Lehre

Über die Lehrsitutation an deutschen Unis

Im Online-Magazin TELEPOLIS geht heute Thomas Stegemann der Frage nach, wie es mit der Lehrsituation an den deutschen Universitäten nach dem Bologna-Prozess bestellt ist. Er stellt dabei fest, dass die Lehrdeputate zwar endlich erhöht würden, dies aber neue Risiken berge. Die Einheit von Forschung und Lehre könnte dabei schließlich ganz auf der Strecke bleiben.

Erst unterrichten, dann Karriere machen

Was in den USA bereits eine Erfolgsgeschichte ist, soll nun auch in Deutschland Früchte tragen. Die Rede ist nicht vom größten Konjunkturpaket aller Zeiten, das der neu gewählte amerikanische Präsident in atemberaubender Geschwindigkeit soeben geschnürt hat. Gemeint ist ein Programm, in dem hochqualifizierte Uni-Absolventen zwei Jahre lang Karriereaskese üben und als Hilfslehrer an so genannten Brennpunktschulen unterrichten. Dort, wo Kinder nicht nur von einem schlechten Startplatz aus ins Klassenzimmer strömen, sondern auch kaum Aussicht auf gesellschaftliche Anerkennung und Beschäftigung haben, von Bildung ganz zu schweigen.

"Teach First Deutschland" nennt sich die von namhaften Firmen und Institutionen geförderte Initiative, die diese düsteren Perspektiven von zwei Seiten aus aufbrechen will: Indem sie benachteiligte SchülerInnen durch zusätzliche Spitzenlehrkräfte motiviert (was in den Mutterländern der Idee, den USA und England, nachweislich gelingt), aber vor allem, indem sie die Elite-Praktikanten, die nach zwei Jahren auf Posten in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik wechseln, durch ihren Einsatz für die bildungspolitischen Belange der SchülerInnen sensibilisiert.

Wer sich jetzt für diesen lehrreichen Umweg entscheiden und bei Teach First bewerben will, findet auf der übersichtlichen Webseite ausführliche Informationen.

Die langsame Erosion Bolognas

Die zur Lernfabrik verkommene deutsche Universität produziert unter Lehrenden und Studierenden mehr Frust als Abschlüsse, nur Widerstand regt sich in bemerkenswerter Weise kaum. Ist es die Angst, nach dem Juniorprofessor nicht weiter beschäftigt zu werden? Die Studierenden haben wahrscheinlich aufgrund ihrer überfrachteten Stundenpläne weder Zeit zu protestieren, noch über die misslichen Zustände ihres Daseins nachzudenken. Denn: Die nächste Prüfung ist schon übermorgen.Da bleibt einem nur der Weg in die innere Emigration oder man versucht sein Glück außerhalb Deutschlands - vielleicht traut man dort Studenten intelligentere Dinge zu, als nur Stundenpläne zu organisieren und vorgefertigte Lehrinhalte auswendig zu lernen. Einen mutigen Schritt tat in diesen Tagen der Mainzer Theologieprofessor Marius Reiser: Er hat sein Demissionsschreiben beim rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministerium eingereicht. Seine vielfältigen Beweggründe, die sich stets auf den hier bereits mehrfach kritisierten Bologna-Prozess beziehen, legt er in einem Schreiben an seine Universität und das rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerium dar, das in der FAZ nachzulesen ist. Mit dem Demissionsgesuch zieht er die Konsequenzen aus der Berufsverschulung der Universität.

Nida-Rümelin: Bologna gescheitert!

Zu Beginn waren es vor allem die Studenten, die gegen "Bologna", das größte Umbaupprojekt der europäischen Hochschullandschaft, protestierten. Ihr Protest wurde, wie so oft, nicht gehört.

Jetzt liegt das junge Kind im Brunnen, kaum dass es die Geburtsklinik verlassen hat - und nun kommt die Kritik auch aus anderen Etagen. So erklärt heute Ex-Kulturstaatssekretär und Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Online) den Bologna-Prozess schlicht für gescheitert. Endlich!

