Dezember 2003

Wenn Wissen mit den Händen greifbar wird

*Apple war damit vor zehn Jahren gescheitert, doch im Zeitalter von Handy und Internet wurde die Idee zum Erfolg: Handheld-Computer, die Wissen überall und jederzeit verfügbar machen – zum Beispiel in der Medizin.

Instant Messaging
ermöglicht es, in Echtzeit per Internet zu „chatten“ oder kurze Nachrichten an andere Teilnehmer zu versenden. Aus so genannten Buddy-Listen wird ersichtlich, welche „Buddies“ jeweils ebenfalls am Instant Messaging teilnehmen und eingeloggt sind. Verschiedene Dienste sind oft inkompatibel, nicht zuletzt da die einflussreichen kommerziellen Anbieter (beispielsweise AOL) ihre Messaging-Dienste US-patentiert haben.

Als vor rund zehn Jahren die Firma Apple ankündigte, die Computerwelt mit einem kompakten Mini-Computer namens „Newton” zu revolutionieren, waren die Erwartungen hoch. Das neue Gerät sollte so intuitiv wie ein Notizblock zu bedienen sein, Befehle und Texte sollten über eine Art Touch-Screen eingegeben werden können. Kaum auf dem Markt, war die Enttäuschung groß: Die Schrifterkennung war nicht ausgereift, die Bedienbarkeit mangelhaft, das Softwareangebot mager. Der kommerzielle Misserfolg bedeutete das schnelle Ende der „Newton”-Ära. Zur versprochenen „kopernikanischen Wende” in der Computerwelt kam es aber dennoch, wenn auch von unerwarteter Seite, nämlich durch das World Wide Web. Mit dem Wachstum des Netzes wurden mit einem Schlag Informationen global verfügbar und Kommunikationsformen wie Email und Instant Messaging populär.

Und auch die Idee der kompakten Hand-Computer (engl. handhelds) erlebte eine Renaissance: Zunächst durch Firmen wie Palm und Handspring (mit dem Betriebssystem Palm-OS), später auch durch Pocket-PCs auf Microsoft-Basis. Kein Wunder: Denn mit dem Internet ist auch die Nachfrage nach mobiler Datenorganisation gewachsen – jeder bessere Handheld-PDA (personal digital assistant) kann heutzutage Emails verarbeiten und, sofern er über Mobiltelefon- oder andere kabellose Netzwerkfunktionen verfügt, diese auch direkt verschicken. Aktuelle Handheld-PDAs sind längst über das bloße Assistenten-Dasein hinausgewachsen und ersetzen vielfach klassische Funktionen der stationären Desktop-PCs. Der größte Wachstumsmarkt zur Zeit sind denn auch integrierte PDA/Mobiltelefon-Kombinationen, während die Verkaufszahlen „klassischer” Handheld-PDAs auf hohem Niveau stagnieren.

Content Revolution
Bisweilen gebrauchter Begriff, um die nach dem Zusammenbruch des Internet-Booms in den Jahren 2000/2001 vollzogene Hinwendung weg von kostenlosen werbefinanzierten Informations- und Vermittlerdiensten hin zu abonnement- oder pay-per-view-basierten inhaltlichen Dienstleistungen zu charakterisieren.

Dabei sind es weder gadget-verliebte Teenager noch allein Geschäftsleute, die den Trend zum mobilen Handheld-Computing setzen. Vor allem unter Studenten, Juristen und Ärzten finden PDAs immer stärkere Verbreitung – und das nicht nur wegen der klassischen Organizerfunktionen (Terminkalender, Adressenliste, Notizfunktionen), auch wenn diese in Berufs- und Tätigkeitsfeldern mit hoher Eigenverantwortung natürlich von besonderem Interesse sind. Vor allem in den Wachstumsbranchen der „Wissensgesellschaft” gesellen sich mittlerweile zu den nützlichen Alltagstools nicht minder nützliche, dafür jedoch weit umfangreichere Anwendungen, die aktuelles Wissen verfügbar machen und systematisch erschließen.

Beispiel Medizin: Programme wie das auf den amerikanischen Markt abgestimmte Programm „ePocrates Rx” stellen konzise und klinisch relevante Informationen zu Hunderten Infektionskrankheiten und den darauf abgestimmten medizinischen Wirkstoffen zur Verfügung. Die Verlässlichkeit der medizinischen Diagnose und die Treffsicherheit der therapeutischen Gegenmaßnahmen können damit am Krankenbett verbessert und überprüft werden, da ausgefeilte Suchmechanismen eine doppelte Kontrolle der Diagnose ermöglichen.

www.mediheld.deIn Deutschland sind auf dem Markt für medizinisch-wissenschaftliche Handheld-Software verschiedene Akteure vertreten. Neben den großen Spezial- und Fachverlagen, die auch heute noch vorwiegend auf Multimedia-Umsetzungen ihrer Lehrbücher setzen, hat sich eine kleine Gruppe innovativer Initiativen und Startup-Unternehmen etabliert. Zu letzteren zählt die Berliner Softwareschmiede mediheld, die von einem Team junger Ärzte und Wissenschaftler geleitet wird und die seit drei Jahren umfangreiche Medizin-Kompendien auf Handheld-Basis entwickelt. Ziel der in Eigenregie recherchierten und in Kooperation mit bekannten Branchennamen (wie etwa der medizinischen Verlagsbuchhandlungskette JF Lehmanns) vertriebenen Programme ist es, zentrale Wissensbereiche der Medizin zu erfassen und so zu erschließen, dass sie intuitiv und praxisnah genutzt werden können. Für die Bereiche Innere Medizin und Klinische Chemie liegen bereits fertige Kompendien vor, die ständig erweitert und überarbeitet werden. Die Einarbeitung neuester wissenschaftlicher Resultate anhand der führenden internationalen Fachzeitschriften ist wichtiger Teil des mediheld-Geschäftsmodells. Durch fortlaufende Verfügbarmachung von Updates wird so der aktuelle Forschungsstand direkt an den Nutzer weitergereicht.

Im Internet-Bereich hat, seit dem Zusammenbruch der Spekulationsblase rund um „eCommerce” und „New Economy”, eine Rückbesinnung auf inhaltliche Kompetenz als Grundlage für erfolgreiche Geschäftsmodelle stattgefunden. Diese Rückbesinnung, die oft unter dem Label „Content Revolution” daherkommt, mutet jedoch nur dann revolutionär an, wenn man sie mit den halbseidenen Kettenbrief-Geschäftsmodellen in der Hochphase des Internet-Booms vergleicht. Es scheint, als bliebe dem Bereich des Handheld-Computing die Erfahrung einer spekulativen Seifenblase erspart. Für den Anwender kann dies nur von Nutzen sein: Ein Markt, in dem keine schnelle Mark zu machen ist, ist nur attraktiv für Akteure mit langem Atem und, so darf man hoffen, Sinn für Qualität. Kaum Spreu, fast nur Weizen – es scheint, als hätte sich die “Newton”sche Prophezeiung mit einiger Verspätung doch noch erfüllt.

Beitrag von Axel Gelfert

Links zum Thema

  • Projekthomepage der Firma mediheld
  • Amerikanische Handheld-Medizinsoftware ePocrates

Zur Person

Axel Gelfert, geb. 1975 in Berlin, studierte Physik in Berlin (Humboldt-Universität) und Oxford und promoviert zur Zeit an der University of Cambridge. Seit der Gründungsphase ist er Mitglied im mediheld-Team, zunächst beratend, später auch als Mitgesellschafter.

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