sciencegarden Blog

Intellektuelles Wurzelgeflecht in Handbuchform

Gilles Deleuze und Félix Guattari gehören zu den herausragenden französischen Intellektuellen des vergangenen Jahrhunderts. Gemeinsam haben sie den aus der Botanik stammenden Terminus ,Rhizom' in die Philosophie eingeführt, als metaphorischen Gegenentwurf zum klassischen ,Baum' des Wissens. Während die Baumstruktur hierarchisch und dichotomisch ist, jedem Element einen eindeutigen Platz in einem festen Gefüge zuweist und ohne Querverbindungen, Sprünge und Uneindeutigkeiten auskommt, ist das Rhizom eine vielfältig in sich und mit anderen Rhizomen verflochtene, wild wuchernde Struktur von Verästelungen und Knollen.

So ähnlich, wie eine Art Sprossachsensystem, kann man sich die französische Philosophie des 20. Jahrhunderts vorstellen, mit ihren Verflechtungen in Richtung Phänomenologie und Psychoanalyse, den erhabenen Knotenpunkten – der Kaderschmiede École Normale Supérieure oder dem Collège de France –, ihren genialischen Sprösslingen à la Sartre und Foucault und intellektuellen Schattengewächsen wie Marc Richir, Étienne Balibar, Sarah Kofman oder Mikel Dufrenne, die über die Grenzen Frankreichs hinaus nicht mehr Vielen bekannt sind.

In ihrem Autorenhandbuch zur französischen Philosophie des 20. Jahrhunderts haben die beiden Hagener Philosophen Thomas Bedorf und Kurt Röttgers dieses ausgreifende Geflecht nun in eine gleichermaßen benutzer- wie gegenstandsfreundliche Form gebracht. Denn obwohl die Herausgeber ein Theoriefeld mit deutlich identifizierbaren Konturen – Strukturalismus, Dekonstruktion, Diskurstheorie... – ausmachen, wollen sie in erster Linie die "die Vielfalt des französischen Denkens in seiner Breite abbilden", ohne dabei allzu scharfe historische und geographische Grenzen zu ziehen: Neben Nachkriegsautoren finden sich Denker des späten 19. Jahrhunderts; Belgier, Schweizer und vornehmlich auf Englisch publizierende Autoren stehen gleichberechtigt neben Franzosen. Man kann das (alphabetisch gegliederte) Handbuch daher getrost rhizomatisch lesen, von einem Verzweigungspunkt zum anderen. Die insgesamt 98 Artikel namhafter Expertinnen und Experten sind von unterschiedlicher Länge, aber ausnehmend hoher Qualität. Sie geben einen kurzen biographischen Abriss ihres Protagonisten, eine knappe Darstellung der zentralen theoretischen Innovationen nebst Ausblick auf Einflüsse und Umfeld sowie ausgewählte Lektürehinweise. Ein ausführliches Literaturverzeichnis, Begriffs- und Personenregister beschließen den kompakten Band, der den Blick auf "ein theoretisch fruchtbares Jahrhundert" weitet und dazu einlädt, sich tiefer in das französischen Denkgeflecht des 20. Jahrhunderts hineinzugraben.

Thomas Bedorf/Kurt Röttgers (Hg.) 2009: Die französische Philosophie im 20. Jahrhundert. Ein Autorenhandbuch. Darmstadt, 400 S., 79,90 Euro (Preis für Mitglieder der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft: 49,90 Euro).

Die Uni neu gestalten

UniGestalten

Die Universität ist in keinem guten Zustand. Darüber besteht weitgehender Konsens. Doch auch wenn es an Ideen nicht mangelt, wie so Einiges besser gemacht werden könnte, fehlt es oft am Willen zum Neuen.

Eine gute Gelegenheit, den Unialltag neu zu gestalten, bietet nun ein Online-Wettbewerb, den die Junge Akademie und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft veranstalten: Ein Wettbewerb um die besten Ideen, "die den Alltag in Hochschulen durch neue Ansätze und Perspektiven erleichtern und verbessern" sollen. Das Themenspektrum umfasst sämtliche Aspekte zum Leben und Arbeiten auf dem Campus. Aufgerufen sind Studierende aus allen Fachbereichen und Hochschultypen, Alumni, alle Beschäftigten aus Lehre, Forschung. Technik, Verwaltung und Projektpartner aus der Wirtschaft.
Bis zum 15. Dezember 2011 können sie auf dem Wettbewerbs-Portal www.unigestalten.de neue Ideen aufzeigen, diskutieren und weiterentwickeln.

Eine unabhängige Jury bewertet anschließend alle Einsendungen nach feststehenden und durchgängigen Kriterien und prämiert die besten Ideen.
Der Wettbewerb ist mit insgesamt 15.000 Euro dotiert. 5000 Euro Hauptgewinn und 20 weitere Preise warten auf die innovativen Vordenker für den Uni-Alltag.

