Mission to Mars – der EUROBOT World Cup

EurobotEnde Mai fand in Heidelberg der EUROBOT World Cup 2008 statt. Amateurteams aus der ganzen Welt traten dort im Wettbewerb mit ihren selbst konstruierten Robotern gegeneinander an. Aufgabe war in diesem Jahr eine simulierte Marsmission erfolgreich zu bewältigen.

Bunt verkleidete Menschen schlagen auf Trommeln und rufen lautstark die Namen der Spielteams. Fussballstadiontaugliche La-Ola-Wellen rollen durch die vollbesetzten Publikumsränge. Auf dem Spielfeld feuert ein würfelförmiger Roboter bunte Bälle durch die Luft, während ein anderer hektisch herumsaust. Die Stimmung ist auf ihrem Höhepunkt beim Finale des internationalen EUROBOT World Cup 2008, der in den Gebäuden der SRH-Hochschule in Heidelberg satt findet.

"Mission to Mars" ist das Motto in diesem Jahr und simuliert wird das Einsammeln von Bodenproben auf fremden Planeten. Im Zentrum des Geschehens stehen drei billiardtischgroße Spielfelder, auf denen in 90 Sekunden dauernden Matches jeweils zwei Mannschaften mit ihren Robotern gegeneinander antreten. Aufgabenstellung für die Roboter ist selbstständig verschiedenfarbige Bälle auf dem Spielfeld einzusammeln und in Sammelbehältern am Spielfeldrand abzulegen.

Gewinner eines Matches ist diejenige Mannschaft, welche die meisten Bälle der richtigen Farben eingesammelt und in den ihr zugewiesenen Sammelstellen abgelegt hat. Dabei dürfen auch gegnerische Körbe geleert werden, um den eigenen Punktestand zu verbessern.

Die Roboter müssen diese Aufgabenstellungen während des gesamten Matches völlig autonom bewältigen. Neben der Orientierung auf dem Spielfeld und dem Einsammeln der Bälle, gehört auch das Ausweichen vor dem Gegner zu den Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen.

Die detaillierten Spielbedingungen wurden den Teilnehmern ein Jahr vor dem Wettbewerb bekannt gegeben. So wurden unter anderem die genauen Maße des Spielfeldes, die Positionen der Balldepots und Ablagekörbe sowie der Orientierungspunkte vorgegeben, welche die Roboter bei der automatischen Positionsbestimmung benutzen können. Auf dieser Grundlage starteten die Teams mit der Planung und Konstruktion ihrer Roboter.

Wie sich im Wettbewerb zeigt, sind die Lösungsansätze sehr unterschiedlich ausgefallen. Während einige Mannschaften ihre Roboter auf die Erledigung von wenigen Teilaufgaben spezialisiert haben, versuchen andere alle Spieloptionen wahrzunehmen und zum Beispiel mit einer Kanone Bälle über den Spieltisch in Körbe zu befördern. Jede der Maschinen ist dabei ein kleines technisches Wunderwerk. Zumal, wenn man berücksichtigt, dass hier nicht hochspezialisierte Forschungsinstitutionen, sondern Amateure mit geringen finanziellen Mitteln am Werk sind. Der Roboter "Maikäfer" des Roboterclubs Aachen e.V. ist zum Beispiel mit einer ganzen Batterie von Sensoren ausgestattet: Lasersensoren um die Ablagekörbe mit der Ballkanone anvisieren zu können, Infrarotsensoren um die Banden des Spielfeldes zu erkennen sowie Ultraschallsensoren zur Erkennung des Gegners. Für die eigentliche Orientierung benutzt der Roboter das Prinzip der Odometrie, wofür er die Bewegung der Antriebsräder misst und auswertet.

Wie im Motorsport müssen sich die Roboter vor dem eigentlichen Wettkampf einer technischen Überprüfung unterziehen. Wer versucht unfaire Techniken einzusetzen oder die Mindestanforderungen nicht erfüllt, darf im Wettbewerb so lange nicht antreten, bis die beanstandeten Mängel behoben sind.

