James Bond ist ein Physikgenie
"Glaubt eigentlich irgendjemand ernsthaft, dass James Bond ohne Physikkenntnisse noch leben würde?" Diese Frage stellen Metin Tolan und Joachim Stolze, Physikprofessoren an der TU Dortmund und eingefleischte Bond-Fans, in ihrem Buch Geschüttelt, nicht gerührt. James Bond und die Physik.
Tolan und Stolze überführen mit stupendem Detailwissen, eleganten Überlegungen und leichter Feder den Meisterspion und seine halsbrecherischen Aktionen in wissenschaftlich solide Analysen. Auf der Grundlage von Bonds Körpergröße (1,83 Meter) und Gewicht (76 Kilogramm) – der ,James-Bond-Einheit‘ – berechnen die Physiker die Wahrscheinlichkeit von Knochenbrüchen bei Sprüngen von Kranauslegern (hoch), die Möglichkeit von Verfolgungsjagden auf senkrechten Stahlträgern (vorhanden) und in 5000 Meter Höhe ohne Fallschirm (dito!) sowie die Notwendigkeit von allerlei Spezialanfertigungen (meistens gegeben, aber wenig realistisch). Sie rekonstruieren die Wirkung des mysteriösen ,Atomgeräts‘ aus dem wohl berühmtesten aller Bond-Filme, Goldfinger, und der Röntgenbrille aus Die Welt ist nicht genug, von Raketenrucksäcken (Feuerball) und Laserwaffen (Stirb an einem anderen Tag) und klären so nebenbei auch einige peinliche Filmfehler auf. Außerdem lüften sie das Geheimnis um den wohl berühmtesten Drink der Filmgeschichte (der sich als wahrer Gesundbrunnen entpuppt).
Jede besprochene Filmszene wird zunächst nacherzählt, anschließend "so quantitativ und so detailgenau wie möglich ausgewertet". Am Ende jedes Abschnitts können sich besonders Wissenshungrige dann noch in die "Details für Besserwisser" vertiefen. Dabei geht es den Autoren nicht darum, James Bonds spektakuläre Stunts als Humbug zu entlarven (was sie aber nicht selten dennoch tun...). Vielmehr versuchen sie, Bedingungen anzugeben, unter denen die Filmszenen tatsächlich klappen könnten – oder eben auch nicht.
So dürfte sich, wenn sie denn funktionieren sollte, zum Beispiel die Magnet-Uhr, die Bond zu Beginn von Leben und sterben lassen dazu benutzt, einen Löffel von der Untertasse seines Vorgesetzten M anzuziehen, nicht auf 40 Millionen Grad aufheizen. Dies geschähe jedoch, sobald Bond die für die Magnetwirkung nötige Spezialbatterie von 9.000 Ampere einschalten würde. "Als Konsequenz würde James Bond kurz nach dem Einschalten der Uhr in seine atomaren Bestandteile zerlegt werden und verdampfen." Nach rund 300 Seiten ist für Tolan und Stolze jedenfalls klar, "dass eine solide Physikausbildung für jeden Doppelnull-Agenten offensichtlich lebensnotwendig ist." Manchmal auch etwas mehr als das. Immerhin muss James Bond gelegentlich sogar gekoppelte nichtlineare Differentialgleichungen lösen – in wenigen Sekunden und auf einem Motorrad sitzend, das einem Abhang entgegenrast.
Das reich bebilderte, anspruchsvoll aufgemachte und humorvoll geschriebene Buch ist nicht nur für Bond- und Physik-Freunde ein äußerst kurzweiliger Lesegenuss!
Im Piper-Verlag erschienen, kosten seine 302 Seiten 16,90 Euro. Inzwischen gibt es von Metin Tolans physikalischer Bond-Vorlesung auch eine DVD.