Die Edition Akzente des Hanser Verlages ist eine Buchreihe im “großen Stil”, soviel steht fest. Der gleichnamige Band mit den (wieder abgedruckten) Essays von Karl Heinz Bohrer ist zwar keine zusammenhängende, systematische Studie; aber sie machen deutlich, dass der Autor ein textübergreifendes Projekt verfolgt. Wie zu erwarten kommen die Deutschen nicht gut dabei weg, wenn der Autor, meist ausgehend von Friedrich Nietzsche, über Stilfragen nachdenkt. Karl Heinz Bohrer, der in Paris und London lebt, sieht seine Landsleute durch ein “Unvermögen zur Form” gekennzeichnet. Dies macht er auch an witzigen Beispielen deutlich, vor allem aber spürt er in der Literaturgeschichte bei den wenigen Ausnahmen nach, bei Heinrich Heine, bei Johann W. Goethe, Clemens Bretano und, immer wieder, Friedrich Nietzsche. Den Bohrer Fans ist dieser immer gleiche Kosmos des ästhetischen Denkers sehr vertraut; und sie genießen den eigenen Stil des Essayisten. Er schreibt zu provozierend für die Geisteswissenschaft, zu intellektuell fürs Feuilleton, steht Quer zu den politischen Lagern — hat, um es kurz zu sagen: wahrscheinlich nur wenig Freunde. Aber seine Texte haben gerade deshalb eine treue Fangemeinde. Jeder wahre Leser kann von Bohrer viel lernen. Und durch die Lektüre seiner scharfsinnigen Essays, die auf den Zeitgeist keine Rücksicht nehmen, überwindet sich das Mittelmaß — zumindest schon einmal im Lesesessel. Bei Bohrer zählt die Ästhetik, nicht die Moral. Die wenigen deutschen Autoren, die Bohrer gelten lässt, sind bald gelesen. Es bleibt also anschließend nur der Weg in die Buchhandlung; die französischen und englischen Autoren mit “großem Stil” sind da leicht zu erwerben: sogar in deutscher Übersetzung. Und wer auf Essays nicht verzichten will, der nimmt noch den Merkur mit.