Zitat des Tages

Akademische Karriere

"Die Beschäftigung mit geistigen Dingen ist mittlerweile selber 'praktisch', zu einem Geschäft mit strenger Arbeitsteilung, mit Branchen und numerus clausus geworden. Der materiell Unabhängige, der sie aus Widerwillen gegen die Schmach des Geldverdienens wählt, wird nicht geneigt sein, das anzuerkennen. Dafür wird er bestraft. Er ist kein 'professional', rangiert in der Hierarchie der Konkurrenten als Dilettant, gleichgültig wie viel er sachlich versteht, und muß, wenn er Karriere machen will, den stursten Fachmann an entschlossener Borniertheit womöglich noch übertrumpfen. Die Suspension der Arbeitsteilung, zu der es ihn treibt, und die in einigen Grenzen seine ökonomische Lage zu verwirklichen ihn befähigt, gilt als besonders anrüchig: sie verrät die Abneigung, den von der Gesellschaft anbefohlenen Betrieb zu sanktionieren, und die auftrumpfende Kompetenz lässt solche Idisynkrasien nicht zu. Die Departementalisierung des Geistes ist ein Mittel, diesen dort abzuschaffen, wo er nicht ex officio, im Auftrag betrieben wird. [...] So ist für die Ordnung gesorgt: die einen müssen mitmachen, weil sie sonst nicht leben könnten, und die sonst leben könnten, werden draußen gehalten, weil sie nicht mitmachen wollen."

Theodor W. Adorno: Minima Moralia ( Für Marcel Proust ), S. 21f.

Geistige Selbstdisziplin

"Da keine Kategorie, ja selbst die Bildung nicht mehr dem Intellektuellen vorgegeben ist und tausend Anforderungen der Betriebsamkeit die Konzentration gefährden, wird die Anstrengung, etwas zu produzieren, was einigermaßen stichhält, so groß, daß kaum einer ihrer mehr fähig bleibt. Weiter setzt der Druck der Konformität, der auf jedem Produzierenden lastet, dessen Forderung an sich selbst herab. Das Zentrum der geistigen Selbstdisziplin als solcher ist in Zersetzung begriffen."

Theodor W. Adorno: Minima Moralia ( Wenn die Bösen Buben locken ), S. 30.

Nouvelles portes à la douleur

Comparez sans préjugés l'état de l'homme civil avec celui de l'homme sauvage et recherchez, si vous le pouvez, combien, outre sa méchanceté, ses besoins et ses misères, le premier a ouvert de nouvelles portes à la douleur à la mort. Si vous considérez les peines d'esprit qui nous consument, les passions violentes qui nous épuisent et nous désolent, les travaux excessifs dont les pauvres sont surchargés, la mollesse encore plus dangereuse à laquelle les riches s'abandonnent, et qui font mourir les uns de leurs besoins et les autres de leurs excès, si vous songez aux monstrueux mélanges des aliments, à leurs pernicieux assaisonnements, aux denrées corrompues, aux drogues falsifiées, aux friponneries de ceux qui les vendent, aux erreurs de ceux qui les administrent, au poison des vaisseaux dans lesquels on les prépare, si vous faites attention aux maladies épidémiques engendrées par le mauvais air parmi des multitudes d'hommes rassemblés, à celles qu'occasionnent la délicatesse de notre manière de vivre, les passages alternatifs de l'intérieur de nos maisons au grand air, l'usage des habillements pris ou quittés avec trop peu de précaution, et tous les soins que notre sensualité excessive a tournés en habitudes nécessaires et dont la négligence ou la privation nous coûte ensuite la vie ou la santé, si vous mettez en ligne de compte les incendies et les tremblements de terre qui, consumant ou renversant des villes entières, en font périr les habitants par milliers, en un mot, si vous réunissez les dangers que toutes ces causes assemblent continuellement sur nos têtes, vous sentirez combien la nature nous fait payer cher le mépris que nous avons fait de ses leçons.