Akademische Karriere

"Die Beschäftigung mit geistigen Dingen ist mittlerweile selber 'praktisch', zu einem Geschäft mit strenger Arbeitsteilung, mit Branchen und numerus clausus geworden. Der materiell Unabhängige, der sie aus Widerwillen gegen die Schmach des Geldverdienens wählt, wird nicht geneigt sein, das anzuerkennen. Dafür wird er bestraft. Er ist kein 'professional', rangiert in der Hierarchie der Konkurrenten als Dilettant, gleichgültig wie viel er sachlich versteht, und muß, wenn er Karriere machen will, den stursten Fachmann an entschlossener Borniertheit womöglich noch übertrumpfen. Die Suspension der Arbeitsteilung, zu der es ihn treibt, und die in einigen Grenzen seine ökonomische Lage zu verwirklichen ihn befähigt, gilt als besonders anrüchig: sie verrät die Abneigung, den von der Gesellschaft anbefohlenen Betrieb zu sanktionieren, und die auftrumpfende Kompetenz lässt solche Idisynkrasien nicht zu. Die Departementalisierung des Geistes ist ein Mittel, diesen dort abzuschaffen, wo er nicht ex officio, im Auftrag betrieben wird. [...] So ist für die Ordnung gesorgt: die einen müssen mitmachen, weil sie sonst nicht leben könnten, und die sonst leben könnten, werden draußen gehalten, weil sie nicht mitmachen wollen."

Theodor W. Adorno: Minima Moralia (Für Marcel Proust), S. 21f.

Geistige Selbstdisziplin

"Da keine Kategorie, ja selbst die Bildung nicht mehr dem Intellektuellen vorgegeben ist und tausend Anforderungen der Betriebsamkeit die Konzentration gefährden, wird die Anstrengung, etwas zu produzieren, was einigermaßen stichhält, so groß, daß kaum einer ihrer mehr fähig bleibt. Weiter setzt der Druck der Konformität, der auf jedem Produzierenden lastet, dessen Forderung an sich selbst herab. Das Zentrum der geistigen Selbstdisziplin als solcher ist in Zersetzung begriffen."

Theodor W. Adorno: Minima Moralia (Wenn die Bösen Buben locken), S. 30.

Im Steinbruch der Begriffe

Erst kürzlich hat der Hamburger Meiner-Verlag seine Enzyklopädie Philosophie eindrucksvoll generalüberholt. Nun zieht auch der Freiburger Alber-Verlag, wie Meiner seit Jahrzehnten Synonym für exquisite Fachliteratur, nach. Lange schon hatte man die Neubearbeitung des Handbuchs philosophischer Grundbegriffe von Hermann Krings (†), Hans-Michael Baumgartner (†) und Christoph Wild aus den 1970er Jahren angekündigt. Nun ist der Nachfolger jener schlanken grüngrauen Taschenbuchbände aus dem Kösel-Verlag, die bis heute zahllose Studierstuben schmücken, endlich erschienen: blau, dickleibig, dreibändig, mit behutsam aktualisiertem Konzept und gehaltvollen Beiträgen.

Erneut versammeln die Herausgeber – Petra Kolmer aus Bonn und Armin Wildfeuer von der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen – Grundbegriffe, die "anerkanntermaßen zum Grundvokabular der (aktuellen) philosophischen Terminologie gehören". Wieder geht es nicht um letztgültige Definitionen. Schon die Editoren des alten Handbuchs wussten, dass Begriffe, obgleich diskursiv vermittelt, immer auch "von verschiedenen philosophischen Temperamenten" geprägt werden. Das Neue Handbuch offeriert in der Tradition seines Vorläufers daher kein klassisches Lexikonwissen, sondern "will selbst Philosophie bieten", freilich ohne dabei nahtlos an die "rationalistische Orientierung" des alten Handbuchs anzuknüpfen.

Für die Neu-Herausgeber hängt jedes Philosophieren von lebensweltlichen Voraussetzungen ab (denen auch das alte philosophische Staunen, thaumazein, entspringt), von grundlegenden Intuitionen, Leitüberzeugungen und Gedankenmotiven, kurz: vom so genannten Vorverständnis. Auf Grundlage dieser Prämisse – der Einsicht, dass philosophische Reflexion nicht ausschließlich im Medium reiner diskursiver Vernunft zirkuliert – will das Neue Handbuch "Sprachausdrücke" kritisch klären, das heißt im Wittgensteinschen Sinn bestimmen, wie sie gebraucht werden oder gebraucht werden sollten. Neben die "notwendigen Momente" des Begriffs, nach denen das Vorläuferunternehmen primär suchte, treten in der Neuausgabe dessen "Sinnbilder". So sind die 215 neu verfassten Einträge stärker sprachphilosophisch und hermeneutisch ausgerichtet. Man kann, obwohl die Herausgeber sich dem Kantischen Projekt einer Kritik der reinen Vernunft verpflichtet fühlen, auch von einem postnietzscheanischen, vom linguistic turn wie vom Existenzialismus gleichermaßen imprägnierten Nachschlagewerk sprechen – der Verzicht auf "Eindeutigkeitsintentionen" ist Programm und die integrierten Temperamente, Perspektiven und Methoden sind so zahlreich wie die Artikel selbst.