Bildergalerie

Im anschließenden Match wechseln sich Erfolg und Niederlage bei den Teams immer wieder ab. Hat ein Roboter erst einmal die Orientierung verloren oder sich an einem Ball „verschluckt“, ist die Spielrunde für ihn zumeist verloren. Nur wenige Teilnehmer entgehen diesem Pech während des gesamten Wettbewerbs.

In den Pausen zwischen den Spielen versuchen die Teams die Leistung ihrer Maschinen zu optimieren und auftretende Probleme zu beheben. Hier zählen schnelle Analyse und technisches Improvisationsvermögen.

Das Finale am letzten Spieltag entscheiden die Mannschaften aus Frankreich und Belgien unter sich. Wie schon in den beiden Vorjahren kann dabei das französische Team RCVA den ersten Platz für sich verbuchen.

Jedoch zählen beim EUROBOT World Cup nicht nur die Leistungen der Roboter im Match. Ebenso gewürdigt werden die Qualität der konzeptionellen Ideen, Fair Play und Teamgeist der Mannschaften. So wurde das tunesische Team in Heidelberg für seinen Sportgeist und die Bereitschaft seine Erfahrungen offen mit anderen Mannschaften zu teilen ausgezeichnet.

Ziel des EUROBOT ist junge Menschen für die technische Forschung zu begeistern und die Möglichkeit zur interdisziplinären Arbeit im Rahmen eines sportlichen Wettbewerbs zu geben.

Im kommenden Jahr soll der EUROBOT World Cup 2009 in Frankreich stattfinden. Teilnehmen können Amateurmannschaften aus Studenten und nicht kommerzielle Vereinigungen, wobei das Herkunftsland keine Rolle spielt. Weitere Informationen findet man auf der Website der des EUROBOT.

"Vor allem beim internationalen Wettbewerb ist viel vom Glück abhängig."

RoboterEin Interview mit Jan Benzenberg vom Roboterclub Aachen e.V., dessen Team beim EUROBOT World Cup den 30. Platz und im Deutschen Wettbewerb den zweiten Platz erreicht hat. Zusätzlich ist der Roboterclub dem Sonderpreis Best Concept Price Germany ausgezeichnet worden.

sg: Jan, deine Mannschaft des Roboterclub Aachen e.V. hat es nicht bis in die Finalrunden des EUROBOT World Cup geschafft und ist vor dem Achtelfinale ausgeschieden. Hattet ihr euch mehr erhofft oder seid ihr mit dem Erreichten zufrieden?

JB: Unser erstes Ziel war es, sich beim Deutschen Vorentscheid für den EUROBOT zu qualifizieren, was uns mit dem Einzug ins deutsche Finale auch gelungen ist. Leider waren wir auf internationaler Ebene nicht so erfolgreich wie erhofft. Das Achtelfinale war definitiv ein erklärtes Ziel. Unabhängig vom Ergebnis, waren wir mit dem EUROBOT sehr zufrieden, da wieder eine sehr gute Stimmung rund um Wettbewerb gab. Darauf legen wir mindestens so viel Wert, wie auf ein erfolgreiches Abschneiden.

sg: Was hätte besser laufen können? Was hättet ihr im Nachhinein zum Beispiel bei dem Konzept eures Roboters anders gemacht?

JB: Mit unserem Konzept waren wir sehr zufrieden, leider fehlten uns noch ein paar Wochen um alle geplanten Funktionen auch fertig zu stellen bzw. in Ruhe zu testen. Verschiedene Module mussten wir abschalten, da sie nicht zuverlässig getestet waren. So zum Beispiel die Funktion zum Ausleeren der Rille, die uns auf internationaler Ebene sehr geholfen hätte, oder aber auch das Schießen, welches erstmalig im deutschen Finale eingesetzt wurde.

sg: Wie viel ist vom Glück oder Zufall für den Erfolg im Wettbewerb abhängig?

JB: Vor allem beim internationalen Wettbewerb ist viel vom Glück abhängig. Zuerst spielt man gegen fünf zufällig ausgewählte Teams, mit dem Ziel sich für das Achtelfinale zu qualifizieren. Hat man bei der Auslosung kein Glück und spielt vor allem gegen starke Teams, landet man schnell auf den hinteren Rängen, da keine Punkte für einen Sieg eingefahren werden. Wenn man jedoch das Viertelfinale erreicht hat, muss der Roboter Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit zeigen. Diese wiederum bauen auf einem guten Konzept auf.

sg: Die Leistungen der Roboter im Wettbewerb haben sich ja sehr voneinander unterschieden und auch rundenabhängig stark variiert. In einer Runde lief ein Roboter gut, in der nächsten Runde konnte er einen Totalausfall haben. Woran liegt das?