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Compare without partiality the state of the citizen with that of the savage, and trace out, if you can, how many inlets the former has opened to pain and death, besides those of his vices, his wants and his misfortunes. If you reflect on the mental afflictions that prey on us, the violent passions that waste and exhaust us, the excessive labour with which the poor are burdened, the still more dangerous indolence to which the wealthy give themselves up, so that the poor perish of want, and the rich of surfeit; if you reflect but a moment on the heterogeneous mixtures and pernicious seasonings of foods; the corrupt state in which they are frequently eaten; on the adulteration of medicines, the wiles of those who sell them, the mistakes of those who administer them, and the poisonous vessels in which they are prepared; on the epidemics bred by foul air in consequence of great numbers of men being crowded together, or those which are caused by our delicate way of living, by our passing from our houses into the open air and back again, by the putting on or throwing off our clothes with too little care, and by all the precautions which sensuality has converted into necessary habits, and the neglect of which sometimes costs us our life or health; if you take into account the conflagrations and earthquakes, which, devouring or overwhelming whole cities, destroy the inhabitants by thousands; in a word, if you add together all the dangers with which these causes are always threatening us, you will see how dearly nature makes us pay for the contempt with which we have treated her lessons.

JEAN-JACQUES ROUSSEAU
(1712-1778)

DISCOURS SUR L'ORIGINE ET LES FONDEMENTS
DE L'INEGALITÉ PARMI LES HOMMES.
(1755)

Notes, 9

Hörsaalmüdigkeit

„War es denn ähnlich mit den Müdigkeiten der Studienzeit? Nein. Kein Schuldgefühl mehr. Die Müdigkeit in den Hörsälen ließ mich mit den Stunden im Gegenteil sogar aufsässig oder aufbegehrend werden. Es war in der Regel weniger die schlechte Luft und das Zusammengezwängtsein der Studentenhunderte als die Nichtteilnahme der Vortragenden an dem Stoff, der doch der ihre sein sollte. Nie wieder habe ich von ihrer Sache so unbeseelte Menschen erlebt wie jene Professoren und Dozenten der Universität; jeder, ja, jeder Bankangestellte, beim Hinblättern der, gar nicht seiner , Scheine, alle Straßenteerer in den Hitzeräumen zwischen Sonne oben und Teerkoch unten wirkten beseelter. Wie mit Sägemehl ausgestopfte Würdenträger, deren Stimmen keinmal von dem, was sie besprachen, in ein Schwingen des Staunens (des guten Lehrers selber über seinen Gegenstand), der Begeisterung, der Zuneigung, des Sich-Fragens, der Verehrung, des Zorns, der Empörung, des Selber-nicht-Wissens gebracht wurden, vielmehr unablässig nur leierten, abhakten, skandierten – freilich nicht im Brustton eines Homer, sondern dem der vorweggenommenen Prüfung –, höchstens zwischendurch mit dem Unterton eines Witzelns oder einer hämischen Anspielung für Eingeweihte,
während es draußen vor den Fenstern grünte und blaute und dann schon dunkel wurde: bis die Müdigkeit des Hörers in Unwillen, der Unwille in Übelwollen umschlug.“

Peter Handke (1989): Versuch über die Müdigkeit, S. 9f.

Guten Appetit!

"Wie nun das viele Lesen und Lernen dem eigenen Denken Abbruch tut, so entwöhnt das viele Schreiben und Lehren den Menschen von der Deutlichkeit und eo ipso Gründlichkeit des Wissens und Verstehns , weil es ihm nicht die Zeit läßt, diese zu erlangen. Da muß er dann in seinem Vortrage die Lücken seines deutlichen Erkennens mit Worten und Phrasen ausfüllen. Dies ist es, was die meisten Bücher so unendlich langweilig macht, und nicht die Trockenheit des Gegenstandes. Denn wie behauptet wird, ein guter Koch könne sogar eine alte Schuhsohle genießbar herrichten, so kann ein guter Schriftsteller den trockensten Gegenstand unterhaltend machen."

Arthur Schopenhauer: Über Gelehrsamkeit und Gelehrte (Paralipomena).

