Klimawandel: Verlierer und Gewinner im Meer

WalDer Klimawandel soll für die weltweite Erwärmung der Meere verantwortlich sein. Doch bringt er nicht nur Verlierer hervor. Manchen Tierarten eröffnen sich ganz neue Chancen.

An den Polkappen schmelzen die Gletscher immer schneller. Dadurch schwindet der Lebensraum vieler Tiere. Erinnern Sie sich noch an das Foto des Eisbären, das in vielen Zeitungen und Magazinen zur Verdeutlichung an die drastischen Folgen des Klimawandels abgebildet war? Das Tier stand einsam auf einer Eisscholle, die langsam abdriftete.
Doch das ist nur die eine Seite der weltweiten Klimaerwärmung. Auch unterhalb der Wasseroberfläche tut sich etwas: Die Krillbiomasse, jene kleinen Kleinkrebse, von denen sich viele Meeressäuger ernähren, nimmt immer mehr ab. Gerade daran zeigt sich, dass der Klimawandel das Leben im Meer nachhaltig beeinträchtigt. Die Kleinkrebse sind seit den 80er-Jahren um 50 Prozent zurückgegangen. Die Tiere benötigen eine konstante Meerestemperatur zum Überleben. Wenn sich nun das Wasser erwärmt, verringert sich der Sauerstoffgehalt im Wasser und die Tiere sterben.

Krill
Krill kann sich nur schlecht an veränderte Klimabedingungen anpassen

„Dennoch ist die Annahme, dass der Klimawandel der Urauslöser des Krillrückgangs ist, reine Spekulation“, so der Ökologe und Experte für Krill Dr. Volker Siegel, der am Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (vTI) in Hamburg arbeitet. Es gibt keine aussagekräftigen Studien, die belegen, dass der Klimawandel definitiv dafür verantwortlich ist.
Intensive Forschungen in diesem Bereich wären angebracht, da Krill die Nahrungsgrundlage zahlreicher Fischschwärme und Wale darstellt. Es ist bereits bekannt, dass Krill auf das arktische Eis angewiesen ist. Nur mit Hilfe der Eisschollen sind die Larven der Kleinkrebse überlebensfähig. Die Algen, die an der Unterseite des Eises haften, dienen ihnen als Nahrungsgrundlage. Schon heute sind die Polkappen, insbesondere am Südpol, stark zurück gegangen. Dadurch sterben die Larven und die Krillpopulation reduziert sich weiter.

Der Stärkere gewinnt

Wal
Wale benötigen Krill zum Überleben

Bis in die 70er-Jahre waren die Krustentiere noch reichlich vorhanden, so dass viele Räuber im Überfluss leben konnten. Dieses Überangebot hatte zur Folge, dass für viele maritime Lebewesen eine Jagd auf andere Beute nicht notwendig war.
Ein Beispiel sind die Pinguine. Sie konnten sich an die veränderten Klimabedingungen anpassen und weichen heute zusätzlich auf andere Beutetiere, etwa Flohkrebse, aus, die wie Krill zu den Planktonorganismen zählen.
„Auf viele Pinguin-Arten und Robben hat die Klimaerwärmung keinen Einfluss“, sagt Dr. Siegel. Andere Tiere wiederum sind sehr stark von den Kleinkrebsen abhängig. Zügelpinguine zum Beispiel leben zu 99 Prozent von Krill und sind evolutionsbedingt auch nicht in der Lage auf andere Nahrungsquellen auszuweichen. Flohkrebse dienen zwar auch der Versorgung von Pinguinen, jedoch weisen diese Organsimen zu wenige Proteine auf, so dass sie nicht als Energielieferant ausreichen.

Gegenwärtige maritime Ökosysteme werden verdrängt

Pinguine
Pinguine können sich zum Teil an das sich verändernde Klima anpassen

„Das bisherige maritime Ökosystem wird durch ein anderes ersetzt“, erklärt der Wissenschaftler Dr. Siegel verweist auf sogenannte Ruderfußkrebe, die keine bestimmte Wassertemperatur benötigen. Die Evolutionsgeschichte hat bewiesen, dass unser Ökosystem sich an veränderte Umweltbedingungen anpassen kann. Der von Dr. Siegel genannte Ruderfußkrebs könnte sich im Laufe der Zeit gegen das Plankton durchsetzen, wenn die Temperatur weiter ansteigt. Dr. Thomas Lang, Direktor des Instituts für Fischereiökologie (FOE) in Hamburg, unterstützt die Aussage seines Kollegen. Lang ist Fachmann für die biologische Wirkung von Stoffkreisläufen in maritimen Systemen und überwacht die Meeresumwelt und die Aquakultur von Gewässern. Seiner Meinung nach „handelt es sich um eine der ständig stattfindenden Adaptionen der Organismen an eine sich verändernde Umwelt.“

Obwohl sich am Beispiel der Kleinkrebse zeigt, dass der Klimawandel sehr wohl Einfluss auf das maritime Leben hat, kann man nicht sagen, dass er zur Bedrohung wird. Die Aussage von Dr. Thomas Lang verdeutlicht die Ansicht, dass sich die Meeresumwelt im Laufe der Zeit an die sich veränderten Umweltbedingungen anpassen wird. Falls Krill in den nächsten Jahrzehnten ausstirbt, wird sich ein anderer Organismus durchsetzen. Die Ruderfußkrebse könnten einer davon sein. Dadurch wird eventuell auch die Population der arktischen Pinguine zurückgehen, allerdings sind sie deswegen noch lange nicht zum Tode verurteilt.

Beitrag von Nadia Wattad und Simone Schröter
Bildquellen in Reihenfolge: Flickr/Michael Daves, Flickr/Øystein Paulsen, Flickr/cdent, Eva Heidenfelder (2)

Links zum Thema

  • Johann Heinrich von Thünen-Institut (vtI) Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei
    Institut für Fischereiökologie

Zur Person

Nadia Wattad, 25, studiert Online-Journalismus an der Hochschule Darmstadt im 4. Semester.

Simone Schröter, 23, studiert Online-Journalismus an der Hochschule Darmstadt im 4. Semester.

Kategorien

Themen: Biologie | Klimawandel | Schwärme
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