Konkurrenz belebt das (schmutzige) Geschäft

"In jeder Form des Wettbewerbs gibt es gezielte Regelverstöße, und ihre Wahrscheinlichkeit wächst mit der Intensität des Wettbewerbs ebenso wie mit dem Erfolgsdruck, unter dem sich Teilnehmer sehen. Unerträglicher Erfolgsdruck ist das Motiv, das beispielsweise William Summerlin, die zentrale Figur des ersten in den USA berühmt gewordenen neueren Fälschungsfalls, neben anderem anführte: "Immer wieder wurde ich aufgefordert, Versuchsdaten zu publizieren und Projektanträge … zu erstellen. Dann kam eine Zeit im Herbst 1973, als ich keine neue überraschende Entdeckung vorzuweisen hatte und mir Dr. Good brutal eröffnete, daß ich ein Versager sei … So stand ich unter extremem Produktionsdruck …".

Vor allem im amerikanischen System der Forschungsförderung, wo schon seit langem die Erfolgsquoten von Förderungsanträgen konsistent niedrig sind, muß die Motivation, durch regelwidriges Verhalten zum Erfolg zu kommen, hoch eingeschätzt werden. Unter vergleichbarem Druck sehen sich mittlerweile auch in Deutschland viele, vor allem junge, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Neben der Versuchung zum gezielten Regelverstoß kann Wettbewerbsdruck auch zu Nachlässigkeit und mangelnder Sorgfalt führen.

Ein Kernstück wissenschaftlicher Methode ist aber der systematische Zweifel an den eigenen Ergebnissen. Experimente sollten gerade dann – und möglichst unabhängig – wiederholt werden, wenn sie das erhoffte Ergebnis bringen. Erfolgsdruck und Eile, das Bestreben, schneller als die Konkurrenz zu publizieren, sind eine Quelle schlecht abgesicherter Resultate und kommen in der Praxis weit häufiger vor als Manipulationen und Fälschungen."


Aus den Empfehlungen der Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft".
Quelle: DFG.

Kommentare

Richtige Analyse...

...soweit ich das mit meinem bescheidenen Hintergrund in der Forschung beurteilen kann. Allerdings erscheint sie als zweischneidiges Schwert, wenn man den Urheber in Betracht zieht. Zwar ist es nicht die DFG, die "Forschung" als Haushaltsposten an Universitäten streicht. Aber mit ihrem Drittmittel"angebot" liefert sie doch eine allzu einfache Ausrede für die Verantwortlichen, auf diesem Weg fortzuschreiten. Ist Deutschland wirklich so arum? Oder besser: Ist es reich genug, sich eine Forschung zu leisten, die von kurzfristiger Vermarktbarkeit und fehlender Kontinuität geprägt ist?

Nein, ich denke nicht, dass

Nein, ich denke nicht, dass sich Deutschland oder irgendein Land "leisten" kann. Denn lustigerweise ist ja neben der sträflich vernachlässigten Gesellschaft auch die sonst immer so abstrakte Wirtschaft von exakten und richtigen Forschungsergebnissen abhängig. Denn Produktionsskandale, Umweltsünden, etc. werden in Zeiten der globalen Vernetzung und bürgerlichen Überwachung schneller ans Licht gezerrt, als das früher möglich war. Von daher denke ich, ist der Erfolgs- und Publikationsdruck in den Wissenschaften alles andere als sinnvoll, bzw. überhaupt erwägbar. Das es in dieser Richtung ein Umdenken geben muss, kann meiner Meinung nach nicht allzu lange auf sich warten lassen.

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