Bleibt nur zu hoffen, dass man auf den Trümmern der "Reform" noch einmal neu anfangen kann. Aber bitte nicht mehr à la Bolognese!

Lehre lernen

Im Jahr 2001 gründete das Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg, in dessen Hoheitsbereich so viele Eliteunis liegen wie in keinem anderen Bundesland, das HochschulDidaktikZentrum HDZ. Seit diesem Jahr wird es von den beteiligten neun Universitäten, darunter Freiburg, Stuttgart und Karlsruhe, selbst getragen. Insbesondere junge Lehrende, aber auch arrivierte Professoren (die es häufig nötiger haben...), können dort in einzelnen Veranstaltungen oder in einem berufsbegleitenden Kurs von zwei bis drei Jahren Dauer lernen, wie man eine gute Prüfung abhält, einen spannenden Vortrag hält oder ein Team führt. Dass gute Lehre und gut geschulte Lehrende zur akademischen Exzellenz gehören, spricht sich inzwischen - zum Glück! - immer mehr herum. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik e.V. und auf hochschuldidaktik-on-line.

Verlage bedrohen die Buchkultur

In meinem Briefkasten lag heute kostenfrei ein Buch, das mir der Verlag zusendet mit der Bitte, Feedback zu geben. Verlage wenden sich an Dozenten, weil die Multiplikatoren sind. Das ist gängig und kein Problem. (Warum sollen nur Journalisten Bücher geschenkt bekommen?) Aber langsam platzt mir der Kragen: Gerade die Fachverlage schaffen ihre Lektorate ab, und was man dann zu lesen bekommt, das ist von seiner Form und Stilistik katastrophal. Nun liegen diesen Büchern Fragebogen des Verlages bei: "Wo werden Sie dieses Buch einsetzen?" Ich möchte an alle Verlage ohne Lektorat zugleich verkünden: ICH VERWENDE DIESE BÜCHER GAR NICHT. Der Bildungsauftrag der Dozenten besteht darin, Studierende vor diesen "Fachbüchern" zu schützen. Wer nicht richtig zitieren kann, sollte lieber nicht schreiben. Wer Kurzliteraturhinweise benutzt, die im Literaturverzeichnis nicht zu finden sind, kann sich die Quellenangabe gleich sparen. Wenn Verlage tatsächlich die improvisierten Grafiken der Autoren gleich abdrucken, ohne diese in die Hände von Grafikern zu geben, dann kann dabei nichts rauskommen. Die Misere ist aber keine, die die Autoren verursachen. Gerade in der Wissenschaft gilt: Verständlich schreiben können die Autoren nur selten. Es gibt Verlage überhaupt nur deshalb, weil das Büchermachen zwangsläufig eine Koproduktion ist: Autoren, Verleger, Lektoren, Vertrieb, Buchhandelsvertreter, Buchhändler. Der ärgerliche Mist, der sich zwischen Buchdeckeln auch ehemals renommierter Verlage findet, bedroht inzwischen die ganze Branche. Diese Druckerzeugnisse unterschreiten von der Form das Niveau von Vordiplomsarbeiten. Hausarbeiten mit einer solchen Zahl an Fehlern, müsste ich mit "mangelhaft" bewerten. Wie soll man mit solchen Büchern lehren? Warum dafür noch Geld bezahlen? Den Verlagen scheint die Gefahr noch nicht bewusst zu sein: Warum sollten Autoren nicht zukünftig einen freien Lektor bezahlen und ein ordentlichen pdf selbst online stellen? Das ist billiger als die Druckkostenzuschüsse und es ist besser im Ergebnis. Nicht das Fernsehen und das Internet bedroht die Buchkultur, sondern Verlage, die "Produktmanager" statt Lektoren beschäftigen. Dabei heraus kommen leider nur schlechte Produkte, aber nicht mehr gute Bücher.

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