Die meisten Seminarräume, an die ich mich erinnere, atmeten nicht den Muff von tausend Jahren, allerdings den von wenigstens dreißig. Schon als Grundstudent lernte man, dass in diesem Land kein Geld mehr vorhanden ist, um seine Akademiker in menschenwürdigen Räumen unterzubringen. Verfallene Außenfassaden, bröckelnde sanitäre Anlagen und Assistenten, die sich ihr Büro zu zweit oder zu dritt teilen, sind nichts Außergewöhnliches.
Einst spiegelte sich das hohe gesellschaftliche Ansehen der Universität in ihren Bauten. Freiburg, Bonn, erst recht Berlin oder München zeugen heute noch durch ihre Schloss- bzw. schlossartigen Bauten von diesem längst vergangenen Geist. Lassen die heutigen Hochschulbauten und ihr erbarmungswürdiger Zustand umgekehrte Rückschlüsse zu? Dies steht zu befürchten.
Zugegebenermaßen geben sich nun seit der sogenannten “Exzellenz-Initiative” (in der Hoffnung auf ungekannte Geldsegen) einige Universitäten bauliche Mühen, auch ihr äußeres Erscheinungsbild aufzupolieren. Bislang sind das aber eher potemkinische Dörfer. Versammlungsräume für Studenten - an jeder britischen Universität eine Selbstverständlichkeit - gibt es in Deutschland nicht. Einen Salon für die Dozenten, in dem sie mal miteinander und nicht nur übereinander reden? Fehlanzeige. Der deutschen Universität fehlen Räume zur Kommunikation.
Daher ist es mehr als begrüßenswert, dass das Fraunhofer-Institut vom 27. - 28.11.2007 unter dem Titel Räume für Wissensarbeit - Zukunftsweisende Architektur für die Wissensgesellschaft in Dresden eine Konferenz ausrichtet, in deren Mittelpunkt solche und ähnliche Fragen stehen werden. Hoffentlich unter Teilnahme zahlreicher Rektoren, Hochschul- und Finanzpolitiker!
An vielen Instituten gibt es nicht mal richtige Aufenthaltsräume.
Ich erinnere mich, dass wir damals in Bonn zum Kaffee trinken in den Keller gingen. Ja, das war auch einer dieser sehr repräsentativen Bauten. Den Pharmazeuten in Bonn wurde erst dann eine neue Decke spendiert, als die auf einmal runter kam. Die Chemiker hatten ihre Fenster teilweise mit Brettern vernagelt, was mich als Erstsemester ziemlich schockierte. Da sieht man doch direkt, was man als Wissenschaftler wert ist.
In Köln kam in meinem alten Institut während einer Besprechung im Zimmer des Institutsleiters die Decke runter. Zum Glück saß er nicht an seinem Schreibtisch, sondern ein paar Meter weiter am anderen Tisch.
Dann vor kurzem der Wasserskandal an der Uni Köln. Legionellen im Warmwasser sind schon schlimm genug. Aber Schwermetalle?
Wir könnten mit heruntergekommenen Gebäuden leben, auch wenn wir uns regelmäßig fremdschämen, wenn Kollegen aus Stanford zu Besuch kommen.
Aber wenn man anfängt, um Leben und Gesundheit zu fürchten, ist das Maß wirklich voll.
Kommentar von planeten — 23. November 2007 @ 14:22
Zu diesem ärgerlichen Themen hatte ich sogar einmal mehr Zeichen zur Verfügung:
http://sciencegarden.de/meinung/200106/sxtrategie/strategie_wissen.php
Kommentar von Frank Berzbach — 23. November 2007 @ 18:47