Männlich, schlau und gut - der Wissenschaftler in den Augen von Kindern

Wissenschaftler im weißen Kittel Wissenschaftler genießen ein gutes Image - bei Erwachsenen. Aber welches Bild haben Kinder von Wissenschaftlern? Martin Gründl hat sich in eine Grundschulklasse gesetzt und nachgefragt. ...


Das beneidenswerte Image attestierte den Wissenschaftlern eine erst küzlich veröffentlichte Untersuchung des Eurobarometers. Lediglich wenn es um Technologien mit hohem Missbrauchspotenzial geht, zweifelt der Durchschnittsbürger an der Redlichkeit und dem Verantwortungsbewusstsein der Forscher.

Physiker Doch wie steht es mit den Kindern? Welches Bild haben sie von Wissenschaftlern? Was wissen sie über ihre Arbeit? Welche Einstellung haben sie zu ihnen?

Um dies zu klären, habe ich in einer Grundschulklasse mit 30 Schülerinnen und Schülern (3. Schuljahr) ein kleines Experiment durchgeführt. Die Kinder bekamen drei Fragen zur schriftlichen Bearbeitung:

  1. Wie sieht ein Wissenschaftler aus?
  2. Was macht ein Wissenschaftler?
  3. Wie ist ein Wissenschaftler? Suche Eigenschaftswörter!

Und zu guter Letzt sollten sie einen Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin mit Buntstiften zeichnen

Zaubertrank Wie sieht er nun also aus, der Wissenschaftler? Er trägt einen weißen Kittel (67%) und eine Brille (63%). Oft trägt er auch eine Schutzbrille (13%) und Schutzhandschuhe (17%) und hat einen (langen) Bart (15%). Fast immer (90%) wurde der Wissenschaftler als Mann gemalt, obwohl die Kinder ausdrücklich darauf hingewiesen wurden, dass sie ebenso Wissenschaftlerinnen zeichnen konnten. Dies taten jedoch nur 3 Schülerinnen. Frau mit Maus

Und wie ist ein Wissenschaftler so? Er ist vor allem klug (60%) und schlau (37%), ferner nett (17%) und gut (13%). Weitere Charaktereigenschaften sind mutig, freundlich, hilfsbereit, intelligent, raffiniert, neugierig, interessant, erfahren, erfinderisch, weise und großartig. Negative Eigenschaften? Fehlanzeige! Aus Sicht der Kinder gibt es keine.

Mann mit Filmkamera Bleibt nur noch die Frage, was ein Wissenschaftler beruflich so treibt. Hier zeigt sich bereits bei den Kleinen das, was auch schon bei den Großen Anlass zum Nachdenken gibt: Die Geisteswissenschaften werden nicht nur als weniger wichtig angesehen als die Naturwissenschaften, nein - in der Wahrnehmung der Kinder existieren sie gar nicht. Kein einziges Kind beschrieb oder zeichnete einen Geisteswissenschaftler.

Die Haupttätigkeiten "Erforschen" (27%) und "Experimente machen" (30%) werden illustriert durch blubbernde, bunte Flüssigkeiten in Glasgefäßen und durch mit einem wilden Kabelgewirr verbundene elektrische Geräte. Wissenschaftler mischen Medizin, untersuchen Bakterien, beobachten Sterne, sie testen, prüfen und erfinden nützliche Dinge (z.B. einen Roboter oder einen Zaubertrank).

Saurierknochen Ganz wichtig jedoch: Wissenschaftler erforschen Tiere (24%)! Beispiel: "Er studirt Tiere und er fängt Tiere und setzt an die Tiere einen Sender an dann weis man wo das Tier imument ist." Oder: "Er hilft verlezten Tieren." Oder: "Er beobachtet und fotografirt Tiere." In jedem Fall ist er aber gut zu Tieren. Das dürfte mit ein Grund für sein positives Image bei den Kindern sein. Da fällt es auch gar nicht mehr ins Gewicht, dass ein Wissenschaftler manchmal auch eine weiße Maus "ziziert".

* Es fällt auf, dass die Vorstellungen von Wissenschaftlern stark durch das Fernsehen und durch die Interessen der Kinder geprägt sind. Kinder schauen sich Dokumentationen mit Tieren gerne an und dort werden die oben genannten Tätigkeiten oft gezeigt. Doch auch Spielfilme tragen das Ihre bei. Wissenschaftler suchen nämlich auch oft nach "alten Knochen und Fosilien" und "wollen herausfinden, wie die Sauria gelebt haben". Hier lässt Jurassic Park grüßen. Die unterschiedliche Medienpräsenz könnte auch ein Grund für die Dominanz der Naturwissenschaften bei diesem Experiment sein. Sie sind in Spielfilmen und der Werbung deutlich überrepräsentiert - vom Erfinder bis hin zum Gerichtsmediziner.

Wie dem auch sei - freuen wir (Männer) uns über das hohe Ansehen, dass Wissenschaftler bei den Kleinen genießen und hoffen wir, dass es ihnen nicht gänzlich abhanden kommt, wenn ein Teil von ihnen in 10 Jahren ein Studium beginnt und an den Universitäten den Alltag in Forschung und Wissenschaft kennen lernt!

Beitrag von Martin Gründl

Links zum Thema

  • Eurobarometer Survey zu Wissenschaft und Technologie
  • Presseerklärung Eurobarometer
  • Europeans, science and technology: Main results of Eurobarometer 55.2 (December 2001) (PDF)
  • Europeans, science and technology (Abschlussbericht) (PDF)

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Themen: Erziehung & Schule | Psychologie
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