Tatsächlich finden sich darunter 'klassisch' aufgebaute Texte im nüchternen, bisweilen ermüdenden Lexikonstil ebenso wie glänzende Abhandlungen namhafter Autorinnen und Autoren. Der Konzentration auf Grundbegriffe und den weiteren programmatischen Umständen ist manche Auslassung geschuldet. Aber das ist, zumal für ein Handbuch, kein Nachteil. Will man beispielsweise etwas über Urteilskraft erfahren (für die Herausgeber zu Recht kein Grundbegriff), muss man in unterschiedlichen Artikeln – zum Beispiel zu 'Aufklärung' und 'Urteil' von Rainer Enskat bzw. Christian Helmut Wenzel – suchen. Mit anderen Worten: Man sollte selbst bereits philosophische Intuition und mehr oder weniger Vorwissen mitbringen, um im Steinbruch der philosophischen Grundbegriffe erfolgreich zu navigieren. Unter dieser Voraussetzung wird das inspirierende und außerdem unschlagbar preiswerte Neue Handbuch philosophischer Grundbegriffe seinem Vorgänger rasch den angestammten Regalplatz streitig machen.

Petra Kolmer/Armin G. Wildfeuer (2011): Neues Handbuch philosophischer Grundbegriffe. 3 Bände. Freiburg, 2728 S., 120 Euro.

Doppelte Einladung in die Soziologie

Hochschulabsolventen haben, so heißt es, gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das mag für Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieurinnen richtig sein. Für Soziologen sieht die Prognose schon anders aus. Wer sich also für die Wissenschaft von der Gesellschaft entscheidet, muss gute Gründe haben – oder überhaupt erst welche ausfindig machen.
Glücklicherweise herrscht an gedruckten Appetizern respektive einführenden Darstellungen für Studierwillige und Unentschlossene kein Mangel. Zu den herausragenden und insbesondere für Erstsemester empfehlenswerten Orientierungshilfen zählt ein handlicher Band aus dem Campus-Verlag. Der Untertitel ist Programm: Die beiden Herausgeber, Uwe Schimank und Nadine Schöneck, wollen Gesellschaft begreifbar machen, indem sie eine „Einladung zur Soziologie“ aussprechen. Genau genommen sind es dreizehn Einladungen, eingängig formuliert von namhaften deutschsprachigen Soziologinnen und Soziologen, darunter Michael Hartmann, Nicole Burzan, Armin Nassehi und Hartmut Rosa.

Die Autorinnen und Autoren des Bandes geben nicht nur einen kurzen Abriss ihrer jeweiligen Forschungsthemen – von den Dämonen der Beschleunigungsgesellschaft über Gleichheitsfiktionen in Paarbeziehungen bis zur Schlüsselrolle der Sozialpolitik und zum Doping im Spitzensport –, sie erzählen auch, mitunter sehr persönlich, was sie zur Soziologie gebracht hat, was sie an „ihrem“ Fach fasziniert.
Das ist im besten Sinne einladend – und gleichermaßen produktiv verwirrend. Denn nicht immer gehen Studienmotivation und wissenschaftliche Praxis Hand in Hand. Dass die Soziologie davon lebt, Verunsicherungswissenschaft zu sein, lieb gewonnene Gewissheiten und Alltagsüberzeugungen von einer Beobachterperspektive zweiter Ordnung aus in Frage zu stellen, macht der Band auf unterhaltsame Weise deutlich. Er vermittelt so einen ersten Eindruck von der besonderen Qualität soziologischen Denkens. Und er macht Lust auf mehr, allen Arbeitsmarktprognosen zum Trotz.

Wer die Forscherinnen und Forscher hinter den Texten näher kennen lernen will, hat nach der Lektüre des Sammelbands zwei Optionen: Er oder sie kann entweder gleich Soziologie studieren oder erst einmal das Medium wechseln: Im Internet finden sich ausführliche Viedeointerviews mit allen Protagonisten - eine zweite Einladung, der man ebenso gerne Folge leistet wie der ersten.

Uwe Schimank/Nadine M. Schöneck (Hrsg.) 2008: Gesellschaft begreifen. Einladung zur Soziologie. Frankfurt/M., 195 S., 18,90 Euro (auch als E-Book für 15,99 Euro erhältlich).

«Die Mauer». Von allen Seiten

Buchcover Die Mauer

Müsste man einem entsprechenden Werk weniger als „großen Facettenreichtum“ bescheinigen, Verlag und Herausgeber hätten grundlegend etwas falsch gemacht. Tatsächlich schafft es Herausgeber Klaus-Dietmar Henke mit „Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung“, das geschichtsträchtige Bauwerk von allen Seiten zu beleuchten. Der bei dtv-Premium erschienene Band umfasst auf 468 Textseiten 29 Aufsätze, deren Spannweite von der weltpolitischen Einordnung über die Deutschlandpolitik in West und vor allem auch in Ost und die Kunst bis hin zur Erinnerungskultur reicht.

Dass „die Mauer“ eigentlich gar keine  Mauer war, erfährt der Leser gleich im einführenden Aufsatz des Herausgebers. Mit der bedeutenden Rolle des „Mauer“-Topos, um den es eigentlich geht, setzt sich Leo Schmidt auseinander. So waren es nicht zuletzt Überlegungen zur Außenwirkung, die die DDR-Spitze dazu brachten, statt der praktischeren Drahtsperren eine Mauer zu errichten – als „Symbol für Entschlossenheit – und auch für eine Dauerhaftigkeit, die zu diesem Zeitpunkt aber noch keineswegs beschlossene Sache war“, wie er darlegt. In der westlichen Welt hingegen sei die Mauer-Ikonographie mehr von dem Gedanken an ein Instrument zur Freiheitsunterdrückung verknüpft gewesen. Das von Schmidt erwähnte Foto des Unteroffiziers Conrad Schumann, der mit einem kräftigen Sprung den Stacheldraht überwindet, ist mir aus meinem eigenen, westdeutschen Geschichtsbuch geläufig.

