Die Realität der Massenmedien

Es gibt keine Politikverdrossenheit -- sondern nur falsche Mediennutzung. Die Politiker reden nicht so, weil sie so reden: sie reden IM FERNSEHEN so, weil das Fernsehen die boulevarleske Struktur vorgibt. Wer sich bequemt gute Bücher oder eine überregionale Zeitung zu lesen oder sogar den Deutschlandfunk einzuschalten, der wird eine ganz andere Medienrealität teilen. Das ist noch immer nicht die Realität, aber auch Medienkonstruktionen kennen gewaltige Niveauunterschiede. Die erste Wahl findet also nicht an der Wahlurne statt, sondern zwischen Medienrealitäten. Wer Schimpfen will, der halte sich ans TV, wer etwas über Politik erfahren will, lieber an gute Tageszeitungen oder das Qualitätsradio. 

Politiker mühen sich ab an der Steuerung komplexer Systeme; diese Aufgabe ist wesentlich schwieriger als die Fernbedienung eines Fernsehens. Auf vielen Ebenen ist Politik konsensorientiert, sachlich, bedacht und fachlich. Die Unterhaltungsmedien nennen das "langweilig". Aber ist Politik eine Unterhaltungssendung? Politikern wird hierzulande alles vorgeworfen, aber auf welcher Grundlage? Ist die bundesdeutsche Demokratie so schlecht? Gibt es Alternativen zur Demokratie? Ein Blick ins Geschichtsbuch oder in viele andere Länder mahnt zur Zurückhaltung. Die fortgeschrittene Demokratie braucht Kritik, keine wohlständige Verdrossenheit. Sie braucht auch Zuspruch. Und vor allem: anspruchsvolle Medien, die anspruchsvoll genutzt werden -- und das sind bisher die "alten Medien" und weniger Fernsehen und Internet. 

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