"Es ist Deutschland hier"

Noch nicht im Amt, beweist der künftige deutsche Außenminister bereits souveräne Weltläufigkeit. Noch unklar ist hingegen, wie das wirtschaftspolitische Profil der neuen Bundesregierung aus sozialdemokratisierter Merkel-CDU und marktradikalen Freidemokraten aussehen wird. Ginge es allein nach der FDP, dürfte sich die Bevölkerung wohl auf verschärfte "Deregulierung" und Entstaatlichung in puncto Bildung und Wohlfahrt einstellen - und auf neue Freifahrtscheine für die entfesselte Weltwirtschaft.

Wer immer noch rätselt, wie kurz nach Ausbruch der größten Wirtschaftskrise seit den 1920er Jahren eine neoliberale Partei in diesem Land mit derartigem Aplomb an die Macht kommen konnte, dem sei die spannende, nicht nur stilistisch ansprechende Lektüre der von Christoph Buterwegge, Bettina Lösch und Ralf Ptak unter Mitarbeit von Tim Engartner verfassten Kritik des Neoliberalismus - für 12,90 Euro inzwischen schon in der 2. Auflage erhältlich - sehr ans Herz gelegt.

Die Autoren rekonstruieren geistige Grundlagen, Geschichte und das gesellschaftspolitische Programm der weltweit heute vermutlich wirkungsmächtigsten Ideologie, deren Ziel nicht weniger als die "Entthronung der Politik" (Friedrich August von Hayek) ist. Sie erklären, wie es zur globalen Hegemonie des Neoliberalismus gekommen ist, obwohl bereits dessen Prämissen wirklichkeitsfremd und obskur sind, und führen anhand zahlreicher Beispiele aus, wie Privatisierung, Deregelierung und Flexibilisierung aus demokratischen Gemeinwesen postfeudale und repressive Konkurrenzgesellschaften machen.

Das Buch der Kölner Forscher ist ein Musterbeispiel kritischer und engagierter Wissenschaft und ein wertvoller Navigator für die kommende Legislaturperiode und darüber hinaus.

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