Die Systemtheorie, deren Ursprünge auf den englischen Philosophen und Soziologen Herbert Spencer (1820-1903) zurückgehen und die in Deutschland vor allem durch Niklas Luhmann (1927-1998) bekannt geworden ist, geht davon aus, dass es in modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften keine Spitze und kein Zentrum mehr gibt. Stattdessen stehen sich diverse Systeme und Subsysteme gegenüber, die sich gegenseitig beeinflussen – meist aber nicht so, wie ursprünglich beabsichtigt. Denn jedes System funktioniert nach einer anderen Eigenlogik. Die Wirtschaft zum Beispiel nach dem Code Gewinn/Verlust, der Politik geht es um Macht und der Wissenschaft um Wahr oder Falsch. Je mehr Systeme und Untersysteme sich in einer Gesellschaft ausdifferenzieren, desto moderner und leistungsfähiger ist sie, zumindest bis zu einem bestimmten Punkt. Denn neue Systeme bilden sich in der Regel als Lösungen für bestimmte Probleme aus, während alte sich in ihrer Struktur anpassen. Eine solche Problemlösung ist beispielsweise die Arbeitsteilung, aber auch die sinkende Reproduktionsrate. Sie ist eine mögliche Antwort auf Überbevölkerung. Dass immer mehr Menschen älter werden, führt beispielsweise zu einer Ausdifferenzierung im Gesundheitssystem: neue Berufsgruppen und Pflegedienstleistungen entstehen, Wellnesskliniken erweitern ihr Angebot etc.