Von Pseudepigraphie spricht man, wenn ein Text fälschlicherweise einem bekannten Verfasser zugeschrieben wird. Diese stilistische Form ist in der Antike häufig anzutreffen, beispielsweise bei klassischen griechischen Autoren. Das Phänomen erklärt sich aus dem Bestreben, die eigenen Gedanken mithilfe einer Autoritätsperson zu tradieren. Einerseits kann der Wunsch im Vordergrund stehen, dem eigenen Text eine höhere Autorität zu verleihen, andererseits zeugt dieses Vorgehen von Bescheidenheit: das Schriftstück wird der fremden Inspirationsquelle zugeschrieben. Im Kontext der neutestamentlichen Schriften ist die Pseudepigraphie der Versuch, die apostolische Autorität über die faktische Verfasserschaft hinaus zu verbürgen. Insofern kann nicht im moralischen Sinne von einer Fälschung gesprochen werden.