Verändert sich unser Wetter tatsächlich?
Auswertungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zufolge hat sich die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland seit 1901 um ein Grad Celsius erhöht. Das haben flächendeckende Temperaturmessungen ergeben. Wie aber macht sich dieser durchschnittliche Temperaturanstieg bisher bemerkbar? Aufschlussreich für gefühlte Temperaturen sind nicht Durchschnittswerte, sondern besondere Wetterereignisse wie Hitze und Dürre. Nach Angaben des DWD fielen sechs von zehn der wärmsten Jahre seit 1890 in die vergangene Dekade. Dass auch die Anzahl von so genannten Sommer- und heißen Tagen gestiegen ist und sich ein Trend hin zu milderen Wintern abzeichnet, könnte diese Statistik erklären.
Auswirkungen auf deutsche Urlaubsziele
Zunahme von Sommer-und heißen Tagen
Sommertage habe ein Temperaturmaximum von mindestens 25 Grad Celsius und heiße Tage von mindestens 30 Grad Celsius.
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Professor Dr. Andreas Matzarakis vom Meteorologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg untersucht im Rahmen des Forschungsprojekts KUNTIKUM (Klimatrends und nachhaltige Tourismusentwicklung in Küsten- und Mittelgebirgsregionen) wie Veränderungen des Wetters den Tourismus in den Regionen Nordsee und Schwarzwald beeinflussen könnten. Er gibt einen Überblick: „Klimatisch gesehen wird es eine Zunahme des Hitzestresses, der Schwüle in den unteren Höhenlagen des Schwarzwaldes geben und eine Abnahme des Kältestresses im Winter, sowie des Schnees und somit eine Beeinträchtigung des Wintertourismus. Bei den anderen Klimafaktoren sind bis 2050 keine oder kleine Änderungen in den Trends zu erkennen.“ Für die Nordsee ergebe sich 2050 eine Abnahme des Kältestresses und eine Zunahme der Schwüle. Eine Zunahme des Hitzestresses sei hier aber nicht zu erkennen. Außerdem erhöhe sich der Meeresspiegel schätzungsweise um bis zu 30 Zentimeter in 30 bis 40 Jahren. Ursachen hierfür sind, bedingt durch den Temperaturanstieg, schmelzende Gletscher aber auch die thermische Ausdehnung des erwärmten Wassers. Risiken wie Sturmfluten und Überflutungen nehmen zu und könnten den Verlust der Touristenattraktion Wattenmeer bedeuten. Zudem könnte eine Erhöhung der Wassertemperatur dazu führen, dass sich vermehrt Algen bilden – ein Problem für den Badetourismus.
Mehr Dürreperioden trotz stärkerer Niederschläge im Sommer
Hitze- und Kältestress
Bei wärmeren Temperaturen weiten sich die Blutgefäße im Körper, damit mehr Wärme über die Haut abgegeben werden kann.
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Neben der Temperatur können auch Veränderungen beim Niederschlag festgestellt werden. Nicht so sehr bei der Niederschlagsmenge, die im Jahresdurchschnitt in Deutschland nur leicht zugenommen hat. „Vielmehr hat sich die Struktur des Niederschlags geändert“ so Gerhard Lux, Pressesprecher und Meteorologe des DWD in Offenbach. Das heißt, es gibt eine Verschiebung von mehr Niederschlägen im Sommer hin zu mehr Niederschlägen in den Wintermonaten. Allerdings gilt das nicht für alle Regionen Deutschlands gleichermaßen. Zudem ist aufgrund der milderen Temperaturen mit weniger Schnee und dafür mehr Regen im Winter zu rechnen. Obgleich wir es im Sommer mit mehr Hitze und Trockenperioden zu tun haben, ist zu der warmen Jahreszeit die Zahl der Starkniederschläge gestiegen. Gerade nach längerer Hitze ist es nicht ungewöhnlich, dass es plötzlich zu heftigen Regenschauern kommt. Die Erklärung: Wenn sich die Lufttemperatur erhöht, verdunstet mehr Wasser aus den Meeren, Flüssen, Seen und der Erdoberfläche. Je wärmer es also ist, desto mehr Feuchtigkeit kann die Luft aufnehmen und transportieren. Wenn das Wasserdampfgas dann zu Wassertröpfchen kondensiert und sich Wolken bilden, kommt es entsprechend zu heftigen Regenschauern über dem Land. Gerade für die Landwirtschaft sind so starke Schauer nach längeren Trockenperioden ein Problem. Denn die Wassermengen, die auf einen Schlag auf die Böden herabregnen, können mit ihrer Wucht empfindliche Anbaukulturen schädigen. Andere verfaulen aufgrund des Wasserüberschusses. Förderlich für die Erträge der Landwirtschaft sind daher gleichmäßig verteilte Niederschläge, die jetzt im Sommer öfter mal ausbleiben können.
Es ist nicht leicht, Aussagen über die Entwicklung des Klimas zu machen. Der DWD nutzt dazu verschiedene Klimamodelle und berücksichtigt dabei unterschiedliche Szenarien. Denn ein wichtiger Parameter, die Kohlendioxid-Emission, kann nicht genau vorher gesagt werden, da nicht klar ist, wie gut es gelingt die Emission zu reduzieren. So prognostizieren Forscher anhand der Modelle bestenfalls eine Erwärmung um zwei Grad, schlimmstenfalls um bis zu 6 Grad bis 2100. Doch rückblickend können Klimaexperten mit Hilfe der Daten der letzten Dekaden deutlich nachvollziehen, dass sich das Wetter in Deutschland verändert.
Links zum Thema
- Website von Prof. Dr. Andreas Matzarakis vom Meteorologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Zur Person
Sibel Yildiz ist Wissenschaftsjournalismus-Studentin an der Hochschule Darmstadt.