Weichmacher, Pestizide und der schleichende Tod im Meer
Maritime Schwärme prägen das Leben im Meer. Fische, Wale und Krebse tummeln sich in unseren Gewässern. Sie leben hier in Sympiose. Wer den Kreislauf gefährdet, könnte das empfindliche Abhängigkeitsverhältnis umkippen.
Umweltgifte schwappen ins Meer
Umweltgifte wie Nonylphenole gefährden das biologische Gleichgewicht im Meer, indem sie immer häufiger die Gewässer unserer Erde verunreinigen. Nonylphenole sind chemische Substanzen, die hauptsächlich die Textilindustrie als Weichmacher nutzt und die Lederindustrie in Farben, Lacken und Pestiziden verwendet.
Trotz Umweltschutzmaßnahmen gelangen geringe Dosen dieses schädlichen Stoffes ins Meer. “Nonylphenole gehören zu den sogenannten POPs – das sind persistente, also langlebige organische Schadstoffe. Folglich reichern sie sich auch in der Umwelt an”, antwortet Herwig Schuster von Greenpeace-Österreich auf Anfragen der Nachrichtenagentur Pressetext, die neusten Forschungsergebnissen über das Umweltgift Nonylphenol nachgeht.
So hat das Forscherteam um den Biologen Ashley Ward von der University of Sydney im Jahr 2006 anhand eines Experiments herausgefunden, dass Nonylphenol das Verhalten von Meeresbewohnern nachhaltig beeinträchtigt. Ashley Ward und seine Kollegen haben weibliche Regenbogenforellen in einen 1300 Liter Tank ausgesetzt und mit Nonylphenol in Kontakt gebracht. Die Meeresbiologen berichten, dass die Fische ihre Schwarmgenossen danach nicht mehr erkannt haben. Das Umweltgift hat den charakteristischen Eigengeruch der Tiere überdeckt.
Der Geruchssinn der Fische selber ist jedoch nicht beeinträchtigt, denn sie sind weiterhin in der Lage Nahrung zu finden. Wie das Gift den Eigengeruch der Fische übertüncht, ist noch unbekannt.
Fatale Auswirkung auf den Schwarm
Der offensichtlich veränderte Eigengeruch der Fische hat fatale Auswirkungen auf das Sozialverhalten, das Schwarmtiere zusammenhält. „Jeder einzelne Fisch entwickelt ein individuelles chemisches Profil”, so Ashley Ward von der University of Sydney. „Sie bevorzugen Partner, die ähnliche Gerüche aufweisen.” Die Forscher glauben, dass jeder Fisch eine eigene Duftmarke trägt, die ihn zu seinem individuell passenden Partner oder Schwarm führt. Über den gleichen Weg übertragen Fische chemische Signale, die etwas über ihren sozialen Status, den Reproduktionsstatus und das genetische Eigenprofil verraten.
Vermutlich führt das Gift schließlich dazu, dass sich die Fische weder im Schwarm zusammen finden, noch sich vermehren und sich auch nicht gegen Fressfeinde verteidigen können. Fest steht, dass der einzelne Fisch ohne seinen Schwarm nicht überlebensfähig ist. Der Schwarm stirbt folglich aus.
Eine fatale Entwicklung, denn ein kurzfristiges Sterben von ganzen Schwärmen ohne Reproduktion könnte zu Nahrungsengpässen für andere Meeresbewohner und auch für uns Menschen führen.
Schlimmstenfalls leben daher bald deutlich weniger Fische im Meer, die zudem auch noch der Überfischung durch den Menschen ausgesetzt sind. Will sich der Mensch eine wichtige Nahrungsquelle erhalten, sollte er aufhören, weiter Chemie ins Meer zu kippen.
Links zum Thema
- Meerblog
- Institut für Fischereiökologie
- Ashley Ward, University of Sydney
- Nonylphenol-Studie von Ashley Ward (PDF)
- Nachrichtenagentur Pressetext
Zur Person
Nadia Wattad, 25, studiert Online-Journalismus an der Hochschule Darmstadt im 4. Semester.
Simone Schröter, 23, studiert Online-Journalismus an der Hochschule Darmstadt im 4. Semester.