In meinem Briefkasten lag heute kostenfrei ein Buch, das mir der Verlag zusendet mit der Bitte, Feedback zu geben. Verlage wenden sich an Dozenten, weil die Multiplikatoren sind. Das ist gängig und kein Problem. (Warum sollen nur Journalisten Bücher geschenkt bekommen?) Aber langsam platzt mir der Kragen: Gerade die Fachverlage schaffen ihre Lektorate ab, und was man dann zu lesen bekommt, das ist von seiner Form und Stilistik katastrophal. Nun liegen diesen Büchern Fragebogen des Verlages bei: “Wo werden Sie dieses Buch einsetzen?” Ich möchte an alle Verlage ohne Lektorat zugleich verkünden: ICH VERWENDE DIESE BÜCHER GAR NICHT. Der Bildungsauftrag der Dozenten besteht darin, Studierende vor diesen “Fachbüchern” zu schützen. Wer nicht richtig zitieren kann, sollte lieber nicht schreiben. Wer Kurzliteraturhinweise benutzt, die im Literaturverzeichnis nicht zu finden sind, kann sich die Quellenangabe gleich sparen. Wenn Verlage tatsächlich die improvisierten Grafiken der Autoren gleich abdrucken, ohne diese in die Hände von Grafikern zu geben, dann kann dabei nichts rauskommen. Die Misere ist aber keine, die die Autoren verursachen. Gerade in der Wissenschaft gilt: Verständlich schreiben können die Autoren nur selten. Es gibt Verlage überhaupt nur deshalb, weil das Büchermachen zwangsläufig eine Koproduktion ist: Autoren, Verleger, Lektoren, Vertrieb, Buchhandelsvertreter, Buchhändler. Der ärgerliche Mist, der sich zwischen Buchdeckeln auch ehemals renommierter Verlage findet, bedroht inzwischen die ganze Branche. Diese Druckerzeugnisse unterschreiten von der Form das Niveau von Vordiplomsarbeiten. Hausarbeiten mit einer solchen Zahl an Fehlern, müsste ich mit “mangelhaft” bewerten. Wie soll man mit solchen Büchern lehren? Warum dafür noch Geld bezahlen? Den Verlagen scheint die Gefahr noch nicht bewusst zu sein: Warum sollten Autoren nicht zukünftig einen freien Lektor bezahlen und ein ordentlichen pdf selbst online stellen? Das ist billiger als die Druckkostenzuschüsse und es ist besser im Ergebnis. Nicht das Fernsehen und das Internet bedroht die Buchkultur, sondern Verlage, die “Produktmanager” statt Lektoren beschäftigen. Dabei heraus kommen leider nur schlechte Produkte, aber nicht mehr gute Bücher.
Globales D´accord zum Thema Verlage und Lektoren. Aber von welchem Buch genau (Literaturhinweis!) soll ich die Finger lassen?
Kommentar von Frau Menzel — 10. November 2007 @ 19:45
…und nicht nur das: deutschsprachige Fachbücher werden, bei sinkender Qualität, immer teurer. In den Fächern Biologie, Chemie und Physik beispielsweise steigern sich die Preise mit jeder Neuauflage, ohne dass Nennenswertes an Inhalt dazugekommen wäre. 70, 80, 90 Euro pro Fachbuch sind da keine Seltenheit. Und sollte einem aus Versehen man das eigene Baby eines der Bücher aus dem Schrank räumen, so zerlegen sie sich recht schnell in ihre Einzelbestandteile; anscheinend wird also auch bei der Buchbindung gespart - womöglich, damit man sich dann bald wieder eine Neuauflage zulegt.
Kommentar von Christoph Scherber — 14. November 2007 @ 13:44
sciencegarden wird dieses Thema im nächsten Jahr weiter verfolgen, umfassend darüber berichten und dann auch “Literaturhinweise” geben.
Kommentar von Christian Dries — 15. November 2007 @ 11:41
Die Fachverlage können langsam jeden Mist verlegen, weil sie von den Verkaufszahlen nicht mehr abhängig sind: sie verdienen in manchen Sparten durch die Durckkostenzuschüsse allein. Die Autoren bezahlen den Druck, ob das Buch verkauft wird, ist nicht mehr so wichtig.
Zugleich ist den Autoren das so peinlich, dass sie selbst zusätzlich für ordentliches Layout bezahlen. Bei den freien Grafikern nehmen die Anfragen zu: Bücher ordentlich Setzen, weil der Verlag das nicht machen will. Was spricht noch gegen Onlineveröffentlichung? Jeder hat einen Laserdrucker, die Bindungen gibt es im Copyshop, her muss nur noch ein ordentliches pdf.
Kommentar von Frank Berzbach — 15. November 2007 @ 12:36