Dezember 2007

sciencegarden blog

7. November 2007 | Joachim Jachnow | 19:35

Das letzte Aufbegehren?

In Venezuela protestieren Zehntausende von Menschen gegen die Angriffe des Präsidenten Hugo Chávez Frías und dessen Anhänger auf die Pressefreiheit und die bürgerlichen Grundrechte: An vorderster Stelle die Studentenverbände, die sich gegen die sich immer autoritärer gebärende Regierung zur Wehr setzen wollen. Peu à peu wurde in den vergangenen Jahren die Autonomie ihrer Hochschulen beschnitten. Nun droht eine neue Verfassung die ganze Gesellschaft in ein enges Korsett zu fassen. Die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, wie sie die jetzige Verfassung erfordert, wurde von Chavéz bewusst unterlassen. Eine demokratische Debatte um die Zukunft des Landes soll vermieden werden. Die “Reformen” der Verfassung lassen nicht nur die unbegrenzte Wiederwahl des Präsidenten zu, sondern statten ihn im Ausnahmezustand, den er selbst bestimmt, mit beinahe allumfassenden Vollmachten aus.

Chávez hat die Salamitaktik perfektioniert. Nach seinem 1992 gescheiterten Putsch hat er gelernt, wie er mit Zuckerbrot und Peitsche in dem trotz und gerade wegen seines Ölreichtums verarmten Landes sich satte Mehrheiten sichern kann. Demokratische Prinzipien werden scheibchenweise aber genau berechnend verletzt. Der Dummheit der Opposition, die letzte Wahl zu boykottieren, verdankt der Führer in den “Sozialismus des 21. Jahrunderts” ein widerspruchsloses Kopfnicker-Parlament. Auf der Straße sorgen nicht nur ideologisch militarisierte “Chavistas” für die Einschüchterung des politischen “imperialistischen Feindes”. Im Fernsehen überträgt nur noch ein Oppositionssender, dessen Schließung schon mehrfach von “bolivarischen Kreisen” gefordert wurde. Langsam aber sicher wird der Demokratie der Todesstoß gegeben.

Die Studierenden, die sich zur Verteidigung eines demokratischen, rechtsstaatlichen und pluralistischen Venezuelas in Caracas und woanders in den Straßen versammeln, werden vom Innenminister als “Faschisten” beschimpft, als “fünfte Kolonne der Imperialisten”. Solche Töne klingen vertraut, und sie lassen Böses ahnen. Im Zuge der Protestmärsche der vergangenen Tage wurden mehr als dreißig Studierende festgenommen, zwanzig verletzt, wenigstens zwei Todesopfer sind zu beklagen.

Wo bleibt eigentlich hier die internationale Solidarität, die viele leichtfertig Chávez entgegenbringen? Wie oft noch muss die “Bolivarische Revolution” ihr wahres Gesicht zeigen, damit auch der Letzte begreift, dass nicht Emanzipation, sondern Autoritarismus, nicht Solidarität, sondern Repression, nicht Demokratie, sondern Alleinherrschaft ihre Ziele sind?

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