraus kann man in diesem und anderen Fällen nur den Schluss ziehen: Wer sich ihr in Buchform aussetzen will, sollte seine Gedanken mehr als bisher in Freundes- und Kollegenkreisen durchsprechen, bevor er sie drucken lässt. Darüber hinaus hilft nur Gelassenheit.

Kommentare

Lebendige Debatte

Nachdem ich nun sowohl die SZ-Rezension, Hörischs offenen Brief als auch die Antwort von Georg Klein gelesen habe, bin ich zu dem (wenn auch vorläufigen) Schluss gekommen, dass alle vertretenen Standpunkte ihre Berechtigung haben: Müller stößt sich an der Art uns Weise von Hörischs Argumentation, wähnt einen Tiger, der als Bettvorleger gelandet ist. Hörisch wiederum wehrt sich nicht zuletzt gegen ihm unterstellte Fehler, und tritt - für mich durchaus plausibel, den Gegenbeweis an. Klein schließlich kommt die vornehme Rolle dessen zu, der die überaufgeregten Kampfhähne daran erinnert, dass es vor allen persönlichen Animositäten auch in der Literaturkritik und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung eine fachliche Ebene gibt, auf der sich zu bewegen für alle Beteiligten eigentlich fruchtbarer und förderlicher für die persönliche Integrität sein sollte.

Die Leserschaft wird Zeuge einer Debatte, die für die Lebendigkeit des Literaturbetriebes spricht!

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