Personenkult

"Aus der Soziologie kennt man das Phänomen der Personalisierung: die unter den Bevölkerungen verbreitete Tendenz, entfremdete und verhärtete Verhältnisse, undurchsichtige politische Vorgänge dem Bedürfnis nach lebendiger Erfahrung dadurch, scheinbar, zurückzugewinnen, daß man sie durchs Verhalten einzelner Menschen erklärt und an diese sich hält. Die bei amerikanischen Wahlen gängige Suggestion, es gelte, den besten Mann zum Präsidenten zu wählen, ist der Prototyp jener Tendenz; ihr folgt auch die Illustriertensitte, irgendwelchen Prominenten, die für das reale Schicksal der Menschen nichts bedeuten, eine Publizität zu verschaffen, die vortäuscht, es hinge von den Hochgespielten und ihren privaten Affären wunders was ab, ohne daß das übrigens von den Konsumenten ganz geglaubt würde."

Theodor W. Adorno: Wien in dieser Jahreszeit. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 138, 10./11. Juni 1967.

Unpolitische Formen der Nivellierung

Es gibt auch unpolitische Formen der Nivellierung, und diese haben heute überall gesiegt. Der Kollektivismus regiert auch in den freien Ländern mit alles niederwälzender Wucht: die Geringschätzung des Menschenlebens, das Getöse der Propagandamaschinen, der absurde Leerlauf der Banalität, die gespenstische Unwirklichkeit einer Lautsprecherkultur, die von Rekorden und Reklame beherrscht wird, von der "grenzenlosen Schwindelei"- mit Gotthelfs Worten-, "die Millionen umwirbelt wie der Wind den Strassenstaub." Überall Gewimmel von Massen, aber keine Menschen. Überall die kollektive Verdummung, die sich als Fortschritt vorkommt, die geistigen Epidemien, denen auch die Gebildeten zum Opfer fallen. Europa wird amerikanisiert. Es ist von sich selbst abgefallen und trägt die Folgen. Es bewundert Errungenschaften, die ganz so aussehen, wie wenn die weisse Rasse dazu verurteilt waere, eigenhändig ihren Untergang herbeizuführen.

Aus: Walter Muschg, Die Zerstörung der Deutschen Literatur (1956).

Akademische Durchfallquote

"Aber bei 20.000 Romanen im Jahr und fünf Millionen Gedichten ist ja abzusehen, was das für einen Sinn hat - für die Papierfabrik. Weil die mit den Klorollen ja nicht ausgelastet sind. Also müssen auch Bücher gedruckt werden.
Sitzt dann einer und schreibt ein Buch, das heißt "Der Begriff Ironie und seine besondere Bedeutung für die Nachwelt", zum Beispiel. Und der sitzt vier Jahre, kriegt vom Ministerium monatlich 12.000 Schilling, dass er in den Begriff hineinkriecht wie in ein Mausloch. Dann erscheint nach 8 Jahren ein Buch, das keinen Menschen interessiert.
So werden Millionen verschleudert, für Dissertationen, für Begriffsausschlachter. Oder haben sie schon eimmal ein Buch gelesen von einem Dissertanten, das interessant gewesen wäre? Alles hoch subventioniert.
Unterstützungen gehören abgeschafft. Was nicht trägt, trägt halt nicht."

Thomas Bernhard, Die Ursache bin ich selbst .

Greuel im Schullandheim

"Die Schule hat eine immanente Tendenz, sich als Sphäre eigenen Lebens und mit eigener Gesetzlichkeit zu etablieren. Schwer zu entscheiden, wie weit das notwendig ist, damit sie ihre Aufgabe erfüllt; sicherlich ist es nicht nur Ideologie. (...) Jedenfalls hat, weil nun einmal die Schulleute nicht sich hineinreden lassen wollen, die Abgeschlossenheit der Schule immer auch die Tendenz, sich zu verhärten, zumal gegen Kritik. Tucholsky gab dafür das Beispiel jener bösartigen Landschulheimvorsteherin, die irgendwelche Greuel, die sie gegen ihre Zöglinge begangen hat, gegenüber dem freundlichen Liebespaar, das dagegen protestiert, mit der Erklärung rechtfertigt: "So wird das hier gemacht." Ich möchte nicht wissen, wieviel "So wird das hier gemacht" die Praxis des Schullebens nach wie vor beherrscht. Diese Haltung wird tradiert. Begreiflich wäre zu machen, das Schule kein Selbstzweck, dass ihre Geschlossenheit eine Not und nicht die etwa von Gustav Wynekens törichte Formel von der Jugendkultur als einer eigenen Kultur, sie gemacht hat, die ja heute in der Ideologie von der Jugend als Subkultur eigene Urstände feiert."

