Februar 2008

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2. Februar 2008 | Christian Dries | 21:08

Juristen zu Schlossern!

In der Süddeutschen Zeitung plädiert Ex-Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, derzeit Ordinarius für Politische Theorie und Philosophie an der LMU München, für eine Aufwertung uns Ausweitung der Lehrberufe. In Deutschland fehlten nämlich keine Juristen, Architekten oder Medienwissenschaftler, sondern: Schlosser!

Ein origineller Zwischenruf. Immerhin haben sich Deutschlands Bildungspolitiker gemeinsam in den Kopf gesetzt, unsere im europäischen Mittelfeld dümpelnde Akademikerquote zukünftig auf bis zu 50 Prozent hochzuschrauben - mit Hilfe des neuen Bachelor- und Master-Systems. Doch eben das, so Nida-Rümelins düstere Prognose, bewirke à la longue eine Dequalifizierung der höheren Bildungsabschlüsse und - in Kombination mit der krassen Unterfinanzierung der Hochschulen - einen neuen Bildungsnotstand.

Aber nicht nur das: Einer “unheiligen Allianz aus Marktwirtschafts-Ideologie und Bildungsfeindschaft” sei darüber hinaus auch die Abwertung der Meister- und Gesellenprüfung geschuldet. Dabei böte gerade das Handwerk solide volkswirtschaftliche und individuelle Alternativen zu Studium und anschließender Prekarität, erst recht, wenn wir die Lehrberufe, wie Nida-Rümelin vorschlägt, mit wissenschaftlichen Bildungsinhalten anreichern und kräftig ausweiten würden.

Eine Lanze für den “craftsman” bricht auch der amerikanische Star-Soziologe Richard Sennett, der in Deutschland vor allem durch seine Bücher über die Tyrannei der Intimität und den flexiblen Menschen bekannt ist. Nun hat der Muster-Schüler Hannah Arendts eine apologetische Hymne des Handwerks verfasst, in der er die Vorzüge des Herstellens preist.

Unabhängig davon, dass Sennett in seinem jüngsten Druckwerk weit übers Ziel hinausgeschossen ist (und die Einsichten seiner akademischen Lehrerin stellenweise unterbietet), kündigen beide Hochschullehrer, Nida-Rümelin wie Sennett, eine zumindest rhetorische Aufwertung des Handwerks an. Den Hochschulen wird das alles wenig nutzen. Vielleicht sollte man sie konsequenterweise gleich ganz zu Höheren Berufsschulen umbauen.

Dann muss man sich in Zukunft als arbeitsloser Philosoph nicht mehr von seinem Schlosser verspotten lassen. Stattdessen streitet man mit ihm über die Platon-Kritik von Aristoteles - und solange er sein Handwerk versteht, soll mir das eigentlich nur recht sein.

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