JB: Die großen Unterschiede zwischen den Runden liegen vor allem daran, dass alle Teams mit Prototypen antreten, die rund um die Uhr weiterentwickelt werden. Man setzt dann schon mal Sachen ein die nicht 100% funktionieren. Dies führt hin und wieder zu ganzen Systemabstürzen. Leider kommt es auch mal vor, das die Teams die Roboter falsch einstellen, was dazu führt, dass die Roboter nicht einmal losfahren. In solch einem Falle ist dies natürlich besonders ärgerlich für ein Team. Oft sind es aber auch Probleme nicht technischer Natur, wie ein nicht ausreichend geladener Akku oder Kollisionen mit dem anderen Roboter, die den eigenen Roboter aus dem Rennen werfen.

Die großen Klassenunterschiede zwischen den Teams entstehen vor allem durch den unterschiedlichen Aufbau der Teams. Während manche Teams von Hochschulen betreut werden, gibt es andere Teams die sich komplett selbst organisieren. Wieder andere Teams haben auch einfach nicht die finanziellen Mittel für teure Hardware. Unser Team besteht zum Beispiel ausschließlich aus Aachener Studenten und finanziert sich ausschließlich durch Sponsoring.

sg: Könntest du beschreiben wie sich das Team vom Roboterclub auf den Cup vorbereitet hat? Habt ihr den Roboter speziell für den Wettbewerb konstruiert?

CAD-Zeichnung  
Der Roboter des RCA wurde systematisch im CAD-Programm geplant und mit großem technischen Aufwand umgesetzt.

JB: Ja, der Roboter wird nur für den EUROBOT entwickelt. Wir bauen jedes Jahr einen komplett neues Modell, da die Aufgabenstellung jedes Jahr aufs Neue anders ist.
Wobei ein Großteil der alten Roboter immer wieder für Messeauftritte (CeBIT 06, HMI 07) und andere öffentliche Events genutzt werden, wie unter anderem der Studieninformationstag an der RWTH-Aachen. Vorbereiten auf den Wettkampf kann man sich als einzelnes Teammitglied nicht. Jedoch kann das Team als Ganzes dafür sorgen, dass alles fertig ist, wenn es los geht. Es gibt immer viel Arbeit neben dem eigentlichen Roboter zu organisieren und zu erledigen: T-Shirts für die Neuen, das Konzeptplakat, die Aufkleber der Sponsoren, wie kommt das Team zum Austragungsort und vieles mehr.

sg: Was stellte die größte Herausforderung beim technischen Design eures Roboters dar? Ist die elektronische Steuerung oder die mechanische Konstruktion die härtere Nuss beim Bau des Roboters?

JB: Wenn man die Maschinenbauer fragt, ist natürlich die mechanische Konstruktion das Schwierigste. Gleiches würden natürlich auch die E-Techniker von der Elektronik sagen. Der Vorteil der Elektronik ist, das vieles jedes Jahr in ähnlicher Weise wieder verwendet werden kann, was bei der Mechanik nicht der Fall ist. Hier wird jedes Jahr fast bei Null angefangen. Bevor entwickelt wird, treffen wir uns gerade zu Beginn der neuen Saison Ende September mit dem ganzen Team und diskutieren wochenlang das neue Konzept, bis schließlich die einzelnen Teilaufgaben verteilt werden.

sg: Ihr habt den nationalen Sonderpreis German Best Concept Award gewonnen für ein besonders originelles Konzept. Was ist so besonders an eurem Roboter?