Mehr als nur eine Ergänzung zu Schmidts Auseinandersetzung mit der bildlichen Sphäre ist die Gegenüberstellung der sprachlichen und medialen Stilisierungen der „Mauer“ in West und Ost durch Elena Demke. So lernt man als Nachgeborene, dass parallel zur leicht durchschaubaren Rede vom „antifaschistischen Schutzwall“ in der DDR in Westdeutschland mit ähnlicher Vehemenz die Figur des „Ulbricht-KZs“ bemüht wurde – und dies durchaus im Bewusstsein des vollen Bedeutungsumfangs. Demke erörtert aber auch, inwiefern der „antifaschistische Schutzwall“ die Fortführung der kommunistischen Ideologie und somit mehr als eine Augenblicksbildung war. Schließlich galt die Abschottung nach außen seit der Abkehr Lenins vom weltweiten Kommunismus-Export als probates Mittel beim „Aufbau des Kommunismus in einem Land“ – und alle Gegner dieses Vorhabens als „Faschisten“.

Damit ist Demkes Beitrag anschlussfähig an andere in dem Sammelband, die sich anstelle der Symbolik unmittelbar mit den ideologischen, vor allem aber den realen Hintergründen des Mauerbaus und der deutschen Teilung in der DDR auseinandersetzen. So macht Michael Kubina in seinem Beitrag „Die SED und ihre Mauer“ den ideologischen Hintergrund des Mauerbaus explizit, wenn er die Mauer als „Gefängnismauer zur Rettung des sozialistischen Experiments“ bezeichnet. Mit einer ausführlichen Erörterung verbindet er Ulbrichts Rechtfertigung für den „antifaschistischen Schutzwall“ mit Rosa Luxemburgs Menetekel von „Sozialismus oder Barbarei“. Beide seien von der Überzeugung gestützt, dass „Marxisten-Leninisten über die einzig ‚wissenschaftliche Weltanschauung‘ verfügen“. Die Umdeutung aller Vorteile des Westens in Chimären und Lockmittel verwundert vor diesem Hintergrund nicht.

Noch tiefer ins Innerste der DDR-Ideologie und vor allem der aus ihr resultierenden Politik dringen Thomas Lindenberger und Gerhard Sälter vor. Während Lindenbergers Aufsatz argumentativ brillant und in den Fakten detailreich nachzeichnet, welche alltäglichen Begrenzungen die mauergesicherte sozialistische Gesellschaft mit sich brachte, erörtert Sälter mit der gebotenen Nüchternheit, wie die SED Zivilisten – Verwaltungsmitarbeiter, Vorgesetzte und weitere – „gegen den inneren Feind mobilisiert[e]“. Das Ergebnis war, wenn auch von vielen DDR-Bürgern durchschaut und von nicht wenigen boykottiert, in Sälters Worten ein „ubiquitäres Grenzregime“. Gemeint ist damit nichts anderes als der berüchtigte Überwachungsstaat, den der Autor hier in den Kontext einer vom Regime gewollten Erziehung der Bürger zum Sozialismus im „geschützten Raum“ stellt.

Wenn auch niemals entschuldigend, so wecken viele Beiträge in „Die Mauer“ doch Verständnis – immer im Sinne intellektueller Nachvollziehbarkeit – für die Handlungen der DDR-Führung. Vertreten sind in dem Band außerdem zeitgeschichtliche Beiträge klassischen Inhalts, namentlich die Einordnung in das weltpolitische Geschehen durch Michael Lemke und die Erörterung der Rolle der DDR und Ulbrichts – ihrer Absichten und Handlungsspielräume – durch Manfred Wilke. Diese Aufsätze sind aber, wohl wegen ihrer Informationsdichte und impliziten Verknüpfung mit einem weiteren historischen Horizont, die am schwersten lesbaren des gesamten Bandes. Äußerst empfehlenswert, da ebenso komplex, aber mit einem Schuss Agenten-Thrill ausgestattet, ist dagegen Daniala Münkels Aufsatz „CIA, BND, MfS und der Mauerbau“. Wie es der Titel verspricht, geht es hier um die Einschätzungen der jeweils anderen Seite durch die Geheimdienste – und das gegenseitige Wissen um diese Einschätzungen. Dabei sticht auch anhand der quellengesicherten Fakten die gute Vernetzung und der leichtfüßige Zugang der Staatssicherheit zum Westen heraus, neben den Agenten, die für beide Seiten unvermeidlich die Bühne betreten. Aufschlussreich auch, dass die Regierungen selten auf ihre Spionagetruppen hörten – und sich nach außen unwissender gaben, als sie tatsächlich waren.

Die »Mauerkunst« eingerechnet, behandeln gleich sieben Beiträge den Umgang mit Mauerrelikten von der Wendezeit bis heute. Dass dieses Thema bis heute ideologische Kontroversen und schwer zu überbrückende Interessenkonflikten hervorruft, stellt Konrad H. Jarausch im Hinblick auf den ehemaligen Alliierten-Übergang „Checkpoint Charly“ in der Berliner Friedrichstraße kurz und bündig dar. Die volle Wucht der Auseinandersetzung um das richtige Gedenken, aber vielmehr noch um dessen Stellenwert gegenüber den praktischen Bedürfnissen von Anliegern, schildern Gabriele Camphausen und Manfred Fischer in „Die bürgerschaftliche Durchsetzung der Gedenkstätte an der Bernauer Straße“. Der im Stil eines Berichts verfasste Beitrag lässt die Turbulenzen geradezu spüren, die jeder Vorstoß der Bürgerinitiative, jeder offenen Brief eines Bundespolitikers und letztlich auch die Freigabe der benötigten Gelder durch die Politik verursachte. Die Erinnerungskultur scheint damit zurecht ein besonderes Anliegen des Herausgebers von „Die Mauer“ zu sein.

Alles in allem ist dem dtv mit „Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung“ ein vielfältiges, in seinen Einzelbeiträgen fundiertes Sammelwerk gelungen. Die Beiträge sind nicht strikt nach inhaltlichen Gesichtspunkten angeordnet, und aufgrund der hohen Informationsdichte und der Bandbreite des Gesamtwerkes empfiehlt es sich, seinen Inhalt in maßvollen Portionen zu genießen. Beiträge wie »Mauerkunst« und „Mauerrelikte“ bieten unter anderem Anhaltspunkte, sich vor Ort vertieft mit der Mauer und den mit ihr assoziierten Themen auseinanderzusetzen. Ansonsten eignet sich der Sammelband als Geschichtslektüre, die weit über das gewohnte Themenspektrum von Berlinblockade und Blöcke-Konfrontation hinausgeht, und in dieser schillernden Pose zu überzeugen weiß. Die Mauer. Von allen Seiten.

Weltzustand Fukushima

In seinen "Thesen zum Atomzeitalter" von 1959 zieht der Philosoph, Literat und Essayist Günther Anders (1902-92) einen ungeheuren Vergleich: Die Drohung mit der Atombombe sei totalitär, sie verwandele die ganze Erde "in ein ausfluchtloses Konzentrationslager" - weil sich der atomare Fallout im Ernstfall nicht an Ländergrenzen halte und die Vernichtungskapazität der weltweit existierenden Bombenarsenale jede Zweck-Mittel-Relation sprenge. In der kettenreaktiven Logik von Erstschlag und Zweitschlag bedeutet das nichts anderes als: "Jeder kann jeden Treffen, jeder von jedem getroffen werden."

In diesem Sinn markierte der 6. August 1945 - der Tag des Abwurfs der ersten Atombombe - für Anders eine Epochenzäsur: "Hiroshima als Weltzustand". Seit diesem Tag sei die Menschheit in der Lage, sich selbst auszurotten; eine irreversible 'Fähigkeit', die in totaler Ohnmacht mündet.

Wie Recht der oft als enervierender Schwarzmaler attackierte Anders mit seiner frühen Warnung vor der Atomtechnik hatte - in die er ausdrücklich auch die 'friedliche Nutzung der Kernenergie' einbezog -, demonstrierte einer tatsächlich ohnmächtigen Weltgemeinschaft einmal mehr die Reaktorhavarie von Fukushima. Wieder ist eine jener "nuklearen Zeitbomben mit unfestgelegtem Explosionstermin" (Anders) in die Luft geflogen. Und wieder ist die Weltgemeinschaft, bis auf eine Ausnahme, rasch zur atomaren Tagesordnung zurückgekehrt. Günther Anders hätte in diesem Fall gewiss "Apokalypseblindheit" diagnostiziert.

Doch nicht nur als Vordenker der Anti-Atom-Bewegung, auch als kritischer Theoretiker der Moderne, als Medienphilosoph avant la lettre, Dichter und Tagebuchschreiber ist Günther Anders bis heute immer noch ein lesens- und bedenkenswerter Autor. Wer ihn näher kennen lernen will, kann neben seinen Schriften aus dem Beck-Verlag nun auch wieder auf ein aus aktuellem Anlass bei Diogenes neu aufgelegtes Lesebuch zurückgreifen, darin ausgewählte atom- und fernsehkritische Texte, zahlreiche philosophische Fabeln und Aphorismen, Auszüge aus Tagebüchern sowie Günther Anders' Briefwechsel mit dem als 'Hiroshima-Pilot' in die Geschichte eingegangenen Claude Eatherly, abgerundet von einem Interview aus dem Jahr 1979.

Günther Anders: Die Zerstörung unserer Zukunft. Ein Lesebuch. Herausgegeben von Bernhard Lassahn. Zürich 2011, 352 S., 10,90 Euro.

Zweierlei Maß

Gewollt oder ungewollt, werden wir Einwohner Deutschlands derzeit Zeugen von Entscheidungen, die sich im Rückblick als historische Weichenstellungen herausstellen könnten: So wurde am vergangenen Freitag in Brüssel der Euro ein weiteres mal "gerettet". Griechenland wurden 109 Milliarden zugesprochen, der Währungs-Schutzschirm EFSF soll nun ausgebaut werden. Damit bröckelt der Damm immer mehr, der die "Währungsunion ohne politische Einheit" davor schützte, mit dem Einkommen der besser gestellten Staaten für die teils desolaten Haushalte des Rests einzuspringen. Bundeskanzelerin Merkel kommentiert laut Spiegel online lapidar: "Was wir in diesen Zeiten für Europa und den Euro aufwenden, das bekommen wir auf ein Vielfaches zurück."

