So soll es sein!
Seit einer guten Woche bin ich jetzt in Japan. Und es ist keine dieser Reisen, deren Ende ich herbeisehne und während derer ich mich dauernd des politisch inkorrekten Gedankens erwehren muss: "Die sollten das besser so machen wie bei uns." Im Gegenteil denke ich häufig: "Warum können wir es nicht so machen wie die Japaner?"
Zum Beispiel Reisen: Trotz Dutzender Gäste ist das Riesenhotel, in dem ich meine Nacht auf japanischem Boden verbringe, nicht laut. (Und es ist keinbesonders teures.) Vor dem Einsteigen in den Zug herrscht kein Gedränge, sondern man steht ruhig und gesittet an - getrennt in 2 Reihen für die Raucher- und Nichtraucherwagen. Im Zug dann: Stille. Die Handys sollen auf "lautlos" gestellt werden und man folgt diesem Hinweis offenbar. Gespräche finden statt, aber leise und kurz.
Die Klingel meines Fahrrads habe ich trotz enger Radwege noch kein einziges Mal benutzt. Und auch in Geschäften - wo es häufig so voll ist wie bei uns nur an den Samstagen vor Weihnachten, gibt es keine Rempler, kein Kindergeschrei (aber Kinder!) und schon gar kein Vordrängeln an der Kasse. Selbst Fehleingaben in die Kasse zu meinen Ungunsten werden aus freien Stücken korrigiert!
Auf den Unialltag übertragen bedeutet dies, dass ich mir mit 3 anderen Doktoranden das Büro teilen kann, ohne je aus der Konzentration gerissen zu werden. Auf unserem Gang arbeiten rund 25 Personen - gern auch spätabends und am Wochenende. Das gilt nicht nur für Professoren und Doktoranden, sondern auch für die Studierenden.
Bachelor und Master verfügen je über einen Arbeitsraum am Lehrstuhl "ihres" Profs - und machen davon offenbar regen Gebrauch. Wie eifrig die tatsächliche Zusammenarbeit ist, kann ich nicht beurteilen. Aber man stört sich zumindest nicht und schafft füreinander eine motivierende Atmosphäre. Wenn wir das doch auch so machen würden!
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Kommentare
"So soll es sein!" von Christiane Zehrer
Erfrischend, besonders wenn man ständig mit den Mäkeleien in Japan lebender Deutscher und vieler Journalisten konfrontiert wird. Ich habe während meiner sieben Jahre in Japan die gleichen Erfahrungen gemacht wie die Autorin des Blogs. W.H.
Vorurteile werden meist bestätigt
Sehr geehrter Wolfgang Hadamitzky,
es gilt nicht für Japan, sondern für alle "fremden" Länder in die man sich begibt: Man sollte ausreichend vorbereitet und "gefasst" sein auf das, was einem dort möglicherweise begegnet. Aber man sollte sich auch die Offenheit bewahren, nicht nach dem Vorurteilsschema "Alle A sind b." voreilig Informationen aus so genannten Kulturführern unreflektiert auf alles Vorgefundene zu übertragen.
Mit dieser "Technik" bin ich bisher anderswo gut gefahren und offenbar klappt es auch in Japan. So komme ich der Pflicht nach, einheimische Gepflogenheiten als gern gesehener Gast - soweit möglich - mitzutragen. Und mache gleichzeitig von dem Recht Gebrauch, eine Grundlage für das Erleben und Reflektieren dortiger Gegebenheiten aufzubauen.