JB: Viele Teams spezialisieren sich auf ein Teilgebiet des Spiels. Wie man gesehen hat, waren viele Teams damit zufrieden, nur die Rille füllen zu können. Unser Ziel war es hingegen, das komplette Spiel regelkonform umzusetzen. Das macht den Roboter natürlich komplexer und man benötigt viel mehr Zeit um alles zu testen. Vor allem die nur im Finale eingesetzte Ballkanone hat uns zusätzlich viel Arbeit gekostet. Gerade der große Platzbedarf und die Suche nach einem Sponsor für die Rollen(Spezialanfertigungen aus der Schweiz) hat viel Aufwand bedeutet.

sg: Ihr wollt auch wieder für den nächsten EUROBOT World Cup bewerben. Habt ihr schon Pläne für euren Roboter?

JB: Wie man so schön sagt: Nach dem Spiel, ist vor dem Spiel. Und das ist beim EUROBOT nicht anders. Sobald das neue Spiel bekannt ist, fängt man an sich darüber Gedanken zumachen. Da das neue Spiel in groben Zügen während des EUROBOTs bekannt gegeben wird, sammelt man schon erste Ideen für das nächste Jahr, wenn der eigentliche Wettkampf noch nicht beendet ist. Allerdings kann man erst wirklich durchstarten, wenn im September die endgültigen Regeln bekannt gegeben werden. Bis dahin nutzt man die Zeit für Langzeitprojekte und die allgemeine Vereinsarbeit. Auf jeden Fall ist der RCA nächstes Jahr wieder dabei!

sg: Sucht ihr noch Mitstreiter und wenn ja, wer kann sich bei euch melden?

JB: Neue Teammitglieder sind bei uns immer herzlich Willkommen. Wir sind ständig auf der Suche nach interessierten Studenten. Studienrichtung und Studienfortschritt spielen dabei keine Rolle. Auch Studenten mit nicht-technischen Hintergrund, können sich bei uns engagieren, da es eigentlich immer organisatorische Aufgaben rund um den Roboter und den Verein zu erledigen gibt. Herzlich eingeladen ist jeder, der bereit ist sich zu engagieren. Die einfachste Möglichkeit mit uns in Kontakt zu treten, ist unsere Website: www.roboterclub.rwth-aachen.de.

Beitrag von Bert Brückmann, Filmproduktion: Wolf Brückmann
Bildquellen in Reihenfolge: SDOS, SDOS, EUROBOT, B. Brückmann, RCA

Links zum Thema

  • Offizielle Website des EUROBOT
  • Website des EUROBOT World Cup 2008 mit allen Platzierungen
  • Spielregeln und Bedingungen des EUROBOT World Cup 2008
  • Roboterclub Aachen e.V.
  • Video zum Roboter der französischen Mannschaft RCVA
  • Video zum Roboter des Teams TURAG (TU Dresden)

Zur Person

Bert Brückmann ist Redakteur dieses Magazins.

Kategorien

Themen: Robotik

Kommentare

Ich hätte da eine Frage.

Ich hätte da eine Frage. Kann man da auch als Schulprojekt teilnehmen?

Die Teilnehmer am Cup sind

Die Teilnehmer am Cup sind doch schon sehr spezialisiert und haben in der Regel eine wissenschaftliche Ausbildung. Der notwendige Aufwand für einen wettbewerbstauglichen Roboter ist erheblich. Ich bin daher eher skeptisch ob man das in einem Schulprojekt leisten kann, wenn man nicht über sehr gute Ausgangsbedingungen verfügt. Vielleicht solltest du dich einfach an den Roboterclub Aachen wenden (Link am Ende des Beitrags). Die können dir bei der Frage sicher helfen.

Zu den rein formalen Anforderungen für eine Teilnahme findest du die notwendigen Informationen auf der EUROBOT-Website.

Na klar!

Also ich hab vor 2 Jahren als Schüler im Eurobot Team Münster mitgearbeitet und es geht aufjedenfall! Wir waren damals hauptsächlich Schüler der Klassen 11 und 12.

Man muss natürlich schon von vorne herein Abstriche im Konzept machen und die komplette Strategie ziemlich einfach halten.
Aber auch ein einfacher Roboter kann sehr sehr weit kommen (bei gutem Konzept sicherlich unter den ersten 10 Rängen auf internationaler Ebene).

Lasst euch nicht von den hochkomplexen Robotern abschrecken, die bis zum Wettbewerb eh nicht funktionieren ;)

Gruß Philipp (vom Roboterclub Aachen)

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