Theodor W. Adorno: Tabus über dem Lehrberuf. (1965). In: Ders. Gesammelte Schriften 10.2. Suhrkamp, Frankfurt/Main: 1997, S. 670 f.

"Öffentliches Interesse"

Die Macht des Fernsehens

"Welche Maßnahmen planen Sie zur Eindämmung des Konflikts im Mittleren Osten ? Oder zur Senkung der Inflationsrate, der Kriminalitätsrate, der Arbeitslosenquote ? Wie sehen Ihre Pläne für den Schutz der Umwelt oder die Verminderung der Gefahr eines Atomkrieges aus ? Was planen Sie, im Hinblick auf die NATO, die OPEC, die CIA, die Bemühungen um eine stärkere Integration von Ethnische Minderheiten und Frauen in das öffentliche und wirtschaftliche Leben und die ungeheuerliche Behandlung der Bahais im Iran zu tun ? Was gedenken Sie zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu unternehmen. Ich bin so frei und antworte an Ihrer Stelle: Gar nichts."
Postman, Neil: Wir amüsieren uns zu Tode, 1985.
Grafik: Dieter Schütz/pixelio.de

Die Stille des Schnees

Die Stille des Schnees, dachte der Mann, der gleich hinter dem Busfahrer saß. Er hätte zu dem, was er in seinem Inneren empfand, "die Stille des Schnees" gesagt, wenn dies der Beginn eines Gedichtes wäre. Er hatte den Bus, der ihn von Erzurum nach Kars bringen sollte, im letzten Augenblick erwischt. (...) Gleich nachdem der Bus losgefahren war, machte der Reisende am Fenster seine Augen weit auf, in der Hoffnung, vielleicht etwas Neues zu sehen, und betrachtete die winzigen armseligen Krämerläden, die Bäckereien, die verfallenen Teehäuser in den Vierteln an Erzurums Stadtrand. Schon begann der Schnee zu fallen. Er war dichter und großflockiger als der Schnee, der den Weg von Istanbul nach Erzurum über gefallen war. Wäre der Reisende am Fenster nicht so müde von der Fahrt gewesen und hätte er etwas mehr auf die wie Flaumfedern vom Himmel fallenden Flocken geachtet, dann hätte er womöglich den starken Schneesturm, der da aufzog, gespürt und gefühlt, dass er sich auf eine Reise machte, die wohl sein ganzes Leben verändern würde, und wäre umgekehrt (...).

Orhan Pamuk: Schnee. Roman. Hanser, München 2002.

Gebet um Fortschritt im Studium

"O Gott, Vater und Herr, Schöpfer aller Dinge, unaussprechlich an Größe und Macht, der Du mit wunderbarer Weisheit die ganze Welt eingerichtet hast, wahrer Quell und letzter Grund aller Wissenschaft, verleihe meinem Verstande Einsicht und Klarheit, meinem Willen Fertigkeit und Stärke. Nimm von mir die doppelte Finsternis, in der ich geboren wurde, die Sünde und Unwissenheit. Gib mir Schärfe des Verstandes, Treue des Gedächtnisses, Ausdauer beim Studieren, Gewandtheit im Erklären, Gefälligkeit und Richtigkeit im Ausdruck. Stehe mir bei im Anfange meiner Studien, leite ihren Fortgang und gib dem Schluss eine glückliche Vollendung, der Du als wahrer Gott lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen."

Prof. Hub. Lindemann: Der Akademiker. Gebete und Erwägungen für die akademischen Stände zunächst für Universitätsstudenten. (Mit kirchlicher Druckerlaubnis.) Dülmen i. W., A. Laumann'schen Buchhandlung. (Verleger des heil. Apostol. Stuhles.) Monasterii, die 13. Februarii 1917, S. 228

Virales Marketing (für Weihnachten)

"Wer heute über die Sache des christlichen Glaubens vor Menschen zu reden versucht, die nicht durch Beruf oder Konvention im Inneren des kirchlichen Redens und Denkens angesiedelt sind, wird sehr bald das Fremde und Befremdliche eines solchen Unterfangens verspüren. Er wird wahrscheinlich bald das Gefühl haben, seine Situation sei nur allzu treffend beschrieben in der bekannten Gleichniserzählung Kierkegaards über den Clown und das brennende Dorf (...). Die Geschichte sagt, dass ein Reisezirkus (...) in Brand geraten war. Der Direktor schickte daraufhin den Clown, der schon zur Vorstellung gerüstet war, in das benachbarte Dorf, um Hilfe zu holen, zumal die Gefahr bestand, dass (...) das Feuer auch auf das Dorf übergreifen würde. Der Clown eilte in das Dorf und bat die Bewohner, sie möchten eiligst zu dem brennenden Zirkus kommen und löschen helfen. Aber die Dörfler hielten das Geschrei des Clowns lediglich für einen ausgezeichneten Werbetrick, um sie möglichst zahlreich in die Vorstellung zu locken; sie applaudierten und lachten bis zu Tränen. Dem Clown war mehr zum Weinen als zum Lachen zumute; er versuchte vergebens, die Menschen zu beschwören, ihnen klarzumachen, dies sei keine Verstellung, kein Trick, es sei bitterer Ernst, es brenne wirklich. Sein Flehen steigerte nur das Gelächter, man fand, er spiele seine Rolle ausgezeichnet -- bis schließlich in der Tat das Feuer auf das Dorf übergegriffen hatte und jede Hilfe zu spät kam, so dass Dorf und Zirkus gleichermaßen verbrannten."

Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis. 4. Auflage, Kösel, München: 1968, S. 17.

Warum Gott keine Unikarriere macht

Why God never received tenure at a university

1. Because he had only one major publication.

2. And it was in Hebrew.

3. And it had no cited references.

4. And it wasn't published in a refereed journal or even submitted for peer review.

5. And some even doubt he wrote it himself.

6. It may be true that he created the world -- but what has he done since?

7. The scientific community has had a very rough time trying to replicate his results.

8. He rarely came to class, just told students to read the book.

9. He expelled his first two student for learning.

10. Although there were only ten requirements, most students failed his tests.

11. His office hours were infrequent and usually held on a mountain top.

(Quelle: http://home.arcor.de/metaphysicus/god.htm )

Ökologische Kommunikation

Das überraschende Auftreten eines neuartigen Ökologiebewusstseins hat wenig Zeit gelassen für theoretische Überlegungen. Zunächst denkt man deshalb das neue Thema im Rahmen der alten Theorien. Wenn die Gesellschaft sich durch ihre Einwirkungen auf die Umwelt selbst gefährdet, dann sollte sie das eben lassen; man müsse die daran Schuldigen ausfindig machen und davon abhalten, notfalls bekämpfen und bestrafen. Das moralische Recht dazu sei auf Seite derer, die sich gegen die Selbstdestruktion der Gesellschaft einsetzen. Unversehens geht die Theoriediskussion in moralische Frageformen über, und das Theoriedefizit wird mit moralischem Eifer kompensiert. Die Absicht der Demonstration guter Absichten bestimmt die Formulierung der Probleme. So diskutiert man aufs Geratewohl über eine neue Umwelt ethik, ohne die Systemstrukturen zu analysieren, um die es geht.

Niklas Luhmann: Ökologische Kommunikation. Kann sich die moderne Gesellschaft auf ökologische Gefährdungen einstellen? Wiesbaden: 1986 (!), zitiert nach der 4. Auflage, 2004, S. 18 f.

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