Auf der anderen Seite steht nun seit dem 7. Juni dieses Jahres fest: Deutschland steigt aus der Nutzung der Kernenergie aus. Eine Entscheidung, die nicht nur wegen Fukushima längst überfällig war. Schließlich war sie am 14. Dezember 2001 schon einmal gefällt worden. Der "Ausstieg aus dem Ausstieg" durch Schwarz/Gelb dürfte wohl als einer der schlimmsten Siege des Lobbyismus gegen etablierte demokratische Entscheidungsverfahren in die Geschichte eingehen. Von denselben Politikern und weitergetragen von denselben Medien wie die Euro-Berichterstattung ist aber zur so genannten Energiewende vor allem Folgendes zu vernehmen: Sie wird Geld kosten - jeden Einzelnen, klar, und dann auch noch die Volkswirtschaft als Ganze!

Nun befürchte ich, dass die Mathematiker und Volkswirte recht haben, wenn sie prophezeien, dass wir alle für den Traum von nachhaltigen Strom tiefer in die Tasche greifen müssen. Tiefer auch als die 10 Euro pro Monat, die wir laut Umfragen beizutragen bereit sind. Aber sind wir nicht auch das Land mit der Technologieführerschaft in diesem Bereich? Und exportieren wir deshalb nicht jetzt und in Zukunft zahlreiche Ökostrom-Anlagen? - Dann bekommen wir das doch auch auf ein Vielfaches zurück. Oder wir messen mit zweierlei Maß!

Plaudern mit Plutarch

Um die Griechen steht es schlecht. Krise allüberall. Auch das antike Erbe ist in keinem guten Zustand. Obwohl kaum ein deutscher Satz ohne altgriechische Immigranten auskommt – „Ist doch logisch!“, „Wie lange hat die Apotheke geöffnet?“, „Technik macht’s möglich“, „Coole Grafik“, „Unsere Politiker sind doch alle Idioten...“ etc. pp.* –, beherrschen immer weniger Menschen die Sprache der Illias und der Odyssee. Der Zugang zu jener schier unerschöpflichen Quelle, aus welcher unsere Kultur bis dato schöpft, scheint heutigen Generationen zunehmend verschlossen. Kein Wunder, möchte man einwenden, steht das Altgriechische doch in dem schlechten Ruf, selbst Lernbeflissenen besonders hohe Hürden zu setzen. Davon abgesehen hat es für die polyglotte Generation Facebook wenig Nutzwert. Smalltalk-tauglich ist die Zunge Homers und Aristoteles’ jedenfalls nicht.

Christophe Rico dürfte das ein wenig anders sehen. Zusammen mit Emmanuel Vicart, Paul Morales und Daniel Martinez hat der Gräzist und Grammatikdozent ein Lehrbuch für Altgriechisch-Kurse und Selbstlerner entwickelt, das die sogenannte Koiné, das „allgemeine Griechisch“ (3./2. Jahrhunderts vor Chr. bis 3./5. Jahrhundert nach Chr.), so vermittelt, als handelte es sich um eine moderne – lebende – Fremdsprache.

Auf knapp 170 Seiten begegnen dem Eleven in Ricos Lehrwerk mit dem programmatischen Titel Polis zehn unterschiedliche Charaktere, in der Regel selbst Schüler oder Lernende, die statt seitenlanger Deklinationstabellen mehr oder weniger realistische Sprechsituationen mit alltagstypischem Vokabular offerieren. Die beigefügte Audio-CD ermöglicht zu Beginn einer jeden der insgesamt zwölf Lektionen das aus dem Fremdsprachunterricht bekannte „Einhören“. Erst danach erfolgt die (stille) Textarbeit. Grammatik-Übersicht, Übersetzungsteil und ein Lexikon mit Beispielsätzen runden den Band ab.

Wer ihn durcharbeitet, gewinnt ein elementares Verständnis des Altgriechischen und ist, so verspricht der Autor, nach zwei Jahren kontinuierlicher Übung in der Lage, einfache erzählende Texte auch ohne Lexikon zu lesen. Komplexere grammatische Phänomene wie Konjunktiv, Plusquamperfekt und Partizipien sind weiteren, geplanten Folgebänden vorbehalten. Fazit: Scheut man die Mühen der Ebene nicht (und ist man gewillt, den üppigen Preis von 42 Euro zu bezahlen), bieten Rico und Co. einen gleichermaßen intelligenten wie unterhaltsamen Einstieg in den Sprachkosmos der alten Griechen.

Christophe Rico (2011): Polis. Altgriechisch lernen wie eine lebende Sprache. Aus dem Französischen übertragen von Helmut Schareika. Hamburg, 301 S., 42,00 Euro.

*Einen informativen Überblick bietet das Buch von Friedrich Wolff und Otto Wittstock: Latein und Griechisch im deutschen Wortschatz.

Kölner Nacht der Technik am 17. Juni

Am 17. Juni 2011 findet in Köln von 18 bis 24 Uhr die 3. NACHT DER TECHNIK statt.
Auch dieses Jahr präsentieren Unternehmen, Wissenschaftsinstitutionen und Bildungseinrichtungen gemeinsam ein weites Spektrum technischer Verfahren mit einem umfangreichen Programm aus Führungen, Präsentationen, Experimenten
und interaktiven Aktionen.

Die Fachhochschule Köln als wissenschaftliche Klammer und als Gastgeber für viele
weitere Unternehmen bietet ein breites Angebot – von Architekten-Workshops zum Thema Hochhausbau und Fußballspiele mit Kickrobotern über Computersimulationen aus der Autoindustrie oder die Überwachung von Kläranlagen.

Mit dem Bereich der Medizin eröffnet die Nacht der Technik in diesem Jahr ein zusätzliches Themenfeld. Die Augenklinik am Neumarkt demonstriert eine Laseroperation an einem Gummibärchen und Hörakustik Köttgen gibt Einblicke in
die Labore und Werkstätten, in denen moderne Hörgeräte angepasst werden. Vertreten sind über 40 Unternehmen, Wissenschaftseinrichtungen und Institutionen in den Bereichen Energie / Umwelt, Kommunikation / Medien, Produktion, Sicherheit, Unterhaltung, Verkehr / Logistik und Wissenschaft / Medizin / Bildung.

Tickets für die 3. Nacht der Technik sind im Vorverkauf über die KölnTicket Vorverkaufsstellen sowie online für den Preis von 13€/8€ ermäßigt inkl. dem VRS- Ticket zur An- und Abreise erhältlich. Für Spontanentscheider halten die Abendkassen im ADAC-Truck am Neumarkt, bei der DB im Gladbacher Wall, der Häfen und Güterverkehr Köln, der RheinEnergie AG und der Fachhochschule Köln noch weitere Tickets bereit. Die Abendkassentickets kosten 12€/7€ ermäßigt. Damit die Eindrücke und Erlebnisse des Abends nicht allein im Raum stehen bleiben, lädt die Fachhochschule alle Besucher ab 23 Uhr zum Austausch und Abschlussfeier auf den Campus Deutz ein.

Weitere Information findet sich unter:  http://www.nacht-der-technik.de/

 

Ökosysteme: Warnung vor dem Kollaps

2005 machte Jared Diamond mit einem populärwissenschaftlichen Buch Furore. Dessen Titel: Kollaps - warum Gesellschaften überleben oder untergehen. An einem Dutzend Beispielen - von Grönland bis zu den Osterinseln - führt Diamond vor, wie gerade stolze, vergleichsweise entwickelte Gesellschaften Opfer ihrer Umwelt werden. Dabei braut sich hinter dem Rücken der Betroffenen ein ökologisches Donnerwetter zusammen. Werden Warnzeichen offensichtlich, ist es in der Regel zum gegensteuern zu spät - der Kollaps nimmt seinen Lauf.

Einen kleinen Lichtblick könnten jetzt die Ergebnisse einer von der National Science Foundation geförderten Studie aus den USA in das finstere Szenario bringen. Das Forscherteam ging dabei in zwei Schritten vor: Zunächst wurden Raubfische in das Ökosystem eines Sees eingebracht. Diese verursachten "augenblicklich Angst" bei den kleineren Fischen im See, wie die Forscher feststellen. Diese wagten sich immer weniger vom schützenden Ufer weg und jagten somit immer weniger Wasserflöhe. Dies wiederum führte zu einer stark schwankenden Menge an Phytoplankton - der Nahrung der Wasserflöhe - in dem See.

Diese Beobachtung war Ausgangspunkt für den zweiten Schritt der wissenschaftlichen Arbeit. Mit mathematischen Methoden wies ein Wirtschaftswissenschaftler nach, dass sich kurz vor dem Kollaps auch andere Messwerte des Sees untypisch verhielten. Diese Unregelmäßigkeiten wertet das Forscherteam als Warnzeichen, deren Beachtung rechtzeitiges Gegensteuern und damit eine Rettung für bedrohte Ökosysteme ermöglichen könnte.

Allerdings hat die Sache einen Haken: Große Datenmengen müssten über das betreffende Ökosystem gesammelt und laufend ausgewertet werden.

Quelle: http://www.innovations-report.de/html/berichte/umwelt_naturschutz/a_tale...

Kein Sexappeal

Cover Come in and burn out

Um ein Buch zu empfehlen oder von ihm abzuraten, muss die Rezensentin zunächst eines: herausfinden, an wen es sich wendet. Doch damit fängt das Problem bei „Come in and burn out“ bereits an. Das Buch aus dem dtv-Verlag wird im Untertitel als „Denglisch Survival-Guide“ beworben. Es soll also einer des Denglischen nicht mächtigen Leserschaft helfen, sich im Nebel der Sprachvermischung und -verwirrung zurechtzufinden. Und weil diese Aufgabe ja banal erscheinen könnte, teilen die Autoren Jan Melzer und Sören Sieg das vonihnen zu bearbeitenden Territorium in 15 Dialektgebiete auf – vom Teenie-Denglisch („Checker chillen“) über Business- („Broker traden“) und Politik-Denglisch („Spindoctors committen“) bis hin zum Everyday-Denglisch (People smsen). So weit, so witzig.

Die Kapitel zu den einzelnen „Dialekten“ sind in sich jeweils aufgebaut wie ein Sprachführer: auf die „Schlüsselbegriffe“, die
offenbar verinnerlicht haben muss, wer in der beschriebenen Subkultur punkten möchte, folgen Grund- und Aufbauwortschatz sowie eine „Konversationshilfe“. Wenn Hunderte Stichworte mit Lautschrift versehen, einem Eintrag wie ‚chillen‘ fünf „Übersetzungen“ mitsamt Beispielsatz zugeordnet sind und die Konversationshilfen mal trocken à la „Jugendliche beherrschen die Kunst der fast nonverbalen Konversation in Vollendung. […] Das Wesentliche bleibt ungesagt, vermittelt sich aber trotzdem.“
und mal parodistisch wie beim Aufblasen eines normalen Telefonats ins Business-Denglische daherkommen, fühlt man sich zunächst gut unterhalten.

Zumindest die Freude an der Beobachtungsgabe und wohl auch dem
Einfallsreichtum der Autoren bleibt auch beim Weiterlesen bestehen. Zumal die Autoren ihren Definitionsparodien bei Einträgen wie „bad bank“ eine beachtliche Dosis kabarettistischer Bissigkeit beimischen. Aber die Wiederholung der immer gleichen Leier, das Springen von Stichwort zu Stichwort und das damit
verbundene Einlesen in Mini-Texte, deren Ende den Lese-Flow alle paar Sekunden jäh unterbricht, mögen kein anhaltendes Vergnügen aufkommen lassen.

An dessen Stelle zwängt sich die zu Anfang bereits gestellte
Frage durch die Lücken im Lesefluss: Wer soll „Come in and burn out“ lesen und warum? Im Vergleich zu den Veröffentlichungen Bastian Sicks fehlen den Parodien von Melzer und Sieg der unmittelbare Realitätsbezug und der teilweise kreischende
Humor, den wohl nur das wirkliche Leben produzieren darf. Als Stilschule – die es wohl auch nicht sein will – reicht „Come in and burn out“ nicht heran an die von Wolf Schneider mit all seiner Autorität kommentierten Pannen der versammelten schreibenden Zunft. Und als populärwissenschaftliches Werk zum Sprachwandel und anderen linguistischen Phänomenen würde der wirklich interessierte Laie wohl eher Dieter E. Zimmers „Deutsch und anders“ in die Hand
nehmen.

So bleiben als Leserkreis diejenigen übrig, die wirklich
einfach nur wissen möchten, was ein „Shit point“, ein „Booker“ ist oder ein „Longseller“ ist. Wobei das immer noch die Frage offenlässt, ob wir diesen Wortschatz nurpassiv, also zur Verteidigung gegen eine Denglisch sprechende Übermacht, oder
aktiv zum Haus- und Businessgebrauch lernen sollten. Das Autorenteam wusste die Antwort auch nicht, und hat stattdessen je ein lesenswertes Schlussplädoyer „pro“ und „contra“ verfasst. Leider nicht, ohne zuvor in seiner „Sehr kurzen Theorie
der Denglifizierung“ eine maximale Anzahl von Theorien zum Sprachwandel falsch in Anschlag gebracht zu haben. Lesen? – Hineingucken, herausfinden!

Japaner nach Sachsen-Anhalt: Erste Übersiedler kommen in 2 Wochen

 

Aufgrund der sich verschärfenden Situation im Umkreis des havarierten Automreaktors Fukushima Daiichi hat die Bundesregierung ein großangelegtes Aussiedlungsprogramm angekündigt. Interessierte Bewohner Japans könnten sich ab sofort um einen Wohnsitz in Sachsen-Anhalt bewerben, so ein Sprecher. Nach Rücksprache mit dem alten und neuen Ministerpräsidenten des Landes, Wolfgang Böhmer (CDU) sei es gelungen, sowohl Wonungen als auch Baugrundstücke in dem Land kostenlos zur Verfügung zu stellen. Böhmer erhofft sich davon laut Presseerklärung einen "Aufschwung für die regionale Wirtschaft" und eine "kulturelle Bereicherung".
Die ersten japanischen Übersiedler werden Mitte April am Flughafen Halle/Leipzig erwartet.

Fukushima: Hintergründe und Aktuelles

Beim vom SAGE-Verlag unterstützten "Bulletin of Atomic Scientists" gibt es regelmäßig fundierte Hintergrundinformationen zur zivilen und militärischen Nutzung (bzw. dem angestrebten Bann) der Atomenergie. Außerdem berichtet ein Beobachter täglich aktuell über die Lage in Fukushima - allem Anschein nach ohne das inzwischen zur Phrase verkommene "kur vor der Kernschmelze":

http://www.thebulletin.org/

Wer bereit ist, kostenlos Probemitglied der SAGE-Online-Plattform zu werden, kann sich außerdem eine Analyse Michael Gorbatschows und weiterer Experten 25 Jahre nach Tschernobyl herunterladen:

http://bos.sagepub.com/content/67/2.toc

backprinttop

Newsfeeds

DFG Science TV

Blog-Archiv

November 2011
Mo Di Mi Do Fr Sa So
31 1 2 3 4 5 6
7 8 9 10 11 12 13
14 15 16 17 18 19 20
21 22 23 24 25 26 27
28 29 30 1 2 3 4
Add to Technorati Favorites

Mitmachen

Anzeige