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"Hypotheses multiply so as to fill the gaps in factual knowledge concerning biological phenomena."

James D. Regan,  , 

Meinung  Juni 2001

Sollte man Geister wiederbeleben?

Professoren sollen nicht in Rente gehen, sondern an der Uni sterben. Das zumindest meinten zwei renommierte Vertreter dieser Zunft in der Süddeutschen Zeitung. Eine Erwiderung.

In der Zauberwelt Harry Potters gibt es einen langweiligen Professor, der als Geist unterrichtet, weil er nicht gemerkt hat, dass er bereits tot ist. Die beiden Professoren Nico Stehr und Herrmann Strasser möchten die emeritierten großen Geister der Wissenschaft für die deutschen Universitäten wiederbeleben, auch wenn diese schon ins Schattenreich der Arbeitswelt gewechselt sind (SZ vom 8. Mai 2001, S.V2/20). Die Ideen der beiden Hochschullehrer mittleren Jahrgangs, die sich scheinbar nach ihren alten Lehrern sehnen, sind nur auf den ersten Blick plausibel. Nachdem gesellschaftlich in allen unwichtigen, unterbezahlten Bereichen der Jugendkult etabliert ist, wendet man in den prestigeträchtigen Abteilungen nun den Blick auf die Rentner.

Natürlich sehnen wir uns alle, die eine kalte Masseninstitution bevölkern, nach klassisch gebildeten Großvätern, die eine Aura von Weisheit tragen. Aber ist es sinnvoll, die Wissenschaftsfossile zu rehabilitieren? Ich denke nicht.

Stehr und Strasser verzerren dass Bild, wenn sie von "Berufsverbot" und "Zwangspensionierung" sprechen, als wäre die Rente - warum soll man es anders bezeichnen? - für Professoren das Ende jeder Aktivität. Jürgen Habermas und Niklas Luhmann, um nur zwei Wissenschaftler zu nennen, haben ihre Hauptwerke geschrieben, als sie von der Universität und ihren Verpflichtungen befreit waren. Sie werden nicht die einzigen sein. Es ist stark zu bezweifeln, dass Forscher sich an eine deutsche Universität zurückwünschen, nachdem das Alter sie davon befreit hat. Die Autoren setzten ganz naiv voraus, dass Universitäten die besten und einzigen Orte sind, um Forschung zu betreiben.

Aber auch die studentischen Belange werden von den Autoren übergangen. Kann man für die Lehre an den Hochschulen die alten Geister gebrauchen? Würde es Programm werden, die älteren Herren unbegrenzt lehren zu lassen, hätten wir jetzt vielleicht Karl Friedrich von Weizsäcker, Hans Mayer und Hans-Georg Gadamer in Universitätsbüros sitzen und Erstsemester betreuen. Aus der Perspektive der Uralten erscheinen die Jungen oft als ungebildet: Sie können meist nicht Griechisch und empfinden Latein als Last, sie hören elektronische Musik statt Klassik, sie lesen Leon de Winter statt Schiller, ihr Medium ist das Internet und nicht die Heidegger Gesamtausgabe. Aus der Perspektive von 20jährigen Studierenden sind Dozenten um die 80 nicht gerade spannend, außer aus nostalgischen Gründen. Der Graben zwischen den Erfahrungen und Prägungen ist irgendwann zu groß, hier steht dann der großväterliche Rat anstelle der Wissensvermittlung.

Ist das erstrebenswert? Sollten die Weisen nicht lieber ihre Memoirenbände verfassen oder, wenn ihre Produktivität nicht versiegt, auch fruchtbare Beiträge zur Wissenschaft? Norbert Elias hat das vorgemacht. Für die "jungen" Professoren, die mit 50 ihr Amt erreichen (zu spät!), dürfte die Vorstellung, dass ihre Doktorväter nie von der Bildfläche verschwinden, ein Alptraum sein. In Gremien würden die alten Hasen die Strippen ziehen und das Machtgeflecht, welches dadurch entstehen könnte, würde schlimmstenfalls auf die ab 50jährigen Professoren so wirken, wie diese nicht selten auf junge Assistenten, nämlich demotivierend. Die alten Nobelpreisträger müssen abtreten, damit es irgendwann neue gibt.

Für die emeritierten Stars eine Lobby zu bilden, ist daher wohl überflüssig. Auf jedem Kongress sind sie zu sehen und sie sind dort wichtig; sie publizieren, regen an, diskutieren, verströmen Weisheit. Dass sie aufhören, wenn die Uni sie in Rente schickt ist ein Mythos: Sie werden meist wesentlich produktiver. Sie brauchen jedoch keine Büros in Universitäten, in denen sich viele Doktoranden einen Schreibtisch teilen müssen, weil nicht genügend Platz ist. Die Möglichkeiten zu intensiver, unabhängiger Mitgestaltung der Universitäten sollte man den jüngeren gewähren, die auf die älteren folgen. Für die Universitäten und die nachkommenden Wissenschaftler ist es wichtig, mehr Professoren unter 50 zu haben, nicht zusätzliche über 80 Jahren.

Beitrag von Frank